Wovon der Mensch träumt, das könnenEnten: tauchen, schwimmen, fliegen und an Land herummarschieren. Sie sind in allem versiert. Ob auf dem Friedhofsweiher, im Dorfbach oder an der Schiffsanlegestelle eines Sees, Stockenten sind meist zugegen. Dieser Kulturfolger ist die am weitesten verbreitete Gründelente der Welt. Da Stockenten sehr anpassungsfähig sind, brüten sie von Sibirien bis in die Subtropen auf der gesamten Nordhalbkugel. Oft suchen sie kopfüber im Wasser oder auf dem Grund nach Nahrung. Das hat ihnen die Bezeichnung Gründelenten eingebracht. Zu dieser zoologischen Rangstufe werden die meisten Enten gezählt.

Eine exotisch anmutende Art, die jetzt im Winter vermehrt auf Schweizer Seen beobachtet werden kann, ist die Kolbenente. Kolbenenten leben zwar das ganze Jahr über auf Schweizer Seen und brüten auch hier. Im Winter aber fliegen viele aus nördlichen und östlichen Teilen Europas ein. Vermutlich deshalb, weil Überwinterungsgebiete in Spanien ausgetrocknet und die Nahrungsgründe in der Schweiz besser geworden sind. Auf dem Bodensee etwa überwintern mehrere Tausend Kolbenenten. Auch auf dem Neuenburger- und Vierwaldstättersee verbringen hohe Bestände den Winter. Die Art gehört zu den Tauchenten und hat es auf die Armleuchteralgen abgesehen.

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Während sich die Erpel von Kolbenenten mit leuchtend rostorange befiedertem Kopf und schwarzer Brust auszeichnen, punkten Tafelerpel mit adrett rotbraunem Kopf. Ihre Brust ist ebenso schwarz. Auch Tafelenten sind jetzt gruppenweise als Wintergäste auf dem Boden-, Neuenburger- und Genfersee zu beobachten. Die meisten fliegen im Sommer zum Brüten bis nach Sibirien, manche Brutpaare bleiben aber auch in der Schweiz. Teilweises Zugverhalten zeigt auch die hübsche Reiherente. Sie ist unverwechselbar mit ihrem Federschopf. Wenn auch manche Reiherentenpaare ganzjährig in der Schweiz leben, so ziehen doch die meisten von Nordeuropa und Russland bis nach Afrika und Indien. Etwa zehn Prozent des europäischen Bestands überwintert in der Schweiz. Dass es eher mehr werden, ist wohl der Ausbreitung der Wandermuschel zuzuschreiben, von der sich Reiherenten ernähren.

Ausbünde an Eleganz und Anmut sind die Erpel der Spiessenten. Der Name bezieht sich auf die langen Schwanzfedern, ähnlich einem Spiess. Beim Balzen richten die Erpel Schwanz und Kopf in die Höhe. Die Enten sind, wie alle Entenweibchen, schlicht befiedert. Sie wollen schliesslich bei der Brut nicht auffallen. Von der linken Hafenmauer des Broyekanals aus, der in den Neuenburgersee mündet, können regelmässig im Winter und zeitigen Frühling linkerhand Spiessenten im seichten Wasser und Schlick beobachtet werden. Die Wintergäste und Durchzügler finden dort in den Flachwasserzonen ihre Nahrung.

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Schweiz trägt grosse Verantwortung

Der Weg führt über die Mauerkrone bis weit in den See. Wind peitscht das Wasser auf, sodass sich weisse Krönchen bilden. Das Gesicht fühlt sich an, als würden Tausende von Nadeln darauf einstechen. Ein Blick durch den Feldstecher offenbart, dass weit draussen im See Pfeifenten schwimmen. Manche halten wohl auf dem Zug eine Rast, andere überwintern auf den grossen Seen im Alpenland. Gerade im Gewässer vor dem Fanel, dem Naturschutzgebiet rechts der Einmündung des Broyekanals in den Neuenburgersee, sammelt sich diese scheue Ente regelmässig. Zum Glück sind die Erpel markant gefärbt. Sie stechen als Erstes ins Auge mit dem rostroten Kopf und dem filigran schwarz-weiss gewellten Federkleid. Die kurzen Schnäbel weisen darauf hin, dass Pfeifenten an Land Gräser und Kräuter zupfen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Neuenburgersees, am Jurasüdfuss beim Hafen von Auvernier (NE), zwischen Inseln mit Pappeln schwimmen im April bräunliche Erpel, die durch ihre akkurat geschuppte Brust auffallen. Schnatterenten brüten sogar in der Schweiz, sind aber meist regelmässige Durchzügler und Wintergäste. Auf den ersten Blick scheinen die Knäkenten ähnlich wie die Schnatterenten, doch sie unterscheiden sich deutlich durch den weissen, breiten Streifen, der sich über die Augen bis zum Hinterkopf zieht. Der seltene Brutvogel zieht regelmässig durch die Schweiz und rastet auf überschwemmten Wiesen. Knäkenten fliegen zum Überwintern bis in die Sahelzone und tauchen hier Anfang März paarweise oder in Kleingruppen auf.

Ebenfalls im zeitigen Frühjahr können Durchzügler der Löffelenten beobachtet werden, etwa im Fanel oder aber auch an unerwarteten Orten wie auf den kleinen Teichen im Rhonetal kurz vor der Einmündung der Rhone in den Genfersee. Der Name deutet auf den löffelartigen Schnabel dieses auch farblich auffälligen Kurz- und Langstreckenziehers hin, der im Mittelmeerraum, in Westafrika sowie am Schwarzen und Kaspischen Meer überwintert. Mit dem Schnabel wird Nahrung an der Wasseroberfläche oder im Flachwasser abgefiltert.

Der Winter ist perfekt, um die kleinste Gründelente Europas zu beobachten. Die Krickente hält sich nicht nur im Fanel, sondern auch am Aarelauf auf, beispielsweise in Bern entlang der Engehalbinsel. Dort rastet sie auf Kiesbänken und sucht zwischen Steinen nach Wirbellosen oder Samen. Weitere sehr seltene Entenarten, die in der Schweiz beobachtet werden können, sind die höhlenbrütenden Schellenten, Bergenten und Moorenten. Immer wieder kommt es vor, dass Eisenten aus Nordrussland und Skandinavien und Eiderenten aus dem Nord- und Ostseeraum auf den grossen Schweizer Seen überwintern.

Überhaupt ist der Winter ideal, um Enten zu beobachten, denn die schön gefärbten Erpel verlieren im Sommer während der Mauser ihr Prachtkleid. Sie sind dann den Weibchen ähnlich. Im Sommer verhalten sich viele Enten heimlich. Während sie mausern, also das Federkleid erneuern, sind manche, wie etwa die Stockente, während einigen Wochen nicht mehr flugfähig. Sie verstecken sich dann vermehrt im Schilf. Im Sommer sollten Enten darum in Ruhe im Schilf brüten können, ohne dass sie durch Boote, Hunde, Badende und Stand-up-Paddler aufgeschreckt werden.

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Die Schweiz ist wichtiges Überwinterungsgebiet für viele Entenarten und trägt darum eine hohe Verantwortung. Feucht- und Schutzgebiete an Seen sind ausschlaggebend für das Überleben der Entenarten Europas. Jeder Winter hält Überraschungen am Seeufer bereit. Zeit, um mit dem Fernglas von Hafen- und Kanalmauern auf das Wasser zu spähen. Ob das nicht Eiderenten sind, die sich da bei Villeneuve am Genfersee im aufgepeitschten Wasser weit draussen tummeln?