Heimische Reptilien
Dinosaurier im Miniformat: Eidechsenarten der Schweiz
Die vier in der Schweiz heimischen Eidechsenarten führen ein heimliches Leben und sind wahre Nützlinge. Sie verspeisen nicht nur viele bei Gärtnern unbeliebte Krabbeltiere, sondern dienen anderen Tieren als Nahrung.
Meist lässt nur ein Rascheln im Laub die Anwesenheit der Echse verraten. Wer Glück hat, sieht noch einen langen, schuppigen Schwanz in den Blättern oder der Mauerritze verschwinden. Eidechsen gehören zum sommerlichen Tessin-Urlaub einfach dazu. Die scheuen Reptilien besiedeln allerdings nicht nur den Süden der Schweiz, sondern fühlen sich auch nördlich der Alpen wohl.
Die häufigste in der Schweiz vorkommende Echse, die Mauereidechse, ist ein wahrer Kulturfolger und fühlt sich in der Nähe des Menschen wohl. Natürlicherweise liegt ihre Heimat südlich der Alpen. Da die Tiere bevorzugt entlang von Bahngleisen leben und zudem gerne für ein Sonnenbad auf Zugwaggons klettern, konnte sich die reisefreudige Art bequem per Zug auch nördlich der Alpen ausbreiten.
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Das wiederum bereitet der kräftigeren und plumperen Zauneidechse Schwierigkeiten. Während die agile Mauereidechse kaum Ansprüche an ihren Lebensraum stellt, leidet die nördlich der Alpen heimische Zauneidechse am Verlust und an der Fragmentierung ihrer Lebensräume. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich gegen die konkurrenzstärkere Mauereidechse nur schwer durchsetzen kann. Wie Andreas Meyer, Leiter Fachbereich Reptilien der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (Karch), gegenüber SRF berichtete, könne die Mauereidechse die Zauneidechse verdrängen. «In vielen Gebieten der Schweiz wird die Mauereidechse die dominierende Eidechsenart werden, die Zauneidechse hingegen immer seltener.»
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Mit offenen Augen durch die Natur
Auch die Bestände der Westlichen Smaragdeidechse, der grössten und buntesten der in der Schweiz vorkommenden Art, sind tendenziell abnehmend. Finden kann man die Echse mit etwas Glück im Tessin, in den Südtälern Graubündens sowie im Wallis, im Waadtländer Chablais und im Gebiet um den Genfersee. «Im Wallis und im Tessin ist die Art dank grosser Populationsreserven noch nicht bedroht», wie Karch informiert. «Dennoch werden viele ihrer Lebensräume durch Intensivlandwirtschaft verwüstet. Im Kanton Waadt ist die Smaragdeidechse am stärksten bedroht.»
Im Gegensatz zu der auffälligen Smaragdeidechse ist die Waldeidechse, die vierte in der Schweiz heimische Art, die unscheinbarste und am häufigsten übersehene Echse. Und das, obwohl sie verhältnismässig häufig ist. Das braun gefärbte, auch als Berg- oder Mooreidechse bezeichnete Reptil, ist im Jura und im Alpenraum weit verbreitet, lebt aber auch in geeigneten Lebensräumen im Mittelland.
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Wo sich Eidechsen in der Schweiz beobachten lassen, verrät die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz. «Im strukturarmen, intensiv genutzten Schweizer Mittelland sind Reptilien nur noch lokal und oft schwer zu finden. Eine Ausnahme bildet die Mauereidechse.» Diese findet sich häufiger in von Menschen geprägten Gebieten und auch in Städten. Zauneidechsen dagegen lassen sich vor allem in Naturschutzgebieten des Mittellandes beobachten, häufig auch an Böschungen und entlang von Bahnlinien, Wegen oder Fliessgewässern. An Waldrändern, auf Waldlichtungen und in Feuchtgebieten lohnt es sich, die Augen nach der Waldeidechse offenzuhalten. «Im Gegensatz zum Mittelland bietet vor allem die Südschweiz, namentlich das Wallis, das Tessin und die Bündner Südtäler, eher Möglichkeiten für eine erfreuliche Reptilienexkursion», schreibt Karch weiter. «Hier sind die potenziellen Lebensräume grossflächiger und die Tiere allgemein präsenter.» Wer allerdings nicht auf gut Glück losziehen möchte, kann sich anhand von Verbreitungskarten auf der Website der Koordinationsstelle vorgängig darüber informieren, welche Eidechsenarten in welchem Gebiet anzutreffen sind.
Das Eidechsen-Jahr
Das Leben einer Eidechse beginnt im Ei. Die heimischen Arten vergraben ihre Eier im Juni und Juli in leicht sandigen und warmen Bodensubstraten, die Sonne und die damit verbundene Wärme erledigen das Brutgeschäft. Allerdings gibt es unter den heimischen Eidechsen auch eine Art, die lebende Jungtiere gebärt. Nach einer Tragzeit von 90 Tagen bringt die Waldeidechse bis zu elf Jungtiere zur Welt. Lebendgebärende Reptilienarten leben meist in klimatisch kühlen Regionen, in denen die Eier nicht genug Wärme für eine optimale Entwicklung erhalten würden.
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Die Paarung, die der Eiablage vorausgeht, findet im Frühling statt. Um die Gunst der Weibchen zu erlangen, werden männliche Eidechsen kämpferisch. Ihre Auseinandersetzungen beginnen mit Ritualen wie einem Kopfnicken. Gibt keiner der Konkurrenten nach, arten die Kämpfe in Beissereien aus, bis ein Sieger hervorgeht. Auch bei der eigentlichen Paarung geht es bei den Eidechsen nicht sonderlich zärtlich zu und her. Mit einem Biss in die Seite oder die Schwanzwurzel fixiert das Männchen ein paarungsbereites Weibchen. Ab Ende September suchen die Tiere ihre Winterquartiere auf. Das können Mausgänge sein, aber auch Wurzeln, Spalten im Gestein, Totholzhaufen oder Mauerritzen. Die Hauptsache ist, dass die Verstecke frostfrei bleiben. Eidechsen gehören wie alle Reptilien zu den wechselwarmen Tieren. Ihre Körpertemperatur wird also von der Aussentemperatur beeinflusst und kann nicht selbst reguliert werden. Längere Frostperioden können für eine ungeschützte Echse folglich tödlich enden. In der Winterruhe ist der Stoffwechsel von Reptilien stark herabgesetzt. Somit verbrauchen die Eidechsen kaum Energie und können monatelang ohne Nahrung auskommen.
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Zuckender Schwanz
Eidechsen gelten als Nützlinge, denn sie ernähren sich von Insekten, Spinnen, Schnecken und Würmern. Die Reptilien wiederum sind Nahrungsgrundlage für viele weitere Tiere. Säugetiere, Vögel, räuberische Insekten, aber auch andere Reptilien machen Jagd auf die Echsen. Dabei sind vor allem junge und unerfahrene, aber auch alte und kranke Tiere gefährdet. Auch bei den Hauskatzen sind die Reptilien eine willkommene Beute und die Samtpfoten können zum lokalen Verschwinden von Eidechsenpopulationen beitragen.
Doch die Tiere wissen sich zu helfen und haben eine besondere Überlebensstrategie entwickelt. Die Autotomie ist die Fähigkeit, bei Gefahr den Schwanz abzuwerfen. Ein Nachwachsen des Gliedmasses ist möglich, allerdings nicht ganz in der ursprünglichen Form. Auch Wirbel besitzt der neue Schwanz keine mehr, sondern wird durch knorpelartige Strukturen gestützt. Um Feinde abzulenken, zuckt der zurückgelassene Schwanz teilweise mehrere Minuten weiter und zieht somit die Aufmerksamkeit des Angreifers auf sich. Die Echse währenddessen macht sich heimlich aus dem Staub.
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Wie unterstütze ich Eidechsen im Garten?
Leben in der Umgebung bereits Eidechsen, kann man die Tiere mit einem eidechsenfreundlichen Garten unterstützen. Dieser beherbergt verschiedene Strukturen wie Asthaufen, Holzbeigen, Steinhaufen und Trockenmauern, in denen sich die Tiere verstecken können. Sandige Bereiche an südlicher Ausrichtung schaffen Möglichkeiten zur Eiablage. Muss der Rasen gemäht werden, sollte man dabei langsam vorgehen und immer von innen nach aussen mähen, sodass die Reptilien flüchten können. Teilbereiche der Wiese können stehengelassen werden, denn sie bieten Deckung. Hat man bereits Eidechsen im Garten, werden diese leicht zum Opfer von Katzen. Um die Reptilien so gut wie möglich zu schützen, lassen sich um beliebte Sonnenplätze dornige Äste legen, die die Besonnung allerdings nicht beeinträchtigen dürfen. Je mehr Strukturen und Verstecke angeboten werden, umso schwieriger wird es für den Stubentiger, die Eidechsen zu erwischen.
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