Bewegen sich Sportlerinnen und Naturliebhaber auf markierten Wegen, werden sie für Wildtiere berechenbar. Sie wissen genau, wo sich die Menschen aufhalten, und gewöhnen sich bis zu einem gewissen Grad an unsere Anwesenheit in ihrem Lebensraum. Aus diesem Grund lassen sich oftmals Wildtiere wie Steinböcke an hochfrequentierten Wanderwegen aus nächster Nähe betrachten, ganz ohne gestresst zu sein. Ziehen Biker, Spaziergänger, Pilzsammler und andere Naturnutzer jedoch abseits der Wanderwege und Biketrails umher, lässt sich die Gefahr für die Waldbewohner schlechter einschätzen. Unerwartete Ereignisse führen bei vielen Wildtieren zu Panik und Flucht. Fühlen sich Tiere in ihrem Lebensraum nicht sicher, reagieren sie mit einer zunehmend grösser werdenden Fluchtdistanz.

[IMG 2]

Ganz besonders im Winter kann dies fatale Folgen haben. Tiere wie Birkhuhn, Gämse oder Reh, die den Winter nicht im Winterschlaf verbringen, drosseln ihre Aktivität auf ein Minimum. Dadurch verbrennen sie weniger Energie in der nahrungsarmen Zeit.  Müssen sie unerwartet flüchten, kann das verheerende Auswirkungen haben. So verbraucht eine Gämse auf der Flucht rund siebenmal mehr Energie als im ruhigen Zustand, beim Rennen durch hohen Schnee steigert sich dieser Wert auf 15-mal. Gerade für junge und schwache Tiere können häufige Störungen den Tod bedeuten.

Verhaltensregeln in der NaturDie vom Bundesamt für Umwelt und dem Schweizer Alpen-Club lancierte Kampagne «Respektiere deine Grenzen» gibt Tipps für ein friedliches Miteinander von Mensch und Wildtier:
1. Beachte Wildruhezonen und Wildschutzgebiete: Wildtiere ziehen sich dorthin zurück.
2. Bleibe im Wald auf den markierten Routen und Wegen: So können sich die Wildtiere an den Menschen gewöhnen.
3. Meide Waldränder und schneefreie Flächen: Sie sind die Lieblingsplätze der Wildtiere.
4. Führe Hunde an der Leine, insbesondere im Wald: Wildtiere flüchten vor frei laufenden Hunden.

Nicht nur auf Schneesportler abseits der Pisten reagieren Wildtiere mit Flucht, auch bei Hängegleitern konnte nachgewiesen werden, dass sie sich panisch beim Herannahen des fliegenden Luftsportgerätes verhalten können. Auch wenn sich Menschen auf die Suche nach abgeworfenen Stangen von Rehen und Rothirschen, Beeren und Pilzen begeben oder Jäger und Tierfotografen durch den Wald pirschen, kann dies ein Stressfaktor für die Tiere sein. Sie können nur schlecht einschätzen, in welche Richtung sich der potenziell gefährliche Mensch bewegt. Ganz besonders in der Dämmerung und nachts, wenn sich viele Tiere auf Nahrungssuche begeben, gilt deshalb: Die Nacht gehört den Wildtieren.

In der Schweiz werden aus den aufgeführten Gründen kantonale oder eidgenössische Schutzgebiete errichtet, in die sich die Tiere zurückziehen können und dort Ruhe finden. Hier gelten gewisse Verhaltensregeln und Verbote für Naturbesucher.

[IMG 3]

Eine Ruheoase

Wildtierschutzgebiete dienen dem Schutz und der Erhaltung von seltenen und bedrohten wild lebenden Säugetieren und Vögeln sowie deren Lebensräume. Zu dieser Kategorie gehören die insgesamt 41 eidgenössischen Jagdbanngebiete, die sich grösstenteils auf den Alpenraum konzentrieren. In ihnen dürfen sich Besucher im Sommer grundsätzlich auch abseits der Wege bewegen, solange dabei keine Tiere gestört oder vertrieben werden. Hunde dagegen sind immer an der Leine zu führen. Das freie Zelten und Campieren ist verboten, ebenso das Skifahren und weitere Schneesportarten ausserhalb von markierten Pisten, Routen und Loipen. Je nach Jagdbanngebiet können zusätzlich auch das Fliegen von Drohnen, das Pflücken von Pflanzen oder das Gleitschirmfliegen untersagt sein. Für die Durchführung von sportlichen Aktivitäten bedarf es einer kantonalen Bewilligung.

Neben den Wildtierschutzgebieten gibt es Wildruhezonen. Das sind Gebiete, in denen die Bedürfnisse der Tiere und nicht die des Menschen im Vordergrund stehen. Sind Wildtiere durch die zunehmende Freizeitnutzung der Natur und Tourismus besonders betroffen, können Kantone solche Ruhezonen und die darin zur Benutzung erlaubten Routen und Wege bezeichnen. Zudem können weitere Nutzungsbeschränkungen gelten. Unterschieden werden rechtsbindliche Wildruhezonen, in denen man sich bei Nichtbeachten der Regeln strafbar machen kann. In den empfohlenen Wildruhezonen wird auf die Androhung von Bussen verzichtet und auf die Rücksichtnahme gezählt. Wildruhezonen und eidgenössische Jagdbanngebiete sind mit grünen Schildern signalisiert, auf denen meist eine Karte des Gebietes sowie allfällige weitere Verbote leicht ersichtlich sind.

[IMG 4]

Auf der Website wildruhezonen.ch finden sich auf einer interaktiven Karte alle Wildtierschutzgebiete und Wildruhezonen. Hier finden vor allem Wintersportler durch einen Klick auf das entsprechende Gebiet alle Informationen zu Einschränkungen und Verboten, die den Sport betreffen. Die Website entstand in Zusammenarbeit der Kantone mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und wird alle zwei Jahre aktualisiert.