Vogelzucht
Wie problematisch ist Inzucht?
Nicht immer steht Vogelzüchtern eine grosse Auswahl von Zuchttieren zur Verfügung. Dann muss Inzucht betrieben werden. Mit einigen Vorkehrungen kann das gut gehen.
Ein Vogel von einem Züchter aus Deutschland soll frisches Blut in die Zucht bringen. Eine 1000-Kilometer-Fahrt ist notwendig, um das Tier zu holen, doch ein Züchter scheut keinen Aufwand. Die Schweiz ist eine kleine Welt und viele Vogelarten unter Menschenobhut stammen von wenigen Exemplaren ab, die einst eingeführt wurden. Darum die weite Fahrt.
Doch bei genauer Überprüfung der Abstammung des deutschen Vogels stellte sich schon oft Ernüchterung ein. Seine Ursprünge gehen auf die Schweiz zurück. Schweizer Züchter sind bekannt für die Haltung und Zucht von verschiedenen seltenen Papageienarten. Die verwandtschaftlichen Spuren der spektakulären Goldsittiche in Europa führen meistens auf eine während Jahrzehnten produktive Zucht in der Schweiz zurück. Auch bei den Frisé-Suisse-Kanarienvögeln gibt es nicht mehr viele Exemplare, sodass in Europa viele eng miteinander verwandt sind. Inzucht sollte vermieden werden. Die Realität zeigt aber, dass Vogelzüchter nicht darum herum kommen. Hat Inzucht denn nun so fatale Auswirkungen?
Vitale Tiere aus Mini-Populationen
Damit hat sich schon der berühmte Schweizer Zoologieprofessor und Zoodirektor Heini Hediger (1910 – 1992) beschäftigt. In seinen Lebenserinnerungen «Ein Leben mit Tieren im Zoo und in aller Welt», die 1990 im Werd-Verlag erschienen, schreibt er, dass viele Fachleute das Gespenst der Inzucht in den Zoos der Welt in übertriebener Weise fürchteten und dass oft leichtfertig Inzucht verantwortlich gemacht werde, wenn in Wirklichkeit gesundheitliche Schäden ganz anders bedingt seien, beispielsweise durch falsche Ernährung, Unterbringung oder Behandlung. Er erwähnt etliche Beispiele wie die Goldhamsterpopulation in Europa, die auf ein einziges Weibchen mit zwölf Jungen zurückgeht.
Auch bei Vögeln ist es fraglich, ob Inzucht wirklich so schlimm ist, besonders bei endemischen Populationen, die nie in grosser Anzahl vorkamen. So stammt die heute gegen 1000 Exemplare grosse Population des Echosittichs auf Mauritius nachweislich von sieben bis zwölf Vögeln ab. Verwilderte Halsbandsittiche, Mandarin- und Brautenten in Europa gehen auf wenige entwichene Exemplare zurück. Auch sie bildeten vitale Populationen. Norbert Nüchter, Züchter von Hyazintharas auf Malta, hatte bei seinen Paaren oft Nachzuchten mit zwei Jungvögeln. Er ist davon überzeugt, dass diese beiden Jungvögel auch in der Natur zusammenbleiben würden, da sie eine so enge Bindung hätten.
Oft wird die Schlussfolgerung gezogen, dass bei Verpaarungen von nahen verwandten Linien die Nachzuchten geschwächt und nicht vital seien. Das ist aber falsch, denn Verwandtschaftszucht ist ein anerkanntes Werkzeug in der selektiven Zucht. Nur durch die Inzucht entsteht die Wahrscheinlichkeit, dass gleiche genetische Anlagen zweier Vögel zusammentreffen und damit bei ihren Nachkommen sichtbar werden. Alle unsere Hochleistungshaustiere und -nutztiere sind durch Inzucht entstanden.
Voraussetzung dabei ist aber, dass Aufzeichnungen geführt werden, denn unkontrollierte Verwandtschaftszucht wäre ein gefährlicher Weg. Immer wieder müssen nicht verwandte Tiere in eine Zuchtlinie eingekreuzt werden, damit die Jungen vital bleiben und nicht stetig an Grösse verlieren. Vögel mit gleichen Merkmalen dürfen in der Regel nicht zusammen verpaart werden.
Hochleistungstiere durch Inzucht
Wichtig ist es auch, die Grenzen von Blutauffrischungen einzuhalten: In der arterhaltenden Vogelzucht sind Mischlinge aus verschiedenen Arten zu vermeiden. So sollten zum Beispiel Agaporniden sowie Schön- und Glanzsittiche artenrein gezüchtet werden. Vogelzüchter sind dafür verantwortlich, die Arten in ihrer Wildform in den Volieren zu erhalten. Allerdings wissen wir auch, dass es nie rote Kanarienvögel gäbe, wären einst nicht Kapuzenzeisige mit Kanarienvögeln gekreuzt worden.
Zusammenfassend gilt, dass grundsätzlich Verpaarungen von nicht verwandten Individuen vorgenommen werden sollten. Wegen beschränkter Anzahl an Exemplaren einer Art unter Menschenobhut ist es manchmal nicht zu vermeiden, miteinander verwandte Exemplare zu verpaaren. Das ist nicht tragisch, wenn Buch über die Verpaarungen geführt wird. In der selektiven Zucht werden gezielt miteinander verwandte Tiere verpaart, um Merkmale zu fördern.
Dieser Artikel wurde automatisch auf unsere neue Website übertragen. Es kann daher sein, dass Darstellungsfehler auftreten. Diese können Sie uns mit folgendem Formular melden. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren