Einheimischer Vogel
Ein gutes Händchen für Fichtenkreuzschnäbel
Jean-Luc Burri aus dem freiburgischen Riaz interessiert sich seit seiner Kindheit für die Haltung und Vermehrung einheimischer Vögel. Zu seinen Lieblingen gehört der Fichtenkreuzschnabel. Ein Besuch bei einem Züchter mit einer besonderen Art aus unseren Wäldern.
Viele haben ihn vermutlich noch gar nie gesehen, den Fichtenkreuzschnabel. Er lebt im Jura, in den Voralpen und Alpen, meist auf über 1000 Meter Höhe. Und auch dort ist es schwierig, ihn auszumachen, denn Fichtenkreuzschnäbel halten sich in den Wipfeln von Nadelbäumen auf. Dort klauben sie mit ihren dafür geeigneten Schnäbeln, die sich vorne kreuzen, die Samen von Fichten und Lärchen aus den Zapfen.
Dass Fichtenkreuzschnäbel spektakuläre Vögel sind, fand Jean-Luc Burri schon in jungen Jahren. Der 50-Jährige steht im Garten vor zwei Aussenvolieren, schaut gebannt durch das Gitter und murmelt: «Die beiden verstehen sich, das Weibchen brütet dort hinten.» Der Brillenträger mit braunen Haaren und Bart zeigt in ein Dickicht von Tannenästen. Tatsächlich sitzt dort, gut versteckt, das Weibchen auf einem Nest, das es aus Gräsern und Scharpie gebaut hat.
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Weiter vorne, auf einem Tannenast voller Zapfen, den der Züchter am Volierendach aufgehängt hat, sitzt das Männchen mit gelblich-rötlichem Gefieder. Als Burri die Voliere betritt, warnt es heftig. «Monsieur ist nicht zufrieden», sagt der Vogelpfleger, der ruhig durch die Voliere geht und vorsichtig in das Nest greift. «Vier Eier», sagt er und nimmt eines kurz heraus. Es hat eine weisse Schale mit feinen, braunen, ungleichen Punkten.
Burri hält drei Paare des Fichtenkreuzschnabels. «Es ist nicht einfach, dass ein Paar harmoniert. Sie müssen sich mögen», sagt der Vogelliebhaber und weist auf ein Paar in einer sechseckigen Rundvoliere. «Diese beiden haben immer wieder Auseinandersetzungen untereinander, obwohl sie manchmal auch Nistmaterial herumtragen.»
Sein drittes Paar verhält sich verheissungsvoller. «Er will das Weibchen beeindrucken», sagt Burri und lächelt, als er sieht, wie das Männchen sich mit Nistmaterial im Schnabel vor dem Weibchen präsentiert. Oft fordere anschliessend das Weibchen sein Männchen zur Paarung auf. So richtig mit dem Nestbau würde sich aber hauptsächlich das Weibchen beschäftigen.
Die Made im Zapfen
Dieses Jahr hätten sie erst im März mit dem Brüten begonnen. Das sei spät, sagt Burri. Manchmal würden sie im Januar Nester bauen und mit dem Brüten beginnen. «Das ist kein Problem, auch wenn minus 20 Grad herrschen, werden die drei bis fünf Eier während 13 Tagen gut gebrütet und anschliessend die Jungen aufgezogen.» Die Nestlingszeit dauere drei Wochen, im Alter von 45 bis 50 Tagen seien die Jungen selbstständig.
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Er sei immer besonders interessiert an einheimischen Vögeln gewesen. So wurde er bereits im Alter von 15 Jahren Mitglied im Verein Les Amis des Oiseaux Fribourg. Mit seinem ersten Lehrlingslohn als Gärtner hat Burri sich ein Gimpel-Paar gekauft, kurz nach der Lehre hatte sich der in Bulle Aufgewachsene schon seine ersten Fichtenkreuzschnäbel angeschafft.
Obwohl der Fichtenkreuzschnabel von den Farben und vom Verhalten her genauso interessant ist wie ein Papagei, gibt es kaum noch Züchter, die sich mit dieser Art beschäftigen. Er habe schon am Waldrand bei seinem Haus in den Tannenwipfeln Fichtenkreuzschnäbel gesehen, sagt Burri, der am Rande von Riaz FR bei Bulle wohnt. Häufig seien sie aber nicht zu sehen, manchmal eher per Zufall. So habe er die Art auch schon während seiner Arbeit als Gärtner auf dem Friedhof von Freiburg beobachtet.
Burri reicht seinen Fichtenkreuzschnäbeln Fichtenzapfen. Er betont aber: «Man darf die Zapfen nicht etwa vom Boden auflesen und reichen.» Solche Zapfen seien feucht und die Vögel würden krank davon. Burri spricht mit Waldarbeitern, wenn sie Bäume fällen. «So komme ich an die Giebel, die reich an Zapfen sind.» Zudem habe er selber eine lange Vorrichtung, mit der er in der Höhe Äste abzwicken könne.
Der Züchter mag es, wenn es in den Volieren natürlich aussieht. So hängt er Äste mit Lärchen- oder Fichtenzapfen im oberen Bereich der Voliere auf. Manchmal, wenn ein Zapfen herunterfalle, würden ihn die Vögel sogar fliegend wieder in die Höhe tragen.
Man nimmt an, dass die Fichtenkreuzschnäbel gierig die Samen aus den Zapfen klauben. «Sicher, ja», sagt Burri, «doch viel lieber und begieriger sind sie nach kleinen Maden, die sich in den Zapfen befinden.» Zum Beweis schneidet er einen Zapfen auf und findet prompt eine kleine, weisse Made. Er vergleicht sie mit Würmern in einem Apfel.
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Vogel mit besonderer Persönlichkeit
Fichtenkreuzschnäbel ziehen ihre Jungen hauptsächlich mit den Zapfensamen auf. Doch dabei ist eben auch immer animalische Kost, wie der Vogelzüchter beobachtet. Essentiell seien trockene Volieren, das beuge der Krankheit Kokzidiose vor. Der Boden in seinen Volieren ist betoniert, so lässt er sich gut reinigen. Auch wegen des Grabmilbenbefalls müsse man aufpassen. «Die Milben setzen sich an den Füssen fest.» Burri streicht eine spezielle Pomade auf die Füsse, die Milben sterben dann ab.
Seine Fichtenkreuzschnäbel waren 2019 sehr produktiv. 21 Junge flogen bei drei Paaren aus. Der Züchter streicht heraus: «Ein gutes Männchen ist ausschlaggebend für den Erfolg.» Während das Weibchen bereits das zweite Gelege bebrüte, füttere es die ausgeflogenen Jungen des Erstgeleges weiter. Nur das Weibchen brütet. Es baut auch jedes Mal wieder ein neues Nest. Burri reicht ein Samengemisch speziell für Kreuzschnäbel, dazu Zapfen und Erbsen, die er auftaut, sowie Sand und Kalksteine. Er schätzt an seinen Kreuzschnäbeln, dass sie neugierig und zutraulich sind. «Es sind sehr liebe Vögel, besonders auch gegenüber anderen Arten.»
Wenn Burri in seinem Garten sitzt, blickt er auf seine in L-Form angelegten Volieren, im Rücken der Wald, vorne in der Ferne die Freiburger Berge. Die Kreuzschnäbel leben also in einer Umgebung, die ihnen vertraut ist. Der Vater zweier Söhne und einer Tochter hatte viele Erfolge mit dieser Art an Ausstellungen. Heute verzichte er auf das Ausstellen. «Stress schadet den Vögeln und kann bewirken, dass Krankheiten ausbrechen.» Burri beobachtet lieber und kommt zu wertvollen Erkenntnissen.
Die einheimische Vogelwelt hält punkto Verhalten und Brutbiologie viele Überraschungen bereit und ist an das Klima angepasst. Der Fichtenkreuzschnabel ist ein grosser Vogel mit besonderer Persönlichkeit. Es ist das Verdienst von Jean-Luc Burri, dass diese Art, die von der Ausbreitung von Fichtenwäldern in der Schweiz profitieren konnte, hier auch unter Menschenobhut vermehrt wird. Zur Haltung einheimischer Vögel benötigt man eine Haltebewilligung. In der Schweiz kann man die Art im Natur- und Tierpark Goldau SZ in Volieren beobachten.
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