Türkisch Van
Türkisch Van: Züchterin Sabrina Schlachter fördert die seltene Katzenrasse in der Schweiz
Sabrina Schlachter züchtet Türkisch Van. Sie wünscht sich, dass die seltene Rasse in der Schweiz wieder vermehrt gezüchtet und gehalten wird – und freut sich aktuell über sieben junge Büsi.
Hundedame Amy nimmt den Besuch in Empfang – und gleich auch in Beschlag. Eifrig legt sie der «Tierwelt»-Redaktorin ihr neues Spielzeug – ein Plüschtierli – vor die Füsse, in der Hoffnung auf einen unterhaltsamen Wurf. Auch Britisch-Kurzhaar-Büsi Molly und Perserkatze Daisy zeigen keine Scheu und sind beim Rundgang durch die Wohnung in Möhlin AG – wo immer sie dürfen – stets vorne mit dabei. Tatsächlich hat Sabrina Schlachter den beiden Katzen für zwei Zimmer ein vorübergehendes Eintrittsverbot erteilt, den Türkisch-Van-Zuchtkatzen Nyks und Daruhi und ihren insgesamt sieben Jungen zuliebe.
Die Rasse Türkisch Van wird in der Schweiz kaum noch gezüchtet, was für Schlachter denn auch einen Teil der Faszination ausmacht und gleichzeitig dafür sorgte, dass es ein paar Jahre dauerte, bis sie mit der Zucht begann. Um an Zuchttiere zu gelangen, habe sie nach Polen reisen müssen, erzählt sie: «Das lag während der Lehre finanziell schlicht nicht drin.»
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Vorsichtig öffnet die junge Frau die Türe zum ersten Zimmer, wo sich die zweijährige Nyks über Abwechslung im Baby-Alltag zu freuen scheint. Drei Junge hat sie zur Welt gebracht – und dabei ganz alleine alles richtig gemacht. Falls nicht, hätte Schlachter ein motiviertes Team aus Züchter-Freundinnen zur Seite gestanden, welches sie bereits im Vorfeld mit Rat und Tat unterstützte. Eine wichtige Rolle spielt aber nicht zuletzt ihre «Türkisch-Van-Patin» aus Deutschland, welche Schlachter über Facebook kennengelernt hat und die ihr nun bei rassespezifischen Fragen weiterhilft.
Neben Mutter Nyks und den Jungtieren Güneş, Gencer und Gülizar liegt Devon-Rex- Kater Carmelo – Rufname Spooky – in diesem ersten von zwei Babyzimmern. Er ist das einzige Büsi, das zu allen Müttern und Jungtieren darf. «Er ist beliebt», sagt Schlachter und lacht: «Ich weiss auch nicht, wie er das macht.» Auch die Englische Collie-Dame Amy wird von allen Tieren in der Wohnung von Schlachter akzeptiert – die jungen Büsi sind also bestens auf Hunde sozialisiert. Auch mit Kindern sollen sie vertraut gemacht werden, Besuche von befreundeten Familien sorgen dafür – und machen gleichzeitig die Kinder glücklich.
Die türkischen Namen hat die junge Frau nach gründlicher Prüfung ausgewählt: «Der Arbeitskollege einer Kollegin hat mir die Bedeutung aller Namen und ihre mehr oder weniger grosse Beliebtheit unter Türkinnen und Türken erklärt.»
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SteckbriefTyp: Mittelgross
Fell: Halblang, keine Unterwolle, seidig, am Körper anliegend
Farbe: Kalkweiss mit farbigen Headspots und farbigem Schwanz
Gewicht: Weibchen 4 bis 7 Kilo, Männchen 5 bis 9 Kilo
Augen: Rund, blau, amber, odd eyed
Ursprung: Türkei
Aktivität / Bewegungsdrang: Wild, ausgeprägter Kletter- und Jagdtrieb
Kontaktfreudigkeit: Schmusen nur, wenn sie wollen und mit wem sie wollen
Kommunikation: Mauzen viel
Kinderfreundlichkeit: Geeignet auch für kleine Kinder
Wohnungseignung: Geeignet, braucht aber viele Klettermöglichkeiten und einen gesicherten Balkon
Pflegeaufwand: Gering. Trotz langem Fell kaum Verknotungen
Ein Leben ohne Tier-Limit
Im zweiten Zimmer kümmert sich die aus Moskau stammende Daruhi um ihre vier Jungen. Dass beide Mütter den Besuch ohne grosse Aufregung tolerieren, ist gemäss Schlachter nicht selbstverständlich. «Türkisch Van sind regelrechte Löwenmütter», erzählt sie. Überhaupt sei die Rasse für raue Spiele untereinander sowie eine ausgeprägte Jagdlust bekannt. «Dieses Urchige, Urspüngliche, kombiniert mit ihrem edlen Aussehen und dem samtenen Fell gefällt mir so gut.» Weitere Vorzüge der Rasse seien ihre Unabhängigkeit, die gute Intelligenz, eine hohe Lebenserwartung und das halblange und dennoch pflegleichte Fell.
Dass Schlachter Tiere liebt, ist unübersehbar. Bilder an den Wänden, Decken und Kissen mit Raubtierfellmustern in der Stube – und vor allem jede Menge echte Tiere zeugen davon. Neben den aktuell zwölf Katzen und Hündin Amy ist ein ganzer Schwarm Vögel bei ihr zuhause. In einer Voliere in der Stube hüpfen zwitschernd allerlei bunte kleine Vögel von Ast zu Ast, knabbern an Grünzeug oder sitzen am Rand des am Boden stehenden Wasserbads. «Der da nistet glaub», sagt Schlachter und zeigt auf einen der Vögel, der aus einem der an der Wand befestigten Kästen schaut. «Kubafink, Kanarienvögel, Maskenamadinen, Diamantäubchen, Binsenastrild ...» beginnt sie aufzuzählen.
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Dass sie so viele Tiere habe, kommentiere ihr Freund jeweils mit dem Satz «ein Leben am Limit», erzählt Schlachter wenig später lachend, während sie in der Küche steht und Kaffee serviert. Tasächlich hat die in der Dorf-Metzgerei Vollzeit arbeitende junge Frau in der nahen Kleintieranlage noch Kaninchen und weitere Vögel untergebracht. Zusammen mit ihrem Freund hält sie zudem auf dessen Bauernhof Schildkröten, für die sie inzwischen einen Kräuter-Garten angelegt hat. Sie mache dafür keinen Sport, erklärt Schlachter ihren dichten Alltag. Ausserdem arbeite sie so nah, dass sie über Mittag jeweils rasch nach Hause radeln und sich um die Tiere kümmern könne. Wichtige Unterstützung biete nicht zuletzt der im gleichen Haus lebende Vater: «Er hat einen Hund, mit dem sich Amy bestens versteht.»
Schwimmkatze, oder doch nicht?
Gerade unter Nicht-Züchtern sei die Türkisch Van als «Schwimmkatze» bekannt, erzählt Sabrina Schlachter, während sie mit dem Finger auf einen entsprechenden Titel in einer Zeitschrift tippt. Berichtet wird, dass die Rasse aus der Gegend um den Vansee im Südosten der heutigen Türkei stammt und dort Fische gejagt und auf diese Weise mit der Zeit ihre Scheu vor dem Wasser verloren hat. Tatsächlich kursieren Fotos und Videos von schwimmenden Türkisch-Van-Katzen im Netz. Bestätigen kann Schlachter aber einzig, dass ihre Türkisch Van gerne mit den Pfoten im Wasser herumplantschen. Und: Weil ihr Fell keine Unterwolle aufweist, kann es kaum Wasser aufsaugen und trocknet entsprechend schnell.
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Ebenfalls häufig nachgefragt würden die sogenannten «odd eyes» (ein blaues Auge in Verbindung mit einem bernsteinfarbenen). Eines ihrer Jungtiere verfügt ebenfalls über die beliebte Auffälligkeit. Viel wichtiger ist Schlachter aber, dass die Färbung stimmt und dass man die Rasse in ihrer typischen Eigenart erkennen kann. Und tatsächlich sind die typischen Farbflecken am Kopf ihres Katzen-Nachwuches nahezu ideal ausgefallen.
Zur Entdeckung der Türkisch Van wird erzählt, dass zwei Engländerinnen auf ihrer Reise durch die Türkei 1955 auf zwei weisse Katzen mit roten Abzeichen stiessen. Die beiden Katzenliebhaberinnen waren begeistert und nahmen ein Pärchen mit nach England zurück. Dieses und ein später importiertes weiteres Katzenpaar bildeten den Grundstock für die planmässige Zucht der Rasse, welche 1960 von der internationalen Organisation FIFe anerkannt wurde.
Die Türkisch Van in der Schweiz wieder bekannter zu machen, ist ein Ziel von Schlachter – dem sie nun mit der Geburt der ersten sieben Jungtiere ein Stück näher gekommen ist. Eines der sieben darf bei Sabrina Schlachter und ihren zahlreichen pelzigen und gefiederten Freunden wohnen bleiben. Der Rest wird für den für Rassekatzen üblichen Preis von rund 1500 Franken pro Büsi verkauft – sofern die Bedingungen vor Ort stimmen.
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