GPS-Tracking
Die gläserne Brieftaube
Wie hoch? Wie schnell? Wo lang? Brieftaubensportler würden gerne jedes Detail über ihre Tiere und deren Wettflüge wissen. Ein neuer GPS-Fussring könnte dabei helfen.
So lange ist es noch nicht her, als zum ersten Mal Brieftauben mit einem GPS-Sender ausgestattet wurden. Im Jahr 2004 wurde ein privater Versuch durchgeführt, mit einem GPS-Gerät, das fast 30 Gramm schwer war. Es verfügte über eine GPS-Antenne, eine Batterie, Ein- und Aus-Schalter, einige elektronische Bausteine sowie einen Speicher auf einer Platine mit einem Stecker.
Das Ganze hatte gerade so Platz auf einem Taubenrücken. Damit die Vögel nicht ständig mit dem Gerät auf dem Rücken leben mussten, klebte man ihnen ein Stück Klettband auf den Rücken; der Sender konnte so – ratsch – an- und abmontiert werden. Ein Dummy, ein gleich grosser und gleich schwerer Kunststoffblock, diente dazu, die Tauben an das Gerät zu gewöhnen. Das Klettband wurde mit einem hautfreundlichen Leim so auf den Rücken geklebt, dass das Gerät fest sass und die Taubenflügel in ihrer Bewegung nicht eingeschränkt waren. Bei der nächsten Herbstmauser fiel das Klettband wieder ab.
Das GPS-Gerät zeichnete jede Sekunde einmal die Position und die Zeit der Taube auf. Der Speicher erlaubte die Flugrouten-Aufzeichnung während dreieinhalb Stunden. Der Versuch wurde nach kurzer Zeit abgebrochen. Die Tauben kehrten zwar auf kurze Distanzen in ihren Heimatschlag zurück, zeigten aber im Freiflug keinerlei Fluglust. Das Gerät war auch für die grossen und starken Tauben, die für das Experiment ausgewählt wurden, einfach zu schwer.
Der GPS-Fehlschlag vor einem Jahrzehnt bedeutete nicht das Ende aller Bemühungen, die Tauben-Flugrouten aufzuzeichnen. Die Technik entwickelt sich schliesslich immer weiter, neue Möglichkeiten eröffnen sich ständig und es finden sich auch immer Pioniere, die Neues ausprobieren. Auch in der Schweiz.
Aus 30 Gramm sind vier geworden
Urs Zehnder ist so einer. Der ehemalige Swiss-Pilot aus Schongau LU, hat von GPS-Trackerringen erfahren, die sich für Brieftauben eignen sollen. Der GPS-Ring ist dabei nur vier Gramm schwer. Er hatte sich informiert und wollte den Versuch mit seinen Tieren wagen. So bestellte er beim taiwanesischen Anbieter «sky-leader.com» ein Set mit fünf Ringen. Dazu gehören fünf Akkus, fünf Attrappen, ein Ringlesegerät und die Software. Kostenpunkt inklusive Zoll, Mehrwertsteuer und Transport umgerechnet rund 400 Franken.
Der GPS-Trackerring wird über dem Fussring der Taube montiert und zeichnet die Flugrichtung, die Geschwindigkeit und die Flughöhe auf. Ob sich das System durchsetzt, wird sich nicht vor 2018 zeigen, denn dieses Jahr konnte Zehnder erst auf dem letzten Jungtaubenflug mit seinem Versuch starten, und das nur mit einer einzelnen Taube. Die Flugbahn dieser Taube wurde aufgezeichnet; wie Zehnder erwähnte, war sie nicht bei den Schnellsten. Nach ihrer Heimkehr fand der Brieftaubensportler dank seines neuen GPS-Gadgets auch heraus, wieso das so war.
Der Start des Flugs erfolgte in Ulm, danach ging es über den Bodensee in Richtung Heimat. Nach der Überquerung des Bodensees ist die Taube zu stark Richtung Süden geflogen, anschliessend machte sie eine Kurskorrektur, einen etwas gar grossen Schlenker: Nun flog sie nämlich mit Kurs West knapp nördlich von Zürich vorbei, um anschliessend direkt heimzufliegen. Aufgefallen ist Urs Zehnder beim GPS-Studium auch, dass seine Taube weniger hoch flog als allgemein angenommen, obwohl beim Flug kaum Gegenwind herrschte.
Doch Zehnder ist nicht der einzige Brieftaubensportler, der sich an GPS-Daten heranwagt. Ein Kollege beispielsweise entwickelte selber ein System, mit dem er seine Taube in Echtzeit verfolgen kann, während Zehnder die Daten erst nach der Rückkehr seines Vogels einlesen kann. Das System Marke Eigenbau rechnet zudem die Flughöhe der Taube über Grund aus, statt in Metern über Meer wie das Programm aus Taiwan. Nur einen Haken hat es noch, den altbekannten: Das System ist noch zu schwer für eine Taube.
Die GPS-Daten einer Brieftaube zeigen, wo sie durchgeflogen ist:
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