«Trash Hero» Roman Peter
Abfall ist genau sein Fall
In den Meeren schwimmt immer mehr Plastikabfall. Vor zehn Jahren hat Roman Peter als Tauchlehrer in Thailand mit Einheimischen dagegen angekämpft – nun ist daraus eine weltweite Bewegung geworden.
Das Gegenüber weigert sich beim Abschied, die Visitenkarte anzunehmen. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern aus Überzeugung. «Ich schmeisse die Karte später sowieso weg», sagt Roman Peter und macht mit seinem Handy stattdessen schnell ein Foto der Karte. Die Wegwerfgesellschaft: Dagegen kämpft der 38-Jährige an. 2012 hat er mit einheimischen Freunden damit angefangen, an den Stränden in Thailand Abfall einzusammeln. Pet-Flaschen, Aludosen und Plastiksäcke. Inzwischen ist die von ihm mitinitiierte Bewegung «Trash Hero» – zu Deutsch Abfall-Held – richtig gross geworden.
An 171 Orten in 19 Ländern sammeln Freiwillige nun Abfall ein. Mehr als 362'000 Beteiligte, darunter rund 92'00 Kinder, haben seit 2013 fast 1800 Tonnen Müll zusammengetragen. «Die Grundidee heisst: Machen wir aus einem Drecksjob eine Heldentat», erklärt Peter, der lange Haare und eine Baseballmütze trägt. «Wir haben alles bewusst einfach gehalten: Jede und jeder kann, ohne sich anzumelden, mitmachen. Schnell ist ein persönliches Resultat sichtbar: der eingesammelte Müllberg. Es sind diese kleinen Schritte, die später zu grossen Veränderungen führen.»
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Zentrale im Haus der Grosseltern
Indem die Leute sich selber mit Abfall beschäftigen, bekommen sie ein Gefühl für die Konsequenzen, welche die Abfallberge hinterlassen. Handeln und Bewusstsein, Bildung, nachhaltige Projekte und Inspiration – das sind die Grundpfeiler von «Trash Hero.» Die Zentrale der weltweiten Bewegung befindet sich im Haus der Grosseltern in Inwil LU. Hier hat Peter sein Büro mit dem grossen roten Sofa. «Das habe ich von einem Kollegen erhalten; die wissen: Bevor etwas wegwerfen, schnell den Roman fragen, ob er es brauchen kann.»
Er kaufe seit Jahren auch fast keine neuen Kleider mehr: «Ich brauche nur wenig zum Leben.» Das Geld für den täglichen Bedarf verdient er im Sanitär- und Heizungsgeschäft, das einer seiner beiden Brüder leitet. Dort kümmert er sich in einem 40-Prozent-Job um die Administration. «Zudem wohne ich im über 100 Jahre alten Haus meiner Grosseltern. Es ist einfach eingerichtet. Das entspricht mir.» Die restliche Zeit nutzt Peter für sein Herzensprojekt «Trash Hero», wobei er hier als Geschäftsführer amtet.
Zwei Mal im Jahr reist er nach Thailand, Malaysia, Myanmar oder Indonesien – in Südostasien ist die Bewegung «Trash Hero» besonders aktiv. Aber auch in der Schweiz sammeln die Abfall-Helden regelmässig Müll ein. «Gerade kürzlich bei uns in Inwil. Wir haben am Strassenrand Hunderte von Zigarettenstummeln eingesammelt», sagt Peter.
Die Grundidee heisst: Machen wir aus einem Drecksjob eine Heldentat.
Roman Peter
Mitgründer «Trash Hero»
Alles hat damit angefangen, dass Peter vor zehn Jahren seinen gut bezahlten Job als Internet-Fachmann aufgab und auf Reisen ging. Mit dem Keyboard unterm Arm. «Ich bin in Thailand auf einer kleinen paradiesischen Insel gestrandet. Dort habe ich am Tag als Tauchlehrer gearbeitet, am Abend als Musiker in einer Bar.» Beim Tauchen habe er oft vermüllte Strände gesehen und auch zahlreiche Plastikabfälle, die im Meer geschwommen sind. «Ich habe als Schweizer ein grosses Privileg. Wir leben hier in einem funktionierenden Staat. Ich wollte deshalb gerne etwas zurückgeben.» So entstand zusammen mit anderen die Idee, Abfälle einzusammeln.
Einiges in Bewegung gesetzt
Es geht nur vordergründig ums Einsammeln von Abfällen: Daraus entsteht oft mehr. «Das Einsammeln ist ein Happening. Wir organisieren uns über die sozialen Medien, wo wir unsere Arbeit nach jeder Aktion mit Bildern dokumentieren. Es ist cool dabei zu sein – das ist die Botschaft.» Oft verändert sich nach einem solchen Einsatz die Einstellung der Beteiligten zum Thema Natur und Umwelt. «Die Bewegung hat Erfolg, weil die Einheimischen die Projekte selber leiten und ihre Schlüsse ziehen. Es wird nicht von aussen mit einem moralischen Drohfinger gewedelt», sagt Peter.
Die Folge: Der Erfolg der Bewegung ist so gross, dass sogar die Regierungen sich bewegen müssen und sich mit der Abfallproblematik befassen. «Wir sammeln ein und liefern die Zahlen zu den Abfallmengen. Wir gehen nicht aggressiv gegen die Industrie vor – das machen andere. Das ist auch wichtig und nötig.»
Und so bewegt sich einiges – in kleinen Schritten. In Thailand und Indonesien beispielsweise verkaufte «Trash Hero» bisher rund 100'000 Edelstahlflaschen, die man immer wieder mit Wasser auffüllen kann. «Das ist die Alternative zu einer Pet-Flasche. Die wir nach fünf Minuten wieder wegwerfen. Das ist doch Blödsinn», sagt Peter. Viele Geschäfte in Thailand verkaufen solche Edelstahlflaschen – und Touristen können diese in ihren Unterkünften immer wieder kostenlos auffüllen lassen. So habe man in den vergangenen sieben Jahren über 36 Millionen Pet-Flaschen eingespart.
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«Trash-Hero» finanziert sich vor allem durch Spenden – so bleibt man unabhängig. «Wir werden immer wieder auch von Grossfirmen angefragt, ob sie nicht als Sponsor auf unseren T-Shirts auftreten können. Das wollen wir nicht», sagt Peter. Die Industrie wolle sich so ein grünes Image verpassen.
Früher wurden Getränke in Glas-Pfandflaschen verkauft und wieder befüllt. «Heute ist es viel billiger eine PET-Flasche zu produzieren und in vielen Ländern kümmern sich die Produzenten nicht ums Recycling, abgesehen davon ist Plastikrecycling leider nicht so effizient wie man denkt», sagt Peter.
Mit dem Zug und Bus nach Estland
Plastik habe immer einen negativen Einfluss. «Auch direkt auf unseren Körper. Inzwischen weiss man, dass Mikro-Plastik über verschiedene Wege in den Körper gelangt. Das kann über die Luft, die Nahrung oder das Trinkwasser sein.» Es brauche langfristig ein Umdenken. In Entwicklungsländern werde in ländlichen Gebieten nach wie vor Abfall verbrannt. Früher habe man vor allem organische Abfälle verfeuert, was weniger schädlich war. Doch nun kommt auch Plastik dazu. «Dabei entsteht hochgiftiges Dioxin. Das gelangt in die Umwelt und die Tiere und kommt so schliesslich über die Nahrung in unseren Körper».
Ein radikaler Grüner ist Peter nicht. «Im Leben braucht es Kompromisse. Und ich bin auch kein Missionar, das liegt mir nicht.» Aber er schaue im Alltag drauf, wenig Abfall zu produzieren. Er selber kauft mit Vorliebe in Hofläden oder in Läden ein, die keine Verpackung nutzen. Stattdessen nimmt er dorthin seine eigenen Glasbehälter mit. Und im Bad stehen nur nachfüllbare Behälter für Shampoo und Duschgel.
Zusammen mit der Schnarwiler AG aus Weggis LU hat «Trash Hero» eine nachhaltige Pflegeproduktelinie herausgegeben. Zu einer Konferenz in Estland sei er vor zwei Jahren bewusst mit Zug und Bus gereist – ohne Flug war er so über 36 Stunden unterwegs. «Ich bin todkrank angekommen. Zurück bin ich geflogen.» Wie gesagt – im Alltag brauche es für das bewusste ökologische Leben auch Kompromisse. Zum Schluss charakterisiert sich Roman Peter noch selber: «Ich mache gerne Gutes – das befriedigt mich.»
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