Tierische Waffen
Die Bombenkatze im Hirn von Herrn Helm
Der Kölner Schlosser Franz Helm war im 16. Jahrhundert ein Experte im Bereich der Artillerietechnik. In seinem «Buch von den probierten Künsten» liess er seiner Fantasie freien Lauf. Darunter sollten Katzen und Tauben leiden.
«Ein Schloss oder Statt anzubrennen, der du sunst nicht zuokommen magst». Das ist der Titel eines Kapitels im «Buch von den probierten Künsten». Die knapp zwei Seiten in schnörkeliger Handschrift bringen eine skurrile Idee auf den Punkt: Franz Helm, ein Schlosser und Büchsenmeister aus Köln, wollte im 16. Jahrhundert aufzeigen, wie Schlösser und Burgen angegriffen werden können, an die man nicht einfach so herankommt.
Neben unzähligen anderen, neuartigen Kriegswaffen auf 400 Manuskript-Seiten beschreibt Helm auch die Idee, Tiere für einen Kriegseinsatz zu rekrutieren. Und das klingt dann in schönstem Frühneuhochdeutsch so:
Plan A: Die Feuerkatze
«Mach ein klein stecklein wie zu einem fewer pfeÿl [...] und thue vornen in die spitzen ein wenig Rösth pulver», schreibt Helm. Anschliessend noch mit «trägem Pulver» auffüllen, Zunder anbringen und die ganze Bombe mit Pech und Schwefel überziehen.
Nun soll der geneigte Kriegsherr sich irgendwie eine Katze besorgen, die innerhalb der Burgmauern zu Hause ist und ihr das Stecklein «auff den Rucke» binden. «Zunde es an und lass wol gluen, unnd darnach die katzen lauffen, [...] dem schloss oder statt zue, [...] wo sie in schwerem hewe oder stro find, wuoret es von ir angezundt.»
Die mit der Brandbombe ausgerüstete Katze (auf dem Bild oben trägt sie ein hübsches Raketenrucksäckchen) sollte also vom Angreifer ein wenig drangsaliert werden, damit sie sich aus lauter Angst schnellstens davonmacht, zurück in die Stadt, und sich dort idealerweise in einem Strohhaufen verkriecht. Dieser wiederum sollte tunlichst Feuer fangen und die ganze Stadt in Schutt und Asche legen.
Ob dieser Plan jemals angewandt wurde geschweige denn funktioniert hat, ist eher fraglich und «Tierwelt Online» nicht bekannt. Aber «glücklicherweise» hatte Franz Helm in seinem teuflischen Pyromanen-Kompendium noch eine zweite Waffe auf Lager:
Plan B: Die Bombentaube
«So gedennck ein tauben zu fahen, die darein gewont», schlägt Helm vor. Eine Taube fangen, die im Schloss wohnt also. Auch sie soll mit einem Mini-Brandsatz, ähnlich demjenigen der Katze, ausgerüstet werden. «Binde es der dauben vast mit dem dickentaÿl ane die flugell, als das die spitz hinden fure die dauben gehert, zunde den Zunder ane und lass die dauben fliegen.» So einfach geht das.
Was die Taube dann im Schloss für ein Unheil anrichten soll, führt Helm hier nicht aus und überlässt es der Fantasie der entzückten Kriegsherren im 16. Jahrhundert. Während die Katzenbombe jedoch vermutlich nie zur Anwendung kam, hat Helm mit der Kriegstaube doch eine Vision gehabt, die – viel viel später – beinahe umgesetzt wurde.
Eine Frage des Vertrauens
B.F. Skinner ist bis heute einer der berühmtesten Psychologen der Welt. Sein Spezialgebiet: Die Verhaltensforschung. Mittels positiver Verstärkung dressierte er unzählige Tauben: Pickten sie an der richtigen Stelle, erhielten sie Futter. Die Tauben lernten so gut, dass sie sogar gegeneinander Tischtennis spielen konnten. Im Zweiten Weltkrieg sollte schliesslich seine Stunde schlagen: Skinner wollte eine Lenkrakete entwickeln, deren Pilotin eine Taube ist. Genau. Eine Taube.
Die Taube sollte während des Flugs vorne in der Fernrakete sitzen (sie musste also nicht einmal selber fliegen und konnte sich ganz aufs Pilotieren konzentrieren) und durch drei runde Fenster nach draussen schauen. Nun war die Pilotin so dressiert, dass sie immer auf dasjenige Fenster einpickte, wo das Ziel – etwa ein feindliches Schlachtschiff – zu sehen war. Dadurch wurde die Rakete immer auf Kurs gehalten und die Taube flog in quasi allen Simulationen zielsicher das angepeilte Schiff an.
Dass das Projekt schliesslich im Ernstfall doch nicht zum Einsatz kam und daher keine Taube als pilotierende Kriegsheldin sterben musste, lag also nicht an den Vögeln. Vielmehr scheiterte das Projekt an der US-Militärführung, die es schlicht nicht riskieren wollte, einer Taube die Kontrolle über eine Bombe anzuvertrauen.
[EXT 1]
Videobeitrag zur Piloten-Taube. Quelle: YouTube/LastSoldier1Ebenfalls nicht zum Einsatz kam während des Zweiten Weltkriegs übrigens eine weitere «Tierbombe». Ganz im Stile von Franz Helm wollte das US-Militär Brandbomben in feindliche Städte einfliegen lassen. Diesmal war das Ziel nicht ein Schloss, sondern die Dachböden von japanischen Gebäuden.
Das Tier der Wahl für diese Aktion war die Fledermaus. Über japanischen Städten sollten sie abgeworfen werden. Kleine, zeitgesteuerte Brandsätze, die an den Fledermäusen befestigt wären, sollten explodieren, nachdem sich die Tiere in den Dachböden und Giebeln der Häuser eingenistet hätten.
Dies sollte Feuer und Chaos bei den Japanern säen. Blöd nur, dass in den Tests der Wagen eines US-Generals und ein Hangar in Flammen aufgingen, nachdem ausgerüstete Fledermäuse aus Versehen freigelassen wurden. Die Bomben wurden daher nie im Einsatz genutzt.
Maulwurf, Taube und Superschaf
Eine eher humoristische Note, die aber durchaus an den Pyro-Pionier Franz Helm erinnert, dürfte vielen Computerspiele-Fans ein Begriff sein. Das Spiel «Worms» ist Kult unter Game-Liebhabern. Darin geht es darum, mit einer Armee (bestehend aus Würmern) eine gegnerische Armee (ebenfalls bestehend aus Würmern) zu besiegen.
Auf diesem fiktiven Schlachtfeld darf der Spieler tatsächlich so skurrile Erfindungen wie «Briefbombentauben» oder «Maulwurfbomben» ausprobieren. Unbestrittener Favorit der «Worms»-Fans ist jedoch eine andere tierische Waffe: Das Superschaf.
[EXT 2]
Wurm besiegt Wurm mit dem Superschaf. Quelle: YouTube/c0o1Dieser Artikel wurde automatisch auf unsere neue Website übertragen. Es kann daher sein, dass Darstellungsfehler auftreten. Diese können Sie uns mit folgendem Formular melden. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
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