Buchtipp
Ein grotesker Blick auf Tiere
Ein zwinkerndes Auge schwebt in «Zipperts Tierleben» stets über allem. Doch trotz aller Absurditäten beweist der ehemalige «Titanic»-Chefredaktor eine hervorragende Beobachtungsgabe in seinen tierischen Glossen.
Mit Sätzen wie «Die Mehlmotte ist das Segelflugzeug des kleinen Mannes» oder «Auf den Malediven sollte es meiner Meinung nach nur sehr bunte und sehr laute Vögel geben, deren Farbenpracht uns die Sinne verwirrt» bringt Hans Zippert seine Leserschaft zum Schmunzeln und zum Stutzen, aber er macht sie auch neugierig.
Irrwitzige Thesen über uns allen bekannte Tiere denkt er zu Ende. Absurd, aber kohärent, so baut er seine Kurzgeschichten im Buch «Warum Regenwürmer nicht zuhören und Eichhörnchen schlecht einparken» auf. Immer wieder verleiht er Tieren menschliche Züge, unterstellt ihnen fiese Gedanken und böse Motivationen.
«Die Wespe hält sich mit ihrem grossen Auftritt zurück, bis der Sommer fast vorbei ist und man denkt, dass ja dieses Jahr nur sehr wenige Wespen unterwegs waren.»
Solche Unterstellungen nimmt der Leser zwar nicht ernst, doch fühlt er sich schmunzelnd dabei ertappt, wie er dem Autoren zustimmen möchte.
Hans Zippert schreibt über seine scharfen Beobachtungen aus dem Tierreich – sei es direkt vor der Haustür oder in fernen Ländern – und entschärft sie, nimmt ihnen die Ernsthaftigkeit. So ergibt sich eine locker-flapsige Anekdoten- und Gedankensammlung, die süffig zu lesen ist.
Diese Lockerheit ist allerdings auch das, was einen Lerneffekt beim Leser verhindert. Und von Zipperts Betrachtungen könnte man durchaus etwas lernen. Fast philosophische Gedanken spuckt er zuweilen aus und zerstört ihre Wirkung, indem er bereits im nächsten Satz zu Belanglosigkeiten zurückkehrt.
«Der Maulwurf ist das einzige Tier, an dem wir vor allem seine Bauwerke bewundern, die eigentlich nur Abfallprodukte seiner wirklichen Bautätigkeit sind.»
Trotz aller Tierbezüge lässt es sich der ehemalige Chefredaktor der bissigen Satirezeitschrift «Titanic» nicht nehmen, ab und an – gut getarnt – den mahnenden Zeigefinger zu heben. So handelt er etwa ab, dass Kröten am Rand von Autobahnen in Eimern gesammelt werden, um sie sicher auf die andere Seite zu bringen, damit die Kröten ihr Laichgebiet erreichen können. Dazu schreibt er: «Anscheinend zahlen wir Eimer für Eimer unsere moralischen Schulden zurück. Dafür, dass wir den Lebensraum der Kröte zerschneiden.»
Und auch einen schelmischen Blick auf die Politik kann sich Zippert nicht verkneifen und vergleicht den Eichelhäher mit dem Deutschen Bundespräsidenten:
«Er gilt als ‹Warner des Waldes›. Das ist ja eigentlich die Hauptfunktion eines Bundespräsidenten: Er mahnt und warnt und warnt.»
Aufgelockert werden die Texte durch witzige, selbst gezeichnete, Grafiken. So hat sich der Autor das wohl vorgestellt. Doch herausgekommen sind vielmehr überdrehte, willkürliche Grafiken aus Wortspielen, die sich stilistisch deutlich vom ansonsten niveauvollen Humor Zipperts unterscheiden. So fertigt er etwa eine Tortengrafik mit dem Titel wie «Die häufigsten Entschuldigungen in Kuckuckskreisen» oder ein Balkendiagramm über «Die häufigsten Verkehrsverstösse von Eichhörnchen» an.
Die Aufzählung «Tiere, die nach Obst oder Gemüse benannt wurden» beginnt mit echten Tieren wie dem Kartoffelkäfer oder dem Zitronenfalter, rutscht aber bald ins Blödelige mit Erfindungen wie «Apfeldmaus» oder «Paprikatze».
Diese «Auflockerungen» mag den Humor einiger Leser treffen, doch ist er nicht konsistent mit dem ansonsten sehr gehaltvollen Humor im Rest des Buches. Trotzdem vermögen sie nicht den guten Gesamteindruck zu schmälern. «Zipperts Tierleben» ist eine erfrischende, witzige Lektüre für alle, die herausfinden wollen, wieso das Kaninchen das optimale Wappentier wäre.
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Hans Zippert: «Warum Regenwürmer nicht zuhören und Eichhörnchen schlecht einparken. Zipperts Tierleben», gebunden, 168 Seiten, Verlag: Kosmos, ISBN: 978-3-440-12191-7, ca. Fr. 10.-
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