Vom Fressen besessen
Warum Labradore so verfressen sind
Die meisten Labradore haben eine unbändige Fresslust. Daran ist zum Teil eine Genmutation schuld, die den Schalter ständig auf Hunger stellt. Für Halter ist dies eine Herausforderung. Alternative Belohnungen und frühzeitige Futtererziehung können helfen.
In Labradorhalterkreisen ist es längst bekannt: Geht es um Futter, ziehen die Hunde alle Register. Auf der Suche nach möglichen Ursachen für diese schier unbändige Fresslust ist Eleanor Raffan, Kleintierspezialistin und Forscherin an der englischen Cambridge Universität, bei den Genen fündig geworden. «Eine Variation des sogenannten POMC-Gens steht in Zusammenhang mit Gewicht, Fettleibigkeit und Appetit beim Labrador und bei Flatcoated Retrievern.»
Das Gen ist verantwortlich für die Bildung des Eiweissstoffes POMC (Proopiomelanocortin), der bei Hunden und Menschen im Fettstoffwechsel eine Rolle spielt und die Wahrnehmung von Hunger- und Sättigungsgefühl reguliert. «Normalerweise wird so das Bedürfnis nach Futter reduziert, sobald eine Gewichtszunahme erfolgt ist. Das mutierte Gen jedoch unterbricht diesen Mechanismus», erklärt Raffan. Die Gedanken der Hunde kreisen förmlich ständig ums Essen, da sie kein lang anhaltendes Sättigungsgefühl spüren. Wie ein vierbeiniger Staubsauger nehmen sie alles Essbare auf. «Das erklärt, warum Labradore im Vergleich zu anderen Rassen mehr zu Übergewicht neigen.»
Wo Fresslust Sinn macht
Das sei insofern wichtig, als dass in einer anderen Studie bei übergewichtigen Labradoren eine kürzere Lebensspanne von bis zu zwei Jahren nachgewiesen wurde. Laut Raffan kommt die Mutation bei rund einem Viertel aller Labradore in England vor. «Somit ist es eine gängige Genvariante bei den Labradoren.» Wie viele Tiere weltweit betroffen sind, weiss die Veterinärwissenschaftlerin nicht. Sie vermutet die erste Mutation im Ursprung der Rassen. Denn keine der anderen getesteten 38 Hunderassen, darunter auch vier weitere Retriever-Rassen, sei betroffen. Der St. John’s Wasserhund aus Neufundland half Fischern, die Netze im eiskalten Wasser einzutreiben. Ein knochenharter Job, der nur mit ausreichend grosser Futteraufnahme ausgeführt werden konnte. Grosse Fresslust ergab für diese Arbeit Sinn. Zum Problem wurde sie wohl erst, als die Gene mit dem modernen Lebensstil kollidierten.
Für Thomas Schär, Leiter der Zuchtkommission beim Retriever Club Schweiz RCS, ist eine solche Genmutation aus heutiger Sicht deshalb nicht mehr angebracht. «Ein übergewichtiger Hund passt absolut nicht in das Bild eines Hochleistungssportlers.» Wie alle Retrieverrassen ist der Labrador nämlich ein Jagdgebrauchshund. «Der Wille zum Gefallen ist sein Antrieb, die gewünschten Arbeiten auszuführen», erklärt Schär. «Speziell der Labrador ist über Futter sehr gut zu motivieren.»
Aufgrund seiner Loyalität, Intelligenz und seinem Bedürfnis zu gefallen wird er gerne als Assistenzhund eingesetzt. Insbesondere stark futtermotivierte Tiere scheinen bevorzugt ausgewählt zu werden. So konnte Raffan gleich bei zwei Drittel aller getesteten Labrador-Assistenzhunden die Mutation nachweisen. Ein zweischneidiges Schwert: Die genetisch bedingte Fresslust macht die Tiere leichter trainierbar – aber eben auch anfälliger für Fettleibigkeit.
Leckerlis miteinberechnen
Dennoch halten es Thomas Schär und Eleanor Raffen für falsch, die Rasse als verfressen abzustempeln. Nicht nur die Genetik sei an einem Nimmersatt schuld. «Auch wenn Labradore die Rasse mit der grössten Futtermotivation sind, so gibt es teils grosse Unterschiede innerhalb der Rasse», räumt Raffan ein. Viele Tiere – auffällig viele braune Labradore – seien auch ohne Mutation übergewichtig und fresslustig. Ebenso wie es Hunde gebe, die trotz der Mutation schlank sind, sagt die Forscherin. «Betroffene Labradore suchen nur häufiger nach Fressbarem als ihre Artgenossen. Sind ihre Halter wachsam, nehmen die Hunde auch nicht zu.»
Thomas Schär empfiehlt, die Fütterung dem Alter, den Bedürfnissen und dem Idealgewicht des Hundes anzupassen sowie für ausreichend Bewegung und Beschäftigung zu sorgen. «Viele Hundebesitzer vergessen jedoch, dass sie auch die bei der Arbeit verabreichten Belohnungen in die tägliche Futterration einberechnen müssen. Die zusätzlichen Kalorien setzen dann als Fett im Körper an.» Zum Glück freut sich der Labrador laut dem Rassenexperten genauso über
alternative Belohnungen. «Lobende Worte, Streicheleinheiten oder Spielen können ebenfalls gut eingesetzt werden.»
Um einen vierbeinigen Nimmersatt am unkontrollierten Fressen zu hindern, rät der Fachmann zur frühzeitigen Futtererziehung. Gerade beim Labrador sei jegliche Erziehung seinem Naturell entsprechend einfach. «Am besten fängt man damit bereits im Welpenalter an. Wichtig ist hierbei vor allem, dass alle Familienmitglieder dieselben Kommandos verwenden und diese unbedingt auch konsequent einhalten.»
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