Scheckenkaninchen
Farbtupfer machen jeden Engländer einzigartig
An Ausstellungen werden häufig jene Tiere von Besuchern als besonders schön bezeichnet, deren Fell mit Farbtupfern, sogenannten Schecken, versehen sind. Eine dieser Rassen ist die Englische Schecke.
Mit 43 Rassen und vielen Farbenschlägen mit kurzem bis langem Haar gibt es heute für jeden Kaninchenliebhaber die passende Rasse. Und doch sind es häufig die Schecken- oder Zeichnungstiere, die nach Aussagen von vielen Ausstellungsbesuchern die schönsten Kaninchen sind. So wie etwa die Englischen Schecken.
Alle Kaninchenrassen gehen auf Mutation der Erbanlagen für Farbe und Kombinationen verschiedener mutierenden Erbanlagen zurück. Betrachtet wurden diese Anlagen bereits in den Kaninchengärten französischer Kloster der spätrömischen Kaiserzeit. Vor allem die Engländer importierten mit Vorliebe Ausnahmeerscheinungen unter den Kaninchenrassen. Und sowohl in Frankeich als auch in England erschienen 1854 und 1870 Werke, die auf die Scheckungstiere hinwiesen, aus denen die Papillons, wie man die schmetterlingsartige Fellzeichnung rund um die Nase der Kaninchen bezeichnet,
erzüchtet wurden.
Die ersten schwarz-weiss primitiv gefleckten Tiere wurden 1885 auf einer Ausstellung in England gezeigt. Aus englischen Zuchten kamen kurz vor der Jahrhundertwende Tiere in die Schweiz. Anerkannt sind die Englischen Schecken seit 1900. 2016 feierte der Klub sein 100-jähriges Bestehen.
Jedes Dritte hat Scheckenzeichnung
Sämtliche Punkteschecken sind spalterbig, das heisst, dass sie sich in je ein Drittel Schecken, Vollfarbige und Weisslinge (Schnäuzer) aufteilen. Dies ist ein Durchschnittswert bei über 100 Würfen. Das macht die Scheckenzucht zur wohl grössten Herausforderung für den Züchter. Und selbst für routinierte Züchter ist und bleibt es auch nach dem 500. Wurf noch immer spannend. Bei jeder Nestkontrolle wechseln sich die Gefühle ab von himmelhochjauchzend bis bitter betrübt.
Was beim letzten Wurf noch prima funktioniert hat, kann nun ein Flop werden. Es gibt kein allgemein verbindliches Schema, wie sich die Schecken-Rassen am besten züchten lassen. Die Zucht ist sehr individuell und bedarf zweier grundlegender Voraussetzungen: Wichtig sind die züchterische Erfahrung, Grundlagenkenntnisse der Genetik, ein gutes Fingerspitzengefühl für die Zusammenstellung von Paarungen und letztlich auch für den Eintausch von Zuchttieren.
Beim Englischen Schecken handelt es sich um eine kleine Rasse mit Tupfen-Zeichnung. Der Typ wird umschrieben mit einer guten Haltung und länglich gezogenem Körperbau. Das Idealgewicht wird mit 2,7 bis 3,1 Kilogramm angegeben. Die Ohrenlänge beträgt 10,5 bis 11,2 Zentimeter. Wie bei allen Rassen ist der Körperbau die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zucht. Das bezieht sich auch auf das Fell, das eine Deckhaarlänge von 26 bis 30 Millimeter aufweisen soll. Gezüchtet werden die Englischen Schecken in den Farben Madagaskar, Schwarz und Blau.
Das Hauptaugenmerk der Rasse ist die Zeichnung, die in Kopf- und Rumpfbereich mit je 15 Punkten aufgeteilt und bewertet wird. Die Kopfzeichnung besteht aus dem sogenannten Schmetterling, Backenpunkten, Augenringen und Ohrenansatz. Bei der Kopfzeichnung ist es möglich, durch konsequente Auslese diese standardgerecht zu züchten. Hier duldet die Auswahl keine Kompromisse.
Kein Kaninchen ist wie das andere
Etwas anders sieht es bei der Rumpfzeichnung aus: Diese zu festigen, ist kaum möglich. Zwar gibt es da einige Grundvoraussetzungen wie Nackenfleck und die Breite des Aalstriches, trotzdem ist die Seitenzeichnung meistens ein Glücksgriff. Das macht die ganze Zucht so spannend: Kein Tier ist wie das andere. Das bringt jedoch auch Schattenseiten mit sich. Wie bei allen Zeichnungsrassen ist der Anteil der nicht ausstellungsfähigen Tiere sehr hoch. Da heisst es: sehr viel züchten und sehr viel schlachten. Dass dadurch Zeichnungen und Punkte zu unerlaubten Manipulationen verleiten, ist leider eine Tatsache.
Einer, der die Faszination für die Englischen Schecken wie kaum ein anderer lebt, ist Züchter Paul Hofstetter von Wolfertswil SG, seit 1947 im Verein Kleintiere Flawil und seit 1953 Mitglied des Englischschecken Klubs. Seit rund 50 Jahren züchtet er schwarze Schecken und ist auch noch heute mit vollem Ehrgeiz dabei. All seine Erfolge aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen, seine Ställe sind mit seiner Lieblingsrasse gefüllt und von ausgezeichneter Qualität.
Kaum Zeichnungsfehler am Kopf
Hofstetter legt bei seinen Tieren grossen Wert auf den Körperbau. Nur mit super Körperbau und gesunden Tieren lässt sich eine stabile Zucht aufbauen, so sein Credo. So kann er nicht verstehen, dass in jüngster Zeit mehrfach an Rammlerschauen trotz gleichwertiger Konkurrenz Tiere mit neun von zehn möglichen Punkten im Körperbau Rassensieger wurden oder sogar Sieger über eine ganze Schau. Ein weiteres Augenmerk legt er auf die Kopfzeichnung. So gibt es in seinem Bestand kaum ein Tier mit einem Zeichnungsfehler am Kopf. Schmetterlinge, die nicht grosszügig auf die Unterlippe gehen, dürfen nicht sein; dieser Fehler vererbt sich hartnäckig. Bei der Seitenzeichnung kann man dann mal eher ein Auge zudrücken. Hofstetter, eine Englisch-Schecken-Legende schon zu Lebzeiten, gibt jungen oder neuen Züchtern gerne Tiere ab und ist für gut gemeinte Ratschläge immer zu haben.
Englische Schecken sind bestimmt keine einfach zu züchtende Rasse. Viele erfolgreiche Züchter sind keine Massenvermehrer und verfahren mehr oder weniger nach ihrem recht einfachen, aber erfolgreichen Konzept, wie das Beispiel von Paul Hofstetter zeigt. Züchten heisst, in die Zukunft denken. Erfolge brauchen Geduld und sind nur in kleinen Schritten zu erreichen. Bei aller Freude an den Englischen Schecken, die an Ausstellungen präsentiert werden, darf nicht vergessen werden, was dahintersteckt: viel Arbeit, Können, Ausdauer und ein wenig Glück.
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