Müll gehört nicht auf die Weide
Obacht auf das liebe Vieh: Die Kuh und das Plastik
Die letzten schönen Herbsttage laden am Wochenende zum Wandern ein. Aber bitte mit Rücksicht: Achtlos weggeworfener Müll kann für Kühe eine tödliche Gefahr sein. Andererseits könnten Bakterien aus ihren Mägen eine Hilfe sein beim Abbau der Plastikberge.
Der Hof der Familie Peterhans und die Weiden, auf denen an diesem Morgen ihre Kühe grasen, liegen ausserhalb Fislisbachs im Aargau an der Strasse von Baden nach Mellingen. Am Badener Stadtrand hat es einen McDonald’s und am Bahnhof Mellingen-Heitersberg einen sieben Tage geöffneten Tankstellenshop – Sinnbilder des modernen Unterwegskonsums mit Auswirkungen. «Wenn sie auf der Höhe unserer Weiden ankommen, haben viele bereits gegessen und getrunken», sagt Daniel Peterhans. Statt Becher und Verpackungen zu Hause oder im Kübel zu entsorgen, werfen die Menschen sie aus dem Auto hinaus.
Landwirte und Bauernverbände kämpfen seit Jahren gegen Littering. Wer über Land fährt oder spaziert, kann die Kuh-Plakate mit den Aufschriften «Abfall macht mich krank» oder «Ich esse lieber Gras statt Müll. Danke» eigentlich nicht übersehen. Gebessert hat sich die Situation dennoch kaum.
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Scharfe Gegenstände verletzten die Magenwand
Auch Peterhans findet vieles: Plastiksäckli mit Becher und Burgerpapier, Aludosen, PET-Flaschen, Zigaretten-Päckchen und Plastikverpackungen. «Die Gemeinde Fislisbach schaut immer wieder der Strasse entlang nach, und wir suchen die Grundstücke vor jedem Mähen nach Abfall ab», sagt Peterhans. Auch das gemähte Gras kontrolliere er vor dem Häckseln nochmals. Aber kleinste Teile könnten immer durchrutschen.
Was zerhäckselt unsichtbar in der Silage verschwindet, ist eine Gefahr für Kühe. Beim Heraufwürgen des Futters zum Wiederkäuen zieht sich der Magen so stark zusammen, dass spitze und scharfkantige Gegenstände die Magenwand durchstechen können. Mageninhalt strömt in die Bauchhöhle und es kommt zu Infektionen. Gegen Metall hilft ein in den Kuhmagen eingeführter, von Plastikkäfig umgebener Magnet, der die verhängnisvollen Teile anzieht und im Käfig deponiert.
«Es war klar, das kommt nicht gut.»
Bauer Daniel Peterhans
Bauer muss Kuh wegen Plastikteilchen einschläfern
Bei Alu- und Plastikteilen aber sind die Tierärzte oft machtlos. Diese leidvolle Erfahrung machte Peterhans vor einigen Monaten. Eines Morgens habe er festgestellt, dass eine Kuh, die eigentlich gesund und gut im Schuss war, schlecht gefressen habe. «Sie hatte aber kein Fieber und ihr Euter war gesund.» Doch sie frass auch am Morgen nicht und hatte offensichtlich starke Schmerzen. Tierarzt und Landwirt hatten schnell den Verdacht, dass sie einen Fremdkörper in sich trug – aus Alu oder PET, weil der Magnet nicht half. «Als auch die medikamentöse Behandlung nicht anschlug, war klar, das kommt nicht gut», sagt Peterhans. Um sie von ihren Schmerzen zu erlösen, liess er die Kuh einschläfern.
«Plastik sehen wir weder im Röntgen noch im Ultraschall, da es sich in der Röntgendichte nicht vom restlichen Futter unterscheidet», umreisst Christian Gerspach, Leiter des Departements Nutztiere am Tierspital Zürich, das Problem. Grosse Teile können zu Darmverschlüssen führen oder die Übergänge von einem Magen in den anderen verstopfen. Bleibt Plastik hängen, kann sich der Pansen nicht entleeren. Kleine zerhäckselte Stücke aber würden im Normalfall ausgeschieden.
Pansen kann bei Plastikabbau helfen
Die Krux am Plastik ist, dass es sich – auch im Kuhmagen – nur sehr langsam zersetzt. Davon zeugen wachsende Abfallberge auf dem Land und in den Ozeanen. Bei der Bekämpfung des Plastikmülls könnten aber Bakterien aus Rindermägen einen Nutzen haben, wie Wiener Forschende um die Chemikerin Doris Ribitsch herausfunden haben. Im Pansen sorgt eine riesige mikrobielle Gemeinschaft für die Verdauung. Ribitsch vermutete, dass einige dieser biologischen Aktivitäten auch für die Aufspaltung von Plastiksorten genutzt werden könnten.
Im Labor tauchte sie PET und zwei biologisch abbaubare und recycelbare Kunststoffe in ein Bad mit Pansenflüssigkeit, die ihr ein Schlachthof geliefert hatte. Das Ergebnis: Die drei Plastikarten waren recht bald zerlegt. Da täglich viel Pansen in den Schlachthöfen anfalle, könne der Prozess auch industriell umgesetzt werden, ist Ribitsch überzeugt.
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