Zoo-Besucher müssen schon etwas suchen, um die Weissknievogelspinne zu finden. Im Zoo Basel hat sie ihr Zuhause im neu eingerichteten «Terrarium 61» und verbringt die meiste Zeit in einer Höhle. Es muss also davon ausgegangen werden, dass sie schon den Höhlenmenschen vor Urzeiten bekannt war. Wie der «Zolli» schreibt, gibt es Vogelspinnen nämlich schon sein 350 Millionen Jahren. Damals war Europa noch Teil einer zusammenhängenden Landmasse, des Ur-Kontinents, der heute «Pangäa» genannt wird. 

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 Links unten: Vogelspinne gegen Kolibri.
 Bild: Maria Sibylla Merian (1705)

 

Heute lebt die Weissknievogelspinne (Acanthoscurria geniculata) in brasilianischen Regenwäldern, wo sie sich am liebsten unter Wurzeln oder Steinen versteckt und alles frisst, was nicht viel grösser als sie ist: Vor allem Insekten, aber auch mal kleine Nagetiere und Schlangen oder Jungvögel. Ihren Namen verdankt die Vogelspinne letzterem und auch einem Kupferstich der Naturforscherin Maria Sibylla Merian. Dieser zeigt, wie eine grosse Spinne auf einem Ast sitzend einen Kolibri verspeist (siehe Bild).

Nur: Wie schaffen es die Vogelspinnen, so grosse Beute zu fressen? Anders als etwa Schlangen verspeisen sie ihre Beute nicht als Ganzes, sondern – das haben alle Spinnen übrigens gemein – «verdauen» sie schon vor dem Fressen. Dazu schlagen sie ihre Beissklauen ins Fleisch ihres Opfers und lassen Gift in die Wunde dringen. Dieses zersetzt den Körper der Beute von innen. Der Kolibri wird letztlich nur noch «ausgeschlürft». Für Menschen ist das Vogelspinnengift allerdings in den allermeisten Fällen nicht gefährlich, sondern nur schmerzhaft.

Spinnen wollen nicht flauschig sein
Neben dem Fakt, dass Vogelspinnen einen giftigen Biss haben, dürfte auch ihre Behaarung zu ihrem schlechten Ruf bei vielen Menschen beitragen. Was bei Büsi, Hund & Co. noch kuschelig-flauschig wirkt, löst bei Insekten und Spinnen eine gegenteilige Reaktion aus. Doch für die Vogelspinne ist ihre Behaarung weder Zier noch Wärmespender, sondern das wichtigste Sinnesorgan.

Zwar können die Tiere mit ihren acht kleinen Augen gut sehen, doch sind ihre Haare zu diesem Zweck noch wichtiger. Und nicht nur zu diesem Zweck: Es gibt Tasthaare, Haare zum Hören, zum Riechen und Haare zum Schmecken.

Angriff ist die beste Verteidigung
Die exotischsten Haare der Vogelspinne jedoch sind die Brennhaare auf ihrem Hinterleib. Diesen verdanken viele amerikanische Vogelspinnen die Bezeichnung «Bombardierspinnen». Und das ist nicht übertrieben. Wenn sie sich bedroht fühlen, schleudern sie nämlich mit ihren Hinterbeinen Haare von ihrem Hintern auf ihre Gegner. Gelangen diese Reiz- oder Brennhaare in die Augen, auf die Haut oder in die Schleimhäute ihres Feindes, verursachen sie durch winzige Widerhaken bisweilen schmerzhafte Entzündungen.

Menschen verden nur höchst selten von Vogelspinnen gebissen. Vermutlich weiss das Tier, dass ein ausgewachsener Mensch zu gross zum fressen ist. Viel eher würde sie ihre zweite «Giftwaffe» anwenden, denn sie kommt nicht im Angriff zum Einsatz, sondern in der Abwehr von Angreifern. Und für einen solchen könnte die Spinne einen Menschen durchaus halten. Das Argument «von hinten beisst sie nicht» ist bei den amerikanischen Vogelspinnen also nicht gültig.