Norwegische Waldkatzen
Die anhänglichen Wilden aus dem Norden
Daniela Gallati züchtet Norwegische Waldkatzen. Sie ist fasziniert vom wilden Aussehen und dem aufgeschlossenen Charakter der Katzenrasse.
Mit seinem dichten, dunklen Pelz ist Nahil eine wahre Erscheinung. Die Norwegische Waldkatze mustert die Besucher einen kurzen Moment, springt dann elegant auf das kleine Gartentischchen und verschwindet durch die Katzenklappe. Nahil ist einer von Daniela Gallatis vier imposanten Zuchtkatern. Ihr Reich in Wald ZH ist ein umgebauter Holzschuppen mit vielen Versteck- und Spielmöglichkeiten. Es riecht nach Raubtier. Ein hohes Piepsen, das mehr nach Maus als nach Katze tönt, zieht die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Wenig später streift Kater Nahil ihnen bereits neugierig um die Beine und verlangt nach Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten. Aus dem eleganten Raubtier ist innert Sekunden ein verschmuster Charmeur geworden.
«Ein Katzenmensch war ich schon als Teenager. Aber als ich vor 19 Jahren an einer Katzen-Ausstellung zum ersten Mal eine Norwegische Waldkatze gesehen habe, war ich sprachlos beim Anblick dieses Wahnsinnstiers», erinnert sich Gallati. Die Katzenrasse faszinierte sie sofort. «Ihr Aussehen hat etwas Ursprüngliches, Wildes, mit dem langen Fell, den Fell-Büscheln an den Ohren, dem markanten, geraden, dreieckigen Kopfprofil. Die Norwegische Waldkatze wirkt noch relativ naturbelassen und nicht wie einige andere Rassen kaputtgezüchtet», sagt die 51-Jährige. Gleichzeitig hätten die Tiere einen tollen Charakter und seien neugierig und aufgeschlossen – auch Fremden gegenüber. «Und sie sind total verschmust, sanft und liebevoll.»
Trotz ihres wilden Aussehens stammt die Norwegische Waldkatze wie alle Hauskatzen nicht von der europäischen Wildkatze ab. Vermutet wird, dass während der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert Katzen aus Mittel- und Osteuropa in den Norden gebracht wurden, indem sie auf Schiffen als Mäuse- und Rattenfänger gehalten wurden. Einige entwichen und begannen sich an das raue Klima Skandinaviens anzupassen. Sie musste gegen klirrende Kälte und durchdringende Nässe geschützt sein, das Fell durfte nicht verfilzen und sie bei der Jagd nicht behindern. Zudem musste sie sich im Schnee und auf Felsen gut bewegen können. So bildeten sich über Jahrhunderte hinweg die Merkmale der Norwegischen Waldkatze heraus, die dichte Unterwolle, das glatte, wasserabstossende Deckhaar und die «Schneeschuhe» genannten, langen Haarbüschel zwischen den Zehen.
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«Action und Stress pur»
Anfang der 1930er-Jahre begannen norwegische Züchter die planmässige Zucht der Waldkatze; 1972 wurde sie als eigenständige Rasse akzeptiert. 1983 kamen die ersten Tiere für eine Ausstellung in unser Land und mittlerweile hat die Schweiz selber ein «bemerkenswertes Potential an eigenem Zuchtmaterial», wie die Interessengemeinschaft der Norwegischen Waldkatzenzüchter und -Liebhaber der Schweiz IGNS über die Geschichte der Waldkatze schreibt.
Gallati ihrerseits züchtet seit 2005 selber. «Ich kaufte nach der Ausstellung eine Norwegische Waldkatze nach der anderen. Bei meiner fünften dachte ich, dass es schön wäre, wenn sie einmal Kätzchen bekommen würde.» Mithilfe des Züchters jener Katze hat Gallati begonnen, Stammbäume zu studieren und einen geeigneten Kater für die Kätzin zu suchen. Bei einem einzigen Wurf ist es nicht geblieben. Heute leben bei Gallati vier potente Kater, fünf unkastrierte Kätzinnen, sechs kastrierte ältere Katzen sowie ein halbjähriges Nachwuchsweibchen in ihrem alten Bauernhaus. «Ich plane ein bis zwei Würfe pro Jahr», erzählt sie. Mehr liege neben ihrer Hundert-Prozent-Tätigkeit als Personalfachfrau zeitlich nicht drin.
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Während die Kätzinnen im Haus leben, hat Gallatis Mann für die Kater den Holzschuppen nebenan zu einer zweistöckigen Katervilla umgebaut. «Der Katergeruch im Haus wäre nicht auszuhalten.» Zudem wüssten die Kater jeweils deutlich vor ihr, wenn eine Kätzin rollig sei: «Das hat man nur schwer unter Kontrolle, wenn man nicht 24 Stunden pro Tag aufpasst.» Sie erinnert sich an ihren Zuchtbeginn, als ein Kater bei ihr im Haus lebte. «Ich hatte fünf Würfe in einem Jahr, insgesamt
23 junge Kätzchen. Das war Action und Stress pur», erinnert sie sich heute lachend und fügt an: «Das ist mir nur einmal passiert!»
Am Züchten mit der Norwegischen Waldkatze gefällt ihr insbesondere die farbliche Vielfalt. «Es gibt so viele Kombinationsmöglichkeiten, es ist fast alles erlaubt.» Im Moment würden Norwegische Waldkatzen vermehrt auf einen besonders langen Kopf hingezüchtet, und auf immer grössere Ohren, «wie Fledermäuse». Diese Tendenz gefällt Gallati aber nicht besonders. «In meiner Zuchtarbeit fördere ich extreme Merkmale nicht.»
SteckbriefTyp: Mittelgross bis gross, langer kräftiger Körperbau. Hochbeinig.
Fell: Halblanges, dichtes doppellagiges Fell mit Unterwolle. Im Winter viel dichter und länger als im Sommer, mit Halskrause, langem Fell am Bauch und Schwanz sowie «Knickerbockers» an den Hinterbeinen. An den Pfoten zwischen den Zehen lange Haarbüschel.
Farbe: Alle Farben sind erlaubt inklusive aller Farben mit Weiss mit Ausnahme von Pointed-Abzeichen, chocolate, lilac, cinnamon und fawn.
Gewicht: Kater: 5 bis 9,5 Kilo, Katze: 4 bis 7,5 Kilo (in Ausnahmefällen bis zu 12 Kilo)
Augen: Gross und oval, leicht schräg gestellt. Alle Farben erlaubt.
Ursprung: Norwegen
Bewegungsdrang: Lebhaftes Temperament. Sprunggewaltige Kletterkünstler, gute Jäger.
Kontaktfreudigkeit: Anhänglich, verschmust und verspielt. Sehr gesellig auch mit anderen Tieren. Braucht kätzische Gesellschaft mit ähnlichem Temperament.
Kommunikation: Zeigt Zuneigung mit Köpfchengeben und gurrend zirpenden Lauten.
Kinderfreundlichkeit: Freundlich und tolerant
Wohnungseignung: Bei passender Einrichtung (stabile Kratzbäume, Klettermöglichkeiten, erhöhte Aussichtspunkte, gesicherte Fenster und gesicherter Balkon).
Pflegeaufwand: mässig – Regelmässig kämmen und bürsten, insbesondere während dem Fellwechsel.
Rein rassentypische Krankheiten gebe es hingegen nicht. Der Genpool der Norwegischen Waldkatze in der Schweiz, in Europa und weltweit sei gross, wodurch es genügend starke Stammbäume gebe. «Enge verwandtschaftliche Verpaarungen können problemlos vermieden werden.» Die Norwegische Waldkatze kann sehr gut springen, ist eine hervorragende Jägerin und hat einen grossen Kletterdrang. Die Katzen und Kater werden durchschnittlich 12 bis 15 Jahre alt, Gallatis bisher älteste wurde knapp 17 Jahre alt.
Glückliche und traurige Momente
Ein Norwegisches Waldkätzchen kostet bei Gallati 1300 Franken, was dem «unter Schweizer Züchtern üblichen Preis» entspricht. Das Tier ist dann gechipt, mehrfach geimpft und entwurmt und hat einen Stammbaum. Gallati ist beim Verkauf äusserst vorsichtig und sucht die neuen Lebensplätze der jungen Büsi sorgfältig aus. «Die Kätzchen sind ja keine Ware.» Sie bespricht mit den Interessenten, wie die Wohnung oder das Haus katzengerecht gemacht werden kann. Freilauf abseits vom Strassenverkehr oder ein eingezäunter Garten sind ideal. Bei Wohnungshaltung brauche es zum Beispiel einen Kletterbaum und verschiedene Aussichtsmöglichkeiten in der Höhe und einen gesicherten Balkon zur Unterhaltung.
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Gallati bringt jedes einzelne Büsi persönlich in sein neues Zuhause. «Das ist meine Rückversicherung, dass der Ort auch tatsächlich wie besprochen aussieht.» Ums Geld geht es ihr nicht: Der Preis für ein Kätzchen ist denn auch nur knapp kostendeckend, Einrichtungen und Investitionen für die Katzen – so wie das Katerhaus – seien nicht durch die Kätzchen-Verkäufe zu finanzieren.
Daniela Gallati fügt mit einem Lachen an: «Die Katzen sind definitiv ein Hobby für mich. Ein sehr schönes, aber auch ein zeitintensives – und teures.» Eines, das sie auch manchmal traurig mache, wenn etwa ein Kätzchen nicht überlebensfähig auf die Welt komme. Oder wenn eine Katze eine unheilbare Krankheit habe. Und wenn man eine ältere Katze gehen lassen müsse. Die traurigen Momente sollten ebenso Platz haben, sagt Gallati nun ernster. «Beim Züchten muss es Raum haben für solche Herzensmomente, glückliche und traurige. Es darf einem nie gleichgültig werden.»
Daniela Gallati und ihre Waldkatzen sind am 14. Mai auch Thema in der Sendung «Tierisch» auf Tele M1, Tele Bern und anderen Regionalsendern.
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