Kontrovers
Hunde-Euthanasie: Rechtliche und ethische Fragen
Der Fall einer Halterin, die einen gesunden Hund einschläfern lassen will, weil sie befürchtet, er könnte dereinst zubeissen, wirft Fragen auf. Die Antworten fallen ernüchternd aus.
Es war einer der grössten Aufreger für Hundefreunde auf Social Media der letzten Wochen: Eine Hundehalterin schilderte in einem Beitrag auf Facebook die Geschichte eines Hundes, den sie ein paar Wochen davor aus dem Ausland zu sich holte und damit vor der Tötungsstation in dessen Heimat rettete. Doch sein Schicksal sollte hierzulande letztlich dasselbe sein. Da er verhaltensauffällig sei und möglicherweise zu einer Gefahr für Menschen werden könnte, müsse sie ihn erlösen, so die Halterin.
Dass sie es in Erwägung zog, den noch jungen Hund deswegen einschläfern zu lassen, sorgte für entsetzte Beiträge in den Kommentarspalten. Die Halterin wurde als «Mörderin» betitelt, ein User empfahl, das Veterinäramt einzuschalten, und alle schienen sich einig: Einen Hund aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten einschläfern zu lassen, ist verboten. Eine Anfrage bei Tierrechtsexperten jedoch zeigt: Strafbar wäre der Entscheid nicht.
Die eidgenössische Tierschutzverordnung enthalte zwar eine Reihe von Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass die Tötung von Tieren möglichst schonend und fachgerecht erfolgt, sagt Gieri Bolliger, Rechtsanwalt und Geschäftsleiter der Stiftung für das Tier im Recht (TIR). So dürfen Wirbeltiere beispielsweise nur von fachkundigen Personen eingeschläfert werden, also von Tierärztinnen und Tierärzten.
Es braucht keinen triftigen Grund
Einen allgemeinen Lebensschutz für Tiere kenne das Schweizer Tierschutzrecht nicht. «Dies bedeutet, dass es aus rechtlicher Sicht keines triftigen oder vernünftigen Grundes für das Einschläfern oder auch für beinahe jede andere Tötung eines Tieres bedarf», sagt Bolliger. Eine Tiertötung sei nach schweizerischem Recht nur dann verboten, wenn sie auf qualvolle oder mutwillige Weise oder im Rahmen eines Tierkampfes geschieht. In diesen Ausnahmefällen wäre der Tatbestand der Tierquälerei erfüllt.
Aus tierethischer Sicht sei freilich jede nicht medizinisch indizierte Tiertötung bedenklich, sagt Bolliger. Ein Tierarzt sei auch nicht verpflichtet, eine Euthanasie auf Wunsch des Tierhalters durchzuführen. «Insbesondere im Falle von jungen und gesunden Tieren ist daher zu hoffen, dass ein Tierarzt den Eingriff verweigert.» Die Tötung von Tieren stelle – mit Ausnahme der Euthanasie schwer leidender Tiere – aus der Sicht der TIR generell einen inhumanen Akt dar. Bei Verhaltensauffälligkeiten eines Hundes sollte nach Ansicht von Bolliger vorgängig unbedingt seriös überprüft werden, wie erheblich diese tatsächlich sind und ob sie durch ein richtiges Training behoben werden können. Denn auch ein Veterinäramt darf das Einschläfern eines aggressiven Hundes nur dann verfügen, wenn es keine weniger einschneidende Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit gibt.
Im anfangs geschilderten Fall der Hundehalterin scheint die Empörung, die ihr auf Facebook entgegengebracht wurde, Früchte zu tragen: Die Halterin löschte den Beitrag und versicherte gemäss Angaben verschiedener Kommentarschreiberinnen, dass sie den Hund nicht einschläfern und sich stattdessen professionelle Hilfe holen werde.
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