Fast jeder zweite Haushund entwickelt ab dem zehnten Lebensjahr eine Krebserkrankung. Heute stehen bereits fast alle Methoden der Humanmedizin prinzipiell auch den krebskranken Hunden zur Verfügung. Die Krebsimmuntherapie – so nennt man die Behandlung von Tumorerkrankungen mit Antikörpern – bislang jedoch noch nicht. Doch nun Forschende des interuniversitären Messerli Forschungsinstitutes, der Vetmeduni Vienna, MedUni Wien und Universität Wien erstmals Antikörper gegen Krebserkrankungen beim Hund entwickelt.

Bei der Immuntherapie werden Patienten Antikörper als Medikament verabreicht. Da Krebszellen an der Oberfläche ganz bestimmte Antigene tragen, binden entsprechende Antikörper an diese Moleküle und hemmen damit das Tumorwachstum. Der Mechanismus, der in Kraft tritt, ist ein zerstörerisches Signal, das vom angedockten Antikörper ins Innere der Krebszelle geschickt wird und dort den Tod der Krebszelle einleitet. Auch das Immunsystem des Menschen zerstört den «markierten» Tumor besser.

Humaner Antikörper auf Hund getrimmt
Josef Singer und Judith Fazekas, beide Erstautoren der Studie, fanden heraus, dass ein Rezeptor, der häufig auf menschlichen Tumorzellen zu finden ist, mit demjenigen bei Hunden zu fast 100 Prozent identisch ist. Aufgrund der Ähnlichkeit des Rezeptors bei Mensch und Hund müsste die Immuntherapie gemäss den Forschern deshalb auch beim Hund gut funktionieren.

Damit der Antikörper möglichst gut an Hunde-Krebszellen bindet, musste der humane Antikörper zuvor im Labor auf «Hund» getrimmt werden. Der ursprünglich in der Maus produzierte Antikörper muss also der Spezies, in der er verwendet werden soll, angepasst werden. Singer und Fazekas tauschten die entsprechenden Elemente am humanen Antikörper gegen Elemente vom Hund aus. In Experimenten an Hundezellen im Labor zeigte sich, dass der neu entwickelte Antikörper tatsächlich mit hoher Spezifität an Hunde-Krebszellen bindet.

Bessere Therapie und bessere Diagnostik
Die Leiterin der Studie, Professorin Erika Jensen-Jarolim, erklärt: «Wir erwarten, dass die Hunde diese Anti-Krebs-Antikörper gut vertragen. Dies soll bald in klinischen Studien untersucht werden. Damit wird in Zukunft die Therapie, aber auch die Diagnostik krebskranker Hunde wesentlich verbessert werden.» Die Veterinärmedizinische Universität Wien will nun als weltweit erstes Zentrum immunologische Krebs-Diagnostik für Hunde anbieten können. «Besonders interessant für mich als Humanmedizinerin ist dabei auch, dass wir mit diesem Ansatz gleichzeitig Verbesserungen durchführen können, die wiederum dem Menschen zugute kommen werden», sagt Jensen-Jarolim.

Der erste derartige Antikörper für die Krebsbehandlung in der Humanmedizin wurde von der Firma Merck entwickelt. Beim Menschen wird er vorwiegend für die Behandlung von Darmkrebs eingesetzt. Die Krebsimmuntherapie wird hauptsächlich in Kombination mit Chemotherapie und Strahlentherapie angewendet. In der Veterinärmedizin soll die Immuntherapie zur Behandlung von Milchleistenkrebs beim Hund herangezogen werden, möglicherweise auch als Kombinationstherapie.