Der Tod des geliebten Haustiers ist für den Halter ein trauriger Moment. Auch wenn manche Leute den Vergleich unpassend finden – es ist der Verlust eines Familienmitglieds. Und so ist es nur verständlich, dass sich immer mehr Menschen dementsprechend von diesem Familienmitglied verabschieden wollen. 

Unerträglich ist für viele die Vorstellung, den toten Körper ihres vierbeinigen Lieblings bei der Tierkadaversammelstelle zu hinterlassen, wie Schlachtabfall entsorgt und zu Tiermehl verarbeitet. Ihnen bieten sich Tierkrematorien und -friedhöfe als Alternativen an, sie versprechen einen «würdevollen Abschied» und «helfen Ihnen über den Verlust hinweg». Das ist selbstverständlich nicht gratis, aber in dieser Gefühlslage ist einem sprichwörtlich nichts zu teuer für jemanden, den man lieb hat.

So war es auch für Roman Glanzmann aus Wegenstetten im aargauischen Fricktal, als er im vergangenen Dezember Odin, seinen 14-jährigen Husky, einschläfern lassen musste. Es habe gar keine Diskussion gegeben, sagt er, «unser Odin sollte – koste es, was es wolle – würdevoll verabschiedet werden». Die Tierärztin, die den Hund bei Glanzmann zu Hause eingeschläfert hatte, machte ihn auf das Tierkrematorium in Seon AG aufmerksam. Man hole das Tier auch ab, wenn ihm das lieber sei. Ja, das war ihm lieber. «Ich hätte es nicht geschafft, mit unserem toten Odin im Auto dorthin zu fahren.» 

In Pratteln zwischengelagert 
Kostenpunkt für Kremation und Transport: etwa 340 Franken. Morgens um 11 Uhr wurde das Tier von einem Mann abgeholt. Am Nachmittag traf Rudolf Moser, Odins Züchter bei den Glanzmanns ein. Er hatte vom Tod des Huskys erfahren und wollte ihn zu sich in den Thurgau bringen. Alle seine Hunde sollten im Tod dort sein, wo ihr Leben begonnen hatte, erklärte er Glanzmann. 

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 In diesem Container fand Roman Glanzmann seinen geliebten Hund Odin. Bild: zVg

Dieser akzeptierte schliesslich den Wunsch und rief gegen 17 Uhr in Seon an. Er wolle Odin wieder holen, um ihn im Thurgauischen kremieren zu lassen. Dann der Schock: Glanzmann erfuhr, dass man nicht wisse, wo der Hund sei. Das Krematorium beschäftige mehrere Transportleute, man müsse sich zuerst erkundigen, welcher von ihnen Odin abgeholt habe. Sie würden zurückrufen. Glanzmann war entsetzt. Noch mehr, als Seon ihm später meldete, der Hund sei in Basel, respektive in Pratteln. Er bekam die Nummer des zuständigen Transporteurs, um mit ihm die Rückgabe von Odin zu vereinbaren. 

Sie trafen sich auf einem Industrieareal in Pratteln – Glanzmann, Moser und der Transporteur. Odin lag zusammen mit einem anderen toten Hund in einem Kühlcontainer. «In einem viel zu kleinen Plastiksack», sagt Glanzmann, «richtiggehend hineingestopft.» Bis heute lasse ihn dieses Bild nicht los, es sei grauenhaft. «Weggeworfen wie ein Stück Abfall», empört sich auch Rudolf Moser. Er nahm Odin mit zu sich in den Thurgau und anderntags holte ihn der Mitarbeiter eines Tierkrematoriums in St. Margrethen ab. Dort sei er schön umgebettet und bis zu seiner Kremierung in ein Ruhezimmer gelegt worden, sagt Moser. «Das nenne ich würdevoll.»

Information mit Lücken
Sie könne sehr wohl nachfühlen, wie schwierig das alles für Herrn Glanzmann gewesen sei, sagt Esther Sager, Leiterin Kundenbetreuung im Tierkrematorium Seon. Das habe sie ihm auch gesagt, ebenso, wie leid es ihr täte, wenn der Tod seines Hundes nun mit unguten Erinnerungen verbunden sei. Sie habe ihm auch erklärt, weshalb manchmal eine Zwischenlagerung des Tiers unvermeidbar sei. In Seon würden Tiere aus der ganzen Schweiz kremiert, bis zu 350 wöchentlich, und da sei es aus ökologischer Sicht sicher nachvollziehbar, dass nicht jedes einzeln nach Seon gefahren werden könne. «Dies wäre auch mit viel zu hohen Kosten für die Tierhalter verbunden», betont Sager. 

Deshalb kämen die Tiere in sternförmig organisierten Sammeltransporten nach Seon und würden je nachdem von den Transportverantwortlichen in Kühlzellen bis zur weiteren Abholung zwischengelagert. Bis jetzt habe es deswegen noch nie Reklamationen gegeben. «In Seon werden seit 17 Jahren Tiere kremiert, und wir erhalten so viele Dankesschreiben von Kunden, weil wir ihnen beim Abschiednehmen helfen konnten und uns der würdige Umgang mit Mensch und Tier sehr am Herzen liegt.» Das zeige doch, dass die Arbeit des Krematoriums nicht so schlecht sei, wie dieser eine Fall nun glauben mache. «Ausserdem wäre auch bei uns der Hund bis zu seiner Kremierung in einen Kühlraum gekommen.» Das könne man in den Kundeninformationen nachlesen. Das stimmt, von den Zwischenlagerungen steht dort jedoch nichts.

Eine Durchsicht der Websites anderer Tierkrematorien zeigt, dass unter der Rubrik Abholung keines auf eine mögliche Zwischenlagerung hinweist. Auch das Tierkrematorium Kirchberg BE nicht, das laut Geschäftsführer Peter Imgrüt wöchentlich rund 100 Tiere kremiert. Wie er auf Anfrage versichert, gilt dort bei der Abholung die Devise: Das verstorbene Tier kommt auf direktem Weg nach Kirchberg. «Alles andere können wir, angesichts der emotionalen Lage, in der sich der Tierhalter in diesem Moment befindet, nicht verantworten.»

Wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein Tier direkt an den Bestimmungsort kommt, fragt wohl am besten beim Krema­torium seiner Wahl nach. Das empfiehlt auch Claudia Bürgi, stellvertretende Geschäftsführerin beim Tierkrematorium Derrer in Nürensdorf ZH, der ältesten Einrichtung dieser Art in der Schweiz. Bei ihnen sei so etwas wie im Fall von Odin ausgeschlossen.

«Wir fahren direkt auf Auftrag und machen weder Sammelabholungen noch Sammelkremationen.» Mit etwa 25 bis maximal 50 Tieren pro Woche seien sie ein eher kleines Institut und könnten deshalb ihrer Kundschaft einen massgeschneiderten Service bieten. «Im Vergleich mit den grossen Krematorien sind wir quasi das Tante-Emma-Lädeli.»