Das Angebot erinnert an jenes in einem Wellness-Hotel: Vollpension, Betreuung rund um die Uhr, Fitness- und Therapieraum, Salzwasserbad und Solarium. Doch im Reha- und Leistungszentrum von Ballmoos im zürcherischen Berg am Irchel entspannen sich keine überarbeiteten Menschen. Vielmehr können Renn-, Dressur- und Freizeitpferde hier Verletzungen kurieren, sich erholen und Muskeln aufbauen. Seit letztem November bieten Thomas und Bettina von Ballmoos in ihrem Rennstall diverse Therapiegeräte an. Auch Tiere, die von ihren Haltern ferienhalber in die Obhut des Pferdehofs gegeben werden, können die Angebote nutzen.

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 Bis zu den «Knien» steht Puschkin im Salzwasserbad,
 das ihm Thomas von Ballmoos eingelassen hat. 

Zur Einweihung der neuen Anlage haben die Hofbesitzer Anfang Dezember Medien, Kunden sowie befreundete Pferdeliebhaber eingeladen. Stolz demonstriert Thomas von Ballmoos seine neuen Errungenschaften an einem eigenen Pferd. Puschkin lässt sich bereitwillig in die grüne Metallbox führen (Bild rechts). Langsam steigt das zwei Grad kalte Salzwasser bis an die «Knie» an. Es soll helfen, Entzündungen, Sehnen- und Bänderschäden sowie Brüche zu heilen. Damit das Wasser sauber bleibt, baumelt ein geräumiger Sack am Hinterteil des Tieres.

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 Der Aquatrainer ist ein Wasserlaufband, das
 die Muskeln des Pferdes aufbauen soll.

Das Pferde-Fitnesscenter verspricht die Heilungszeit drastisch zu reduzieren
Nach einer Viertelstunde geht es zum Wasserlaufband, dem Aquatrainer (Bild links). Von Ballmoos drückt auf den Knopf, und das Laufband setzt sich in Bewegung. Wie in einem Fitnesscenter beginnt der vierjährige Wallach zu gehen. Nun lässt sein Halter Wasser hineinströmen: Aquafit steht auf dem Programm. 25 Minuten watet Puschkin durch das spritzende Wasser. Das Training soll bei Rückenproblemen nützen. «Reiter und Sattel sind eine Belastung für das Pferd», sagt von Ballmoos. Im Aquatrainer könnten die Muskeln aufgebaut werden. Das Gerät verspricht, die Heilungszeit bei Verletzungen um mindestens die Hälfte zu verkürzen. Zudem soll es die Kondition und die Herzleistung verbessern.

Zum Schluss wird Puschkin auf die Massageplatte geführt. Der vibrierende Untergrund regt die Blutzirkulation an und massiert die Muskulatur. Gleichzeitig sorgen von oben herab Infrarotlampen und warme Luft für Entspannung. Die Vorrichtung kommt bei der Rehabilitation nach Schäden zum Einsatz, dient aber auch als Vorbereitung für das Training oder zur Erholung nach Wettkämpfen. Während Puschkin mit den Geräten bereits vertraut ist, würden Therapiepferde anfangs häufig ängstlich reagieren, sagt der Hofbesitzer. Um die Tiere an die Behandlung zu gewöhnen, sei viel Ruhe und Geduld gefragt. 

Therapien für Pferde sind gefragt und eignen sich als zweites Standbein
Sein Haupteinkommen erwirtschaftet der gelernte Hufschmied mit dem Beschlagen von Pferden. Auch in diesem Bereich haben sich die Angebote weiterentwickelt. Die Zeiten, in denen der Dorfschmied allen Pferden dieselben Hufeisen an die Füsse nagelte, sind längst vorbei. Während sich Menschen mit Fuss- oder Rückenbeschwerden im Spezialgeschäft Gesundheitsschuhe und Einlagen anpassen lassen, können bei Pferden ungünstige Haltungen mit orthopädischen Beschlägen korrigiert werden.  

Zudem züchtet von Ballmoos mit fünf Stuten und trainiert selber Rennpferde. Eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, findet er, der den Hof samt umliegenden Weiden von seinem Vater übernommen hat und mit Pferden aufgewachsen ist. Aber auch ein 365-Tage-Job. Wenn er mit seiner Frau mal eine Woche Ferien macht, kümmern sich seine beiden Angestellten um die Tiere.

Neben dem bisherigen Angebot will sich die Familie mit den Therapiegeräten ein zusätzliches Standbein aufbauen. «Verletzungen sind bei Sport- und Freizeitpferden relativ häufig», sagt der Pferdeliebhaber. Bei Freizeitpferden könne es dazu kommen, wenn der Reiter etwa einen langen Galopp ohne entsprechendes Aufbautraining vornimmt. In Skandinavien seien die Therapiegeräte, die aus Dänemark stammen, schon lange verbreitet, sagt von Ballmoos. In der Schweiz dagegen sei er der Erste mit dem vollständigen Angebot. Deshalb würden Halter aus dem ganzen Land ihre Tiere nach Berg am Irchel bringen. 

Die vier Therapieplätze sind bereits besetzt und bis auf Weiteres reserviert. Eine Woche Vollpension kommt die Besitzer auf 680 Franken zu stehen. Je nach Gesundheitszustand bleiben die Pferde zwei Wochen bis zwei Monate. Wenn man dem Pferd damit helfen könne, sei das eine lohnenswerte Investition, sagt von Ballmoos. Vor allem für Halter, die mit ihrem Tier Geld verdienen.