Lykoi
Schön oder schaurig?
Die seltenste Katze der Welt erinnert an einen Werwolf, dabei ist sie eine anhängliche Plaudertasche. Ihr Aussehen hat die Lykoi einer Genmutation zu verdanken, was ihre Züchtung kritisch macht.
Eines der ersten Schweizer Lykoi-Kitten zu bekommen ist nicht ganz einfach. Lyndsay Rebetez aus Plan-les-Ouates GE prüft Interessenten sehr genau und bittet zum persönlichen Gespräch. Die finale Entscheidung überlässt die mehrfach ausgezeichnete Züchterin ihren Katzen. «Bleiben meine Katzen einer Person fern, dann bekommt diese auch kein Kitten.» Vorgekommen sei das schon öfters.
Seit über zehn Jahren züchtet die 40-Jährige Katzen, erst Sphinx und Maine Coon, seit Kurzem auch Lykoi. «Diese Katze ist so unglaublich anders als alles, was man von einer Katze erwarten würde», schwärmt die vierfache Mutter. Extravagant ist vor allem das Aussehen der Rasse: Die Lykoi wird oft mit einem Werwolf verglichen – eine Analogie, die meist durch mystisch angehauchte Fotosettings unterstrichen wird. Aufgrund ihrer Erscheinung ranken sich schon jetzt Mythen um die Rasse. «Sie sind jedoch weder geruchsempfindlich noch blutrünstig – auch nicht nach Mitternacht», scherzt Rebetez. Im Gegenteil: Ihre Lykois würden andere Tiere grundsätzlich vorsichtig berühren. «Lykoi» stammt übrigens aus dem Altgriechischen und bedeutet «Wolf».
Experten äussern sich zur Werwolf-Katze
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Das Aussehen verändert sich ständig
Überraschenderweise kommen Lykoi-Kitten mit einem dicken schwarzen Fell auf die Welt. Im Alter von ungefähr zwei Wochen verlieren sie jedoch die Haare auf Bauch und Kopf. Wenige Tage danach minimiert sich die Behaarung auf Ohren, Beine und Schwanz. Das nachwachsende Fell ist in der Katzenwelt selten und als «roan» bekannt: Während in rund 70 Prozent der Haarfollikeln farbiges Haar wächst, fehlt den Haaren in den restlichen Haarfollikeln die Pigmentierung. Sie sind weiss. «Selbst die Vibrissen können im Roan-Muster auftreten.» Derzeit wird die Lykoi nur in der Farbe «Schwarz Roan» gezüchtet. Zwar gibt es Lykois vereinzelt auch in Rot, Blau und Schwarz-weiss Tabby, doch sind diese Züchtungen laut Rebetez riskant: «Bevor wir über weitere Farben nachdenken, sollten wir die Gesundheit und die physischen Eigenschaften der Rasse garantieren.»
Züchterin Britney Gobble zeigt das Roan-Muster
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Beim Wechsel zum Erwachsenenfell passiert erneut Aussergewöhnliches: Die Nase, die Maske um die Augen und die Ohren bleiben für immer kahl. Doch auch an den behaarten Körperstellen entstehen beim Fellwechsel immer wieder nackte Partien, die das Fell schütter wirken lassen. Obwohl die Rasse keine Unterwolle besitzt, haart sie praktisch das ganze Jahr über. «Ihr Aussehen verändert sich daher ständig.»
Ihre ersten Lykois erwarb Rebetez direkt von der «Entdeckerin» der Rasse in den USA, Brittney Gobble. Die Amerikanerin hatte durch Zufall eine schwarze Kurzhaarkatze mit gestörtem Haarwuchs erhalten. Tests ergaben, dass es sich bei dieser rezessiven Gen-Mutation nicht um die handelt, welche bei der Sphinx für Felllosigkeit verantwortlich ist. Nachdem Gobble eine weitere Katze unterschiedlicher Abstammung mit ebendieser Mutation fand, begann sie 2011 mit der Zucht. Seit 2017 ist die Lykoi vom Internationalen Katzenverband TICA anerkannt. In Europa ist man jedoch noch nicht so weit.
Aus Sicht des Tierschutzes fragwürdig
Rebetez ist auf dem Weg, dies zu ändern. Sie hat heute neben fünf Lykois noch zwei F1-Hybrid-Katzen. «F1-Hybride sein der Nachwuchs aus der Verpaarung einer Lykoi und einer Domestic Shorthair.» F1 sehen normal aus, tragen aber das Lykoi-Gen in sich. «Eine 100-Prozent-Lykoi-Katze entsteht erst in der fünften Generation», erklärt Rebetez weiter. «Da es bisher nur wenige Lykois gibt, müssen durch Einkreuzungsprogramme, wie ich sie durchführe, neue Rasselinien geschaffen werden.» Inzucht und unbedachte Verpaarungen würden sonst zu unnötigen Frühgeburten, Deformationen und genetischen Krankheiten führen.
Lykoi-Katzen sind sehr verspielt
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Unproblematisch ist die Lykoi dennoch nicht. Zwar argumentieren Fans der Rasse, dass es sich schliesslich um eine natürlich auftretende Mutation handle. Die österreichische Genetikerin und Buchautorin Irene Sommerfeld-Stur sieht dies allerdings anders: «Eine natürliche Mutation sollte auf keinen Fall ein Grund sein, eine neue Variante als harmlos zu akzeptieren. Denn jede Variante einer Tierart ist die Folge einer natürlichen Mutation. Doch sind es meistens Defektmutationen.» Genetische Zusammenhänge, wie sie zum Beispiel bei der British Fold zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden führen, zeigen sich meist erst in späteren Lebensjahren oder Generationen. Für beides ist die Lykoi und ihre Rasse noch zu jung.
Erst vor Kurzem hatte eine Studie der Universität Missouri herausgefunden, dass 77 Prozent der Haarbälge der untersuchten Lykois Ansammlungen von Entzündungszellen zeigen und viele der Haarscheiden verkleinert, erweitert oder von abnormaler Form sind. Aus tierschützerischer Sicht macht dies eine Züchtung fragwürdig.
«Genmutationen, die das Fell oder die Haut betreffen, sind in allen mir bekannten Fällen mit Problemen behaftet», sagt Claudia Nett-Mettler von der Kleintierpraxis Schwäntenmos in Zumikon ZH. Laut der Spezialistin für Allergien, Haut- und Ohrerkrankungen ist Haarlosigkeit mit abnormalen Haarfollikeln vergesellschaftet, die sich zudem leicht entzünden. Das wiederum habe letztlich bakterielle Hautinfektionen oder Hefepilzinfektionen zur Folge. «Aufgrund der nackten Nase und mangelnden Gesichtsbehaarung würde ich bei Lykois zudem eine Überempfindlichkeit gegen Insektenstiche sowie eine höhere Anfälligkeit für durch Sonnenlicht hervorgerufene Hauterkrankungen der Nase erwarten.»
Auch kuscheln tun Lykois gerne
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Plaudertasche unter den Katzenrassen
Rebetez hat trotzdem eine Vorliebe für nackte Tiere – und zum Glück bisher noch keine Hautprobleme bei ihren Vierbeinern erlebt. Frei in Haus und Garten der Züchterin lebt neben 24 Katzen, von denen nur die wenigsten vollkommen behaart sind, noch ein Vertreter der Nackthunderasse Chinese Crested. «Wir haben die Vorstellung, dass nur behaarte Tiere als normal gelten. Dabei sind auch von der Norm abweichende Tiere liebenswert und faszinierend.»
Gerade das Leben mit Lykois sei ausgesprochen angenehm. «Die Lykoi liebt den Kontakt zum Menschen und möchte immer um ihn sein.» Die Plaudertasche unter den Katzenrassen ist selbst im Bad am liebsten dabei. «Verschmust wie sie sind, möchten meine Lykois selbst auf der Toilette auf den Schoss oder miauen vor der Tür.» Eine Lykoi fordert offensichtlich sehr viel Aufmerksamkeit.
Weniger hingegen ihr Fell, das laut Rebetez pflegeleicht ist. Trotzdem werden ihre Lykois gerne mit einer weichen Bürste am ganzen Körper massiert. Zudem rät Rebetez zur Verwendung von sowohl sensitivem Shampoo als auch Kleidungswaschmittel, um eine eventuelle Hautallergie bei den Katzen zu vermeiden.
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