Ein junger Elchbulle verirrt sich im Sommer in ein Dresdner Bürogebäude und sorgt bundesweit für Aufsehen. Werden die Riesen in Deutschland wieder heimisch? Experten halten das für möglich. «Vor allem die halbstarken jungen Tiere ziehen los, um die Welt zu entdecken», sagt Andreas Kinser, Forst- und Jagdreferent der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Immer öfter wandern Elche aus Polen und Tschechien über die Grenze in unser nördliches Nachbarland.

Die Stiftung geht aber davon aus, dass nur eine Handvoll Tiere dauerhaft in Deutschland leben. «Die meisten Elche durchstreifen die Gegend nur auf ihrer Wanderschaft.» Pro Jahr zählt die Stiftung rund 25 Elchsichtungen – die meisten in Brandenburg.

Keine richtige Population
Seit etwa drei Jahren entdecken Förster oder Spaziergänger immer wieder bestimmte Elche vor allem in Ostbrandenburg. «Von einer richtigen Population kann man aber nicht reden», sagt Ina Martin, Biologin am Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. Sie erfasst Daten zum Elch und hat im Auftrag des Landes einen Elch-Management-Plan zum Umgang mit den Tieren erstellt.

Seit etwa dem Jahr 2000 kommen demnach verstärkt Elche von Polen über die Grenze. Dort sind die Bestände nach Schätzung der Deutschen Wildtier Stiftung auf rund 4000 Exemplare angewachsen, seitdem die Jagd untersagt ist. Auf der Suche nach neuen Revieren zieht es vor allem junge und männliche Tiere gen Westen – sie müssen ihre Heimat verlassen, wenn die Alt-Elche wieder Nachwuchs bekommen.

Elch im Büro
Im August dieses Jahres verirrte sich ein junger Elchbulle gar in ein Bürogebäude in der Stadt Dresden. Er wurde betäubt und in den Wäldern Ostsachsens ausgesetzt. Ein weiterer junger Elchbulle wurde im September in der Lausitz in der Nähe von Niesky gesichtet. Der WWF bezeichnet die ostdeutschen Bundesländer denn auch als «Elch-Einwanderungsland».

Auch in Tschechien gibt es eine kleine Population, von der Tiere nach Niederbayern wandern. Vor zwei Jahren bekam eine Touristin im Böhmerwald gleich drei Elche auf einmal vor die Kameralinse. Rund um den Stausee Lipno an der Grenze zu Österreich leben laut Nationalpark heute rund 15 Tiere.

Viele werden überfahren
Wegen des vielen Verkehrs sei Deutschland für die Elche gefährliches Terrain: «Viele werden überfahren», erklärt Kinser. Das sei ein Grund dafür, dass die Population nicht wachse. Der Naturschutzbund Nabu fordert angesichts wandernder Elche mehr «grüne Brücken», da ihre Wanderrouten vielerorts von Strassen unterbrochen seien.

Auf der anderen Seite stellen die Elche wegen ihrer Körpermasse eine Gefahr für Autofahrer dar. «Themen wie Monitoring, Wildschäden und Gefährdung für den Strassenverkehr müssen öffentlich diskutiert und thematisiert werden», erklärt ein Sprecher des WWF. Für die meisten Deutschen sei der Elch eine eher unbekannte Tierart.

Dass die Grosshirsche hier wieder heimisch werden, halten Experten wie Andreas Kinser durchaus für möglich. Schliesslich seien die Tiere bis zum 18. Jahrhundert in Deutschland verbreitet gewesen. Um sich auf Dauer anzusiedeln, braucht der Elche unberührte, wasser- und waldreiche Lebensräume.

Die findet er etwa im dünn besiedelten Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern oder in der Heide- und Teichlandschaft der Lausitz. «Wir freuen uns über die Rückkehr des Wolfes, über die Rückkehr der Biber», sagt Kinser. «Warum sollten wir das beim Elch nicht auch tun?»