Hier entlang des Weges, wo die Wasserabflussrinnen sind, gedeihen die Pilze gut. Weil es feucht ist», sagt Ueli Engel, während er durch den Büttenbergwald bei Orpund BE streift. Seine Mission: Trüffeln finden! Das geht nur mit einer exzellenten Spürnase, da die Trüffelknollen 5 bis 20 Zentimeter unter der Oberfläche (an den Baumwurzeln)wachsen. So ist Engel mit seinen beiden Lagotto-Hündinnen Carla und Stella unterwegs. Und siehe da, die elfjährige Carla sticht in die Büsche und beginnt zu graben. Nun heissts für Engel: schnell hinterher! Denn wenn er nicht rechtzeitig bei der Fundstelle ist, frisst der Hund die Trüffeln selbst. So gräbt er zuerst zusammen mit dem Hund, zieht dann aber Carla sanft zurück, als er die Knolle erspüren kann. Dass der Hund Trüffeln zum Fressen gern habe, sei die Bedingung für einen guten Suchhund, erklärt Engel. 

Früher ging man mit Schweinen auf Trüffelsuche, da diese auf den in den Fruchtkörpern enthaltenen Sexualduftstoff des Ebers besonders gierig waren. Allerdings so sehr, dass man die Schweine nur schwerlich davon abbringen konnte, die Knollen selber zu verschlingen. Und ausserdem richteten sie mit ihrer Gier meist Schaden an den Baumwurzeln an. So wurde die Trüffelsuche mit Schweinen in Italien 1982 verboten und seither werden Hunde zur Suche eingesetzt. Aufgrund seines Arbeitseifers, des hervorragenden Geruchssinns und seiner natürlichen Begabung zum Revieren gilt der Lagotto Romagnolo als besonders geeignet. 

Geschichte und Arten
Trüffeln waren schon zu Zeiten des ägyptischen Pharaos Cheops(2600 v. Chr.) bekannt. Auch die Griechen und die Römer galten als Trüffelliebhaber. Im Mittelalter wurden die schwarzen Knollen hingegen als diabolischer Lockstoff verteufelt – nicht zuletzt wegen ihrer aphrodisierenden Wirkung. Seit der Renaissance erleben die «schwarzen Diamanten» eine Wiedergeburt und sollen an den europäischen Königshäusern sehr beliebt gewesen sein. Der Begriff Trüffel geht vermutlich auf das lateinische Wort «tuber» für Schwellung, Beule, Schlauch zurück. Alle Trüffelarten gehören zur Gattung der unterirdischen Schlauchpilze und leben immer in Symbiose mit einem Wirtsbaum. In der Schweiz findet man vor allem die schwarze Burgundertrüffel, welche von Juni bis Dezember wächst. Die etwas wertvollere Périgordtrüffel (auch Wintertrüffel genannt) gibt es von Dezember bis in den Frühling hinein, man findet sie am ehesten in Südfrankreich. Am wertvollsten ist die weisse Albatrüffel aus dem Piemont (I). Ihr Kilopreis liegt bei 6000 bis 7000 Franken.

Ein eingespieltes Team
Doch es müssten nicht unbedingt Lagottos sein, sagt Ueli Engel. «Pudel sind auch gute Suchhunde. Oder Labradore.» Eigentlich alle, bis auf die ganz grossen Hunde, weil diese zu grosse Löcher buddelten. Ebenfalls weniger geeignet seien ausgeprägte Jagdhunde, welche lieber einem Reh hinterherjagen, statt Trüffeln zu suchen. Zu Beginn seiner Trüffelsuchzeit war Engel mit seinem Ent­lebucher × Labrador-Mischling Zorra unterwegs – und ebenfalls erfolgreich. Das war vor 20 Jahren. «Damals war ich einer der wenigen Trüffler in der Region», sagt er. «Heute ist es ein richtiger Boom.» Er begann zunächst für sich selbst zu suchen, dann verwendete er die «schwarzen Diamanten» im Restaurant, das er zusammen mit seiner Frau führte. Heute verkauft der 67-Jährige die Trüffeln im eigenen Spezialitätenladen in der Bieler Altstadt. 

Und Ueli Engel ist vom Pionier zum Routinier geworden. Mit den beiden Hundedamen Carla und Stella bildet er ein eingespieltes Team und kennt die Orte, wo mit Trüffelpilzen zu rechnen ist. «An einem guten Tag finde ich auf dieser eineinhalbstündigen Runde bis zu einem Kilo Trüffeln», erzählt er. Längere Touren mache er selten, denn dann lasse die Konzentration der Hunde nach. So nehme er meist nur einen Hund mit auf die Suche und mache danach eine zweite Runde mit dem anderen. 

Spuren wieder verwischen 
Die beiden Lagottos hat Engel selber zu Suchhunden ausgebildet. Indem er ihnen zunächst grosszügig frische Trüffeln ins Essen gab, brachte er sie auf den Geschmack. Als nächsten Schritt streute er kleine Trüffelscheibchen unauffällig auf einem Feld aus, lief danach wieder mit den Hunden an der Stelle vorbei und liess sie die Stückchen erschnüffeln und fressen. «Wichtig ist, dass die Tiere sofort für ihren Fund belohnt werden», sagt Engel.  

So auch heute im Wald. Carla erhält ein Leckerli, Ueli Engel die Trüffeln. Für seine Delikatesse muss er rund fünf Zentimeter tief graben, mit blossen Händen oder mithilfe eines Gartenschäufelchens. Daraus knübelt er eine mittelgrosse Trüffelknolle – etwa einen 60-Grämmer, schätzt Engel. Hinterher verschliesst er das Loch wieder. «Das ist wichtig, damit die kleinen Wurzeln nicht austrocknen», erklärt Engel. Denn an den feinen Baumwurzeln wächst der Trüffelpilz, in lebenslanger Symbiose mit dem Baum. Ausserdem bleibt die Fundstelle unerkannt und der ursprüngliche Zustand des Waldbodens ist wieder hergestellt.