Tierwelt 41/2013
Schweizerin rettet Tiere in der ägyptischen Wüste
Auf einer Reise mit dem Heissluftballon blieb Monique Carrera in Ägypten hängen. Nun führt die Schweizerin in dem krisengeschüttelten Land schon über zehn Jahre lang ein Tierheim.
Es sind ungewisse Zeiten im «Bluemoon Animal Center». Denn Ägypten steckt seit Monaten in einer Staatskrise – und den daraus entstehenden Unsicherheiten kann sich auch das Tierheim in der Nähe der Touristenhochburg Hurghada am Roten Meer nicht entziehen. «Man weiss einfach nie, was morgen kommt», sagt Monique Carrera, die das Tierheim in der Wüste führt. Es komme immer wieder zu Versorgungsengpässen. Dringend benötigte Medikamente oder Futtermittel können nicht transportiert werden, weil die Weisungen aus Kairo ständig ändern.
Carrera ist 1996 aus der Schweiz nach Ägypten ausgewandert und hat das «Bluemoon Animal Center» 2002 gegründet. Begonnen hat alles mit einer Reise: Mit einer Kollegin war Carrera drei Monate im Land der Pharaonen unterwegs – als begeisterte Ballonpilotin auch mit einem kleinen Heissluftballon. Sie verliebte sich in das Land, und ein paar Jahre später in einen Ägypter, ihren heutigen Ehemann Salah. Er half ihr, den Traum von einem Tierheim zu verwirklichen.
Schweizer Touristen sind Mitverursacher der Tierschutz-Probleme in Hurghada
Verglichen mit Schweizer Verhältnissen ist das «Bluemoon Animal Center» eine gigantische Anlage. Auf einer Fläche von über fünf Hektaren hat Carrera in den letzten Jahren eine wahre Oase aufgebaut. Das mit vielen Bäumen und Sträuchern bestückte Gelände sticht aus der kargen ägyptischen Wüste richtiggehend hervor. «Man sieht das Tierheim schon beim Anflug auf Hurghada», sagt die Schweizer Tierschützerin Susy Utzinger, die Carreras Tierheim mit ihrer Stiftung von Beginn an unterstützt hat und einmal pro Jahr einen Arbeitseinsatz in Ägypten organisiert.
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Monique Carrera betreibt in Hurghada seit über zehn Jahren ein Tierheim. Bild: © Susy Utzinger Stiftung |
Mit von der Partie bei solchen Einsätzen sind jeweils auch mehrere Tierärzte, die manchmal sogar einen Teil ihrer Ferien dafür opfern. Sie erledigen Arbeiten, welche von den Tierheim-Betreibern und ihren einheimischen Mitarbeitern das Jahr über nicht durchgeführt werden können: Die Palette reicht von der Augenoperation bei einer Katze über die Zahnbehandlung für einen Esel, die Kastration und Entwurmung von Ziegenböcken bis zum Röntgen eines Pelikans. «Allerdings bringen wir für diese Einsätze kein Hightech-Material mit, wir arbeiten in der Wüste unter halbsterilen Bedingungen», berichtet Utzinger.
Insgesamt leben in Monique Carreras Tierheim momentan rund 250 Tiere. Etwa die Hälfte davon sind Katzen und Hunde. Daneben gibt es Pferde und Esel, Ziegen und Schafe, Enten und Hühner, Wellensittiche, Schildkröten und sogar zwei Dromedare. «Es handelt sich um einen Vater und seinen Sohn», erzählt Carrera. «Jemand kaufte sie aus einer erbärmlichen Haltung frei und brachte sie zu uns.» Dromedare seien häufig gehaltene Tiere in Ägypten. «Oft werden sie benutzt, um Touristen herumzuführen – und oft werden sie auch geschunden», sagt die Tierschützerin.
Der Tourismus ist auch die Begründung für das Engagement der Susy-Utzinger-Stiftung in Ägypten. «Eigentlich wollen wir uns auf Projekte in Europa beschränken», sagt Utzinger. Aber gerade im Ferienort Hurghada seien auch Schweizerinnen und Schweizer massgeblich an tierschützerischen Problemen beteiligt. «Viele Touristen füttern Katzen oder Hunde auf der Strasse, nehmen Welpen bei sich auf – und am Ende der Ferien gar mit nach Hause», sagt Utzinger.
Die ägyptischen Tierärzte hatten keine Ahnung, wie man einen Hund kastriert
Monique Carrera sieht im Tourismus aber auch Vorteile: Feriengäste machen gerne mal einen Ausflug in ihr Tierheim. Viele spenden ein paar Batzen, bringen etwas Futter oder dringend benötigtes Material mit. Wichtiger aber ist die einheimische Bevölkerung. Denn nur wenn das Tierheim bei ihr akzeptiert ist, kann es auf lange Sicht überleben. «Wir versuchen deshalb, immer auch etwas für die Menschen hier zu tun», sagt Carrera. Es könne ja nicht sein, dass im Tierheim streunende Hunde mit dem bestem Tierfutter und den modernsten medizinischen Geräten versorgt würden, gleich daneben aber Menschen verhungerten.
Die Schweizerin beschäftigt deshalb in ihrem rund zehnköpfigen Team auch mehrere ägyptische Angestellte. «Und wir sind auch eine Art Informationsstelle», sagt sie. Zum Beispiel über Hunde, denn diese gelten in Ägypten als unreine Tiere. Entsprechend selten haben die Menschen deshalb Kontakt mit ihnen. Kinder fürchten sich oft vor den Vierbeinern – und zumindest am Anfang war sogar das Wissen bei Tierärzten bescheiden, wie sich Carrera erinnert. «Als wir zum ersten Mal mit einheimischen Tierärzten Strassenhunde kastrierten, starb die Hälfte der Tiere. Die ägyptischen Veterinäre hatten im Studium zwar theoretisch gelernt, wie man einen solchen Eingriff durchführt, praktisch aber hatten sie keine Ahnung.»
Nun aber fängt Carreras Arbeit an Früchte zu tragen. Nicht nur bei den einheimischen Tierärzten, die inzwischen – dank den Ausbildungseinsätzen der Susy-Utzinger-Stiftung – genau wissen, wie man einen Hund kastriert. Auch im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit beginnen die Tiere einen höheren Stellenwert zu haben. Wenn Kinder früher einen leidenden Strassenhund sahen, liessen sie ihn gedankenlos liegen. «Heute kommen sie zu uns», sagt Carrera. «Die Kinder beginnen also umzudenken. Das ist gewaltig, genau das, was wir wollen!»
Um die Tieroase zu erhalten, braucht es momentan vor allem eines: Wasser
Solche kleinen Ereignisse sind es, die der Schweizerin Schub geben, ihre Arbeit weiterzuführen. Einmal, so erzählt sie, sei ein kleiner Bub aus der Nachbarschaft vor der Tür gestanden. Im Arm, in Lumpen eingehüllt, hielt er einen erbärmlich aussehenden Welpen. «Mit Tränen in den Augen sagte er zu mir: ‹Madame Monique, bitte machen Sie ihn wieder gesund.›»
Nicht alle Tiere werden von Tierhaltern oder von der Bevölkerung ins «Bluemoon Animal Center» gebracht. Manchmal müssen die Tierschützer auch selbst aktiv werden. Zum Beispiel in diesem Frühjahr, während des letzten Einsatzes der Susy-Utzinger-Stiftung in Ägypten. Ein Pferdehalter hatte seinem Hengst die Beine mit Stricken und Ketten gefesselt und ihn in der brütenden Hitze mitten im Müll stehen lassen. Nach langen Verhandlungen konnten die Tierschützer den Hengst freikaufen – gegen einen sehr geringen Betrag und mit der Auflage, dass der Besitzer nie mehr ein Pferd halten darf, wie Carrera und Utzinger betonen. Denn wer sein Tier schlecht hält oder gar quält, soll nicht noch belohnt werden dafür.
Die momentan grösste Herausforderung für Carrera und ihre Mitarbeiter ist aber momentan das Wasser. Ursprünglich hatte der ägyptische Staat einmal vorgereinigtes Wasser zum Bewässern der Pflanzen gratis zur Verfügung gestellt. «Seit der Revolution ist es plötzlich abgestellt und wir müssen das Wasser für teures Geld kaufen», sagt Carrera. Sie sucht deshalb Spender, die es ihr ermöglichen, eine Entsalzungsanlage anzuschaffen – denn aus dem Boden könnte man genügend Salzwasser an die Oberfläche pumpen. Bis es so weit ist, heisst es, das kostbare Nass auf anderen Wegen aufzutreiben. Doch für ihre Tiere wird Carrera auch diese Hürde meistern.
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