Pferdesport
Auf dem Sprung
Sprünge über zwei Meter bewältigen Pferde mit den entsprechenden körperlichen Voraussetzungen mühelos. Unter dem Reiter demonstrieren sie das bei sogenannten Mächtigkeitsspringen oder Puissances, die allerdings auf Turnieren immer seltener werden.
Klein, gross, kurze Beine, lange Beine: Wie beim Menschen entscheidet auch beim Pferd das Erbgut über die körperliche Konstitution. Diese ist mitentscheidend dafür, wie gut ein Pferd springen kann. Ein kleines, kugelrundes Pony wird schon seine Mühe haben, über eine Höhe von 50 Zentimetern zu hüpfen, während ein talentiertes Warmblut, das die Genetik erfolgreicher Springpferde in sich trägt, bei entsprechendem Training mühelos über hoch platzierte Stangen springt.
Sein Vermögen über Hindernisse zu springen, verdankt das Pferd seiner schnellsten Gangart, dem Galopp. Dieser ist eine schnelle Abfolge von einzelnen Sprüngen und der Sprung über ein Hindernis nichts anderes als ein grosser Galoppsprung. Das Springen ist somit kein unnatürlicher Bewegungsablauf für Pferde. Trotzdem springen sie in freier Wildbahn nur, wenn es nicht anders geht.
Sprünge retten Ross und Reiter
Da die Fluchttiere nicht sehen können, was sich auf der anderen Seite des Hindernisses befindet, ist das Springen beziehungsweise die Landung danach stets mit einem grossen Risiko verbunden. Ein Pferd kann aber nicht nur sich selber, sondern auch seinen Reiter mit einem Sprung rasch aus einer Gefahrenzone retten – zum Beispiel bei kriegerischen Auseinandersetzungen.
Deshalb beschäftigte sich der Mensch schon früh mit der Frage, wie hoch und wie weit ein Pferd springen kann. Der griechische Feldherr Xenophon (430 bis 354 vor Christus), der als Begründer der klassischen Reitlehre gilt, forderte in seinem Buch «Peri hippikes» (Über die Reitkunst) die vielseitige Ausbildung des Pferdes in der Dressur, im Gelände – und im Springen. Aus den militärischen Übungen zur Kriegsvorbereitung des Pferdes entstanden Wettbewerbe, die Vorläufer der Turniere, wie wir sie heute kennen.
Die ersten Medaillen bei olympischen Spielen für den Hoch- und Weitsprung zu Pferd wurden 1900 in Paris überreicht. Dabei gab es Gold für eine übersprungene Höhe von 1,85 Meter und eine Weite von 6,10 Meter. Nur sechs Jahre später fiel die Zwei-Meter-Marke deutlich und der französische Kompaniechef Carousse überwand mit seinem Schimmel Conspirateur eine Höhe von 2,35 Metern. 1939 sprang der italienische Kavallerist Antonio Gutierrez mit Osoppo in Rom über eine Höhe von 2,44 Metern.
Den Hochsprung-Weltrekord hält aber bis heute ein Pferd mit dem Namen Huaso. Der englische Vollblüter war auf der Rennbahn so erfolglos, dass er an die chilenische Kavallerie verkauft wurde. Dort entdeckte man sein ungeahntes Talent per Zufall: Beim Freilauf sprang der Fuchs mühelos über einen Weidezaun von zwei Metern. In der Folge wurde er konsequent für die Teilnahme an Hochsprungwettbewerben trainiert.
Der lediglich 1,65 Meter grosse Huaso brach erst den chilenischen, dann den südamerikanischen Rekord und trat am 5. Februar 1949 in Viña del Mar unter dem chilenischen Offizier Alberto Larraguibel Morales zum Weltrekord-Versuch an. Sein grösster Konkurrent stürzte beim Versuch, die Höhe von 2,47 Meter zu überspringen. Der zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alte Huaso verweigerte beim ersten Mal, weil die Distanz beim Anreiten nicht stimmte. Beim zweiten Anlauf riss er die oberste Stange. Doch beim dritten Versuch überwand er diese Höhe.
Ein Weltrekord für die Ewigkeit
«Der Flug über das Hindernis schien eine Ewigkeit zu dauern. Weil die Zuschauer so still waren, dachte ich erst, etwas sei schief gegangen, aber ich hörte auch keine Stange fallen. Da realisierte ich, dass wir es geschafft hatten», wird Larraguibel Morales zitiert. Die übersprungenen 2,47 Meter sind gemäss dem «Guinness-Buch der Rekorde» bis heute die höchste je von einem Pferd mit Reiter überwundene Hindernishöhe. Und die vor mittlerweile 70 Jahre gesetzte Marke ist einer der ältesten Rekorde der Sportgeschichte.
Larraguibel und Huaso springen 1949 den Weltrekord:
[EXT 1]
Huaso ist nach seinem Weltrekord abgesattelt und nie mehr geritten worden. Als gefeierter Held starb er im gesegneten Alter von 29 Jahren eines natürlichen Todes. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sein Rekord nicht gebrochen wird, denn seither hat sich im Springsport einiges verändert. Zum einen werden die damaligen rampenartigen Hochsprunghindernisse längst nicht mehr verwendet, zum anderen hat sich die Einstellung zum Sportpartner Pferd geändert und die Reiter riskieren die Gesundheit eines über viele Jahre geduldig ausgebildeten Springpferdes nicht mehr für die Jagd nach Rekorden.
Sprungkraft, Vertrauen und Mut
Die sogenannten Mächtigkeitsspringen, in der Schweiz und in Frankreich auch als Puissance bezeichnet, waren bis in die 1990er- Jahre eine beliebte Attraktion. Den Hochsprungrekord in der Halle hält der Deutsche Franke Sloothaak: Er überwand 1991 in Chaudefontaine (F) mit Leonardo eine Höhe von 2,40 Meter. Nicht weit davon entfernt war der St. Galler Markus Fuchs. Er sprang einige Jahre zuvor mit dem Schimmel Puschkin in einer Puissance über 2,35 Meter.
Heute trifft man diese Art von Springen immer seltener an, auch weil sie als schädlich für die Gesundheit des Pferdes gelten, was jedoch umstritten ist. Veterinärmediziner halten enge, schnelle Wendungen und hohe Geschwindigkeiten gefährlicher für die Beine des Pferdes als hohe Sprünge.
Ein internationaler Grand Prix führt über eine Höhe von 1,60 Meter, wobei vor allem die Linienführung und die Distanzen zwischen den Hindernissen den Schwierigkeitsgrad bestimmen. Um hier erfolgreich zu sein, benötigt der Springreiter ein Pferd, das mitdenkt, gehorsam an den Hilfen steht sowie schnell und wendig ist. Wo nur die Höhe der Hindernisse zählt, braucht das Pferd neben Sprungkraft und Vertrauen in den Reiter auch eine gehörige Portion Mut, und selbst unter den gut trainierten Springpferden trauen sich nicht alle über diese Höhen.
Die höchsten Sprünge gibt es heute auf Turnieren im Rahmen der Six-Barres-Prüfungen zu sehen. Dieses bestehen – der Name verrät es – aus sechs Hindernissen. Die ersten zwei dienen Pferd und Reiter zum Aufwärmen und um in Schwung zu kommen, die restlichen vier stehen in einer Reihe, wobei der letzte in jeder Runde erhöht wird. Auf internationalem Niveau enden diese Six Barres meist auf einer Höhe von rund zwei Metern.
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