Wir kennen die Dendrobaten vor allem aus dem Zoo, wo sie in allen erdenklichen Farben in ihren Glasterrarien sitzen. Wir wissen vielleicht auch, dass die tödlichen Nervengifte einiger der Baumsteigerfrösche (so ist ihr offizieller deutscher Name) von Südamerikanischen Indios zur Produktion von Pfeilen verwendet werden, weshalb wir die Tiere auch – etwas zu verallgemeinernd – Pfeilgiftfrösche nennen. Was wir aber kaum zu sehen bekommen, ist die andere Hälfte der Dendrobaten. Denn nur ungefähr jede zweite Art ist knallbunt und auffällig gefärbt, der Rest passt sich mit Tarnfarben seiner Umgebung an.

«Tierwelt Online» hat bereits berichtet, wie sich die Mauerblümchen unter den Baumsteigerfröschen für ein im schlimmsten Fall enthaltsames Leben eingerichtet haben, Hauptsache, der Feind sieht sie nicht. Ganz anders sieht es bei den bunten Fröschen aus. Mit ihren knalligen Farben signalieren sie möglichen Räubern: «Seht mich an, ich bin giftig!», ob sie es nun wirklich sind oder nicht. 

Und weil die farbigen Färberfrösche (auch das ein Name für dieselbe Familie) sowieso von jedem gesehen werden, spielt es für sie keine Rolle, ob sie leise oder laut sind. So haben die auffälligen Arten unter den Dendrobaten deutlich lautere und einzigartigere Rufe als ihre unauffälligen Verwandten. 

Erst der Schrei, dann die Farbe
Nun ist die Wissenschaft bisher davon ausgegangen, dass die Baumsteigerfrösche ihre Gesänge entwickelt haben, um ihre Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Dies, als sie bereits bunt waren. Doch ein Forscherteam aus den USA behauptet nun: es war genau andersrum. Durch molekulare Untersuchungen und statistische Analysen haben die Zoologen herausgefunden, dass die Frösche erst laut waren und dann erst bunt wurden.

Die lauten Rufe der Frösche hätten anfangs in erster Linie dem Abschrecken des Feindes gedient. Ein unangenehmer Warnton, der nicht zeigt, aber doch sagt: «Pfoten weg!» Ganz ähnlich macht das übrigens ein Kurzkopffrosch, der in diesem Video zu bestaunen ist. Als die Dendrobaten ihre abschreckenden Rufe einmal etabliert hatten, mussten sie sich nicht mehr vor Räubern verstecken und konnten ihre bunten Hautmuster ausprägen. Und danach wiederum ihren Ruf so anpassen, dass er den Weibchen gefällt.

Vorteil für die bunten und lauten Frösche gegenüber ihren unauffälligen Verwandten: Weil ihre Weibchen oftmals besonders wählerisch sind (die Auswahl ist zuweilen gross, wenn es aus allen Richtungen des Regenwalds leuchtet und schreit), entwickeln die Männchen immer ausgefallenere «Lieder», womit sich wiederum die Vielfalt erhöht und der Genpool vergrössert.

Originalpublikation:
Juan C. Santos et al. «Aposematism increases acoustic diversification and speciation in poison frogs», Proceedings of the Royal Society B (2014).
DOI: 10.1098/rspb.2014.1761