Sponsored Content wissenschaftliche Zoos der Schweiz
Know-how zur Arterhaltung der Zukunft
Zoos im 21. Jahrhundert haben vielen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Besucher möchten auf ihrem Ausflug der Natur näherkommen, aber auch Unterhaltung, Abenteuer und Bildung erleben. Und ihnen ist in zunehmendem Masse auch die Rolle der Zoos beim Tierwohl und beim Artenschutz wichtig. Ihren Einsatz für Naturschutzprojekte wissen Zoos heute sehr gut hervorzuheben. Aber auch die weniger sichtbare Zuchtarbeit hinter den Kulissen ist von grosser Bedeutung.
Die Kinder kleben gespannt an der Scheibe in der tropischen Vollmondnacht im Nocturama, dem Nachthaus der Stiftung Papiliorama in Kerzers, und beobachten Greifstachler Merlina mit ihrem süssen Jungtier. «Jöööh, lueg mau, s Bébé», ruft das Mädchen entzückt. Der Vater liest auf dem Schild, dass es sich beim Weibchen um das Individuum Nr. MRZ12-00022 (Hausname Merlina) handelt.
Merlina ist einer von 14 Greifstachlern in Kerzers. Das entspricht fast einem Drittel der Gesamtpopulation innerhalb der Europäischen Zoogesellschaft EAZA (45 Individuen in 15 verschiedenen Zoos). Das Papiliorama spielt bei der Haltung dieser Art seit jeher eine Schlüsselrolle und hat seit der Eröffnung des Nocturamas im Jahr 1995 viel Know-how über die neotropische, nachtaktive Säugetierart angesammelt. 2009 hat die Stiftung erstmals ein Zuchtbuch und Haltungsempfehlungen für den Greifstachler erstellt. Verantwortlich für das Zuchtbuch ist Kuratorin Peggy Rüegg, welche auch das Zuchtbuch für die Nachtaffen führt.
Zuchtbuchführer haben ausgewiesene Erfahrung mit der jeweiligen Art, kennen die europäische Population, überwachen die Zucht und machen Empfehlungen für die Haltung. Ziel eines Zuchtbuchs ist eine genetisch gesunde Population, welche ohne Wildfänge auskommt und auch der Auswilderung dienen kann. So konnte zum Beispiel der zuvor ausgerottete Bartgeier dank der Zuchtarbeit in Zuchtstationen und Zoos in den Alpen wiederangesiedelt werden. Bei ihrer Arbeit als Zuchtbuchführerin spielt Peggy Rüegg quasi die Rolle einer Partnervermittlerin. Sie entscheidet, welche genetisch passenden Individuen wo zusammengeführt werden. Dabei spielt aber auch die Biologie der Art eine wichtige Rolle. Und die ist bei Greifstachlern und Nachtaffen grundlegend verschieden.
Greifstachler sind eigentlich Einzelgänger, aber nicht besonders territorial. Das bedeutet, dass Individuen relativ problemlos in verschiedenen Geschlechterkombinationen zusammen gehalten werden können. Über die Jahre hat Peggy Rüegg festgestellt, dass es von Vorteil ist, den älteren Nachwuchs in der Gruppe zu belassen, wenn erneut ein Jungtier zur Welt kommt, anstatt es, wie sonst üblich, rauszunehmen. So kann nämlich das heranwachsende Individuum auch aus dem Spielverhalten zwischen Mutter und Jungtier lernen. Es kommt aber auch vor, dass ältere Jungtiere weiterhin bei der Mutter säugen. Hier gilt es wachsam zu sein und bei Bedarf das Gewicht des Neugeborenen regelmässig zu überprüfen. Spannenderweise wurde auch festgestellt, dass Greifstachler oft eine Tragzeit von nur 190 Tage haben, anstelle der in der Literatur zitierten 203 Tage.
Nachtaffen hingegen leben in Familienverbänden, wobei die Eltern meist in Einehe leben. Die Jungtiere bleiben in der Familie, bis sie geschlechtsreif sind, und werden dann verstossen. Verstossene Jungtiere leben normalerweise alleine, bis sie einen passenden Partner gefunden haben. In menschlicher Obhut lassen sie sich aber, im Gegensatz zu vielen anderen Arten, nur schwer mit unverwandten, gleichgeschlechtlichen Tieren vergesellschaften. Das macht die Arbeit mit den 139 Nachtaffen in den EAZA-Zoos für Peggy Rüegg nicht ganz einfach. Denn es ist ihr wichtig, dass möglichst alle Individuen in eine Gruppe integriert sind. Im Nocturama löst man dieses Problem, indem man im Falle einer Verstossung gleich alle über einjährigen weiblichen oder männlichen Nachkommen gleichzeitig aus der Gruppe entfernt und mit ihnen eine gleichgeschlechtliche Gruppe bildet.
Bei ihren Zuchtentscheidungen muss Peggy Rüegg aber auch auf weitere Faktoren Rücksicht nehmen: Transportdauer, Kosten, logistischer Aufwand und so weiter. Deshalb kann manchmal aus Gründen des Tierwohls eine genetisch nicht ganz perfekte Verpaarung vorgezogen werden.
Die meisten im Papiliorama gehaltenen Arten sind heute zwar nicht gefährdet, aber das Know-how, welches durch die Haltung gesammelt wird, ist von grosser Bedeutung. Denn wir befinden uns im Jahrhundert des globalen Artensterbens und die gewonnenen Erkenntnisse werden möglicherweise schon bald wegweisend sein, wenn es darum geht, diese oder ähnliche Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Für Peggy Rüegg ist es eine grosse Erfüllung, solch einen wichtigen Beitrag zur Arterhaltung leisten zu können.
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Das Papiliorama ist Mitglied im Dachverband der wissenschaftlich geführten Zoos der Schweiz (zooschweiz / zoosuisse). www.zoos.ch
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