Farbgenetik
Silber, Rot und Weiss – und eine neue Mutation
Im vierten Teil der Farbgenetik-Serie geht es um Silber. Denn neben den fünf Hauptgenen sorgen der Silberungsfaktor P und die Rotverstärker-Gene y für besondere Kaninchenfarben. Der Breitbandfaktor beeinflusst die Unterfarbe und sorgt für leuchtende Grannen bei den Loh.
Silberkaninchen haben zweifellos das gewisse Etwas: In ihrem Fell blitzen fein verteilt weisse Haare und verleihen ihnen eine besonders lebendige Farbe. Die Silberung kann dabei so fein sein, dass die ursprüngliche Fellfarbe klar dominiert, oder aber so ausgeprägt, dass ein Tier mit schwarzer Grundfarbe beinahe weiss erscheint. Die Zucht ist ebenso spannend, denn die Tiere kommen normal gefärbt zur Welt. Erst beim Fellwechsel erscheinen die weissen Haare.
Der Mechanismus der Silberung ist dabei äusserst interessant: Während der Ruhephase des Haares ziehen sich die pigmentproduzierenden Zellen, die sogenannten Melanozyten, ins Haarfollikel zurück. Wächst ein neues Haar, werden sie wieder aktiv und lagern Pigmente ins wachsende Haar ein. Bei der Mutation zu Silber versäumen es die Melanozyten, das reife Haar rechtzeitig Richtung Haarfollikel zu verlassen und fallen mitsamt dem Haar aus. Alle nachfolgenden Haare bleiben weiss, da ja nun die farbgebenden Zellen fehlen.
Die Genetik ist allerdings nicht so klar. Sicher ist, dass sich die Silberung stark dominant vererbt, entweder über einen dominanten Silberungsfaktor oder aber über einen rezessiven Silberungsfaktor in Kombination mit dominanten Silberungsverstärkern. Die Variationsbreite der Silberung ist beachtlich und wird oft so erklärt, dass sich Silberungsfaktoren addieren; je mehr Silberungsfaktoren, desto heller erscheint das Fell. In der Genformel wird das mit P symbolisiert. Ein Braunsilberkaninchen wäre demnach ABCDGP, Gelbsilber AbCDGP, ein Champagne-Silber ABCDgP. Die Mutation zu Silber ist sehr alt; in einem englischen Buch aus dem Jahr 1631 wird bereits die Zucht des Silberkaninchens und die Selektion guter Zuchttiere beschrieben.
Rufus-Gene und Breitbandfaktor
Das Tarnfell des Wildkaninchens ABCDG scheint fade im Vergleich zu dem intensiv fuchsroten Fell von Deilenaar, Rotem Neuseeländer, Castorrex und Hasenkaninchen. Den Unterschied machen Modifikationsgene, Rotverstärker oder Rufus-Gene genannt. Sie werden mit y symbolisiert; je mehr Rotverstärker-Gene vorhanden sind, desto intensiver erscheint die Rotfärbung. Die Genformel der intensiv roten wildfarbigen Rassen lautet also ABCDGy. Die Rufus-Gene verleihen auch den gelbwildfarbigen Sachsengold und Roten Neuseeländern (beide AbCDGy) sowie dem Lohkaninchen (ABCDgoy) die intensive Farbe.
Das Rufus-Gen tritt oft kombiniert mit dem rezessiv vererbten Breitbandfaktor w auf, der im wildfarbigen Fell die rötlich gelbe Zwischenfarbe verbreitert und die blaugraue Unterfarbe auf ein schmales Band zurückgedrängt. Am Bauch lässt er die Unterfarbe völlig verschwinden. Für eine gute Lohfarbe ist der Breitbandfaktor unerlässlich, weil er für die leuchtend roten Grannen sorgt und den durchgehend lohfarbigen Bauch.
Eine genetische Besonderheit, die sich nirgends so recht einordnen lässt, sind die weissen Kaninchen mit blauen Augen. Es sind keine Albinos, sondern sogenannte leuzistische Tiere, das genetische Symbol ist x. Gegenüber nicht leuzistischen Tieren X verhält sich x intermediär; die F1-Generation weist weisse Abzeichen an Kopf und Läufen auf. Blauaugen in andere Rassen einzukreuzen ist etwas heikel, denn die weissen Abzeichen können noch Generationen später wieder auftauchen.
Neue Pastellfarben
Der Unterschied zwischen Albinos und leuzistischen Kaninchen liegt im Detail: Albinos besitzen Pigmentzellen, doch fehlt ihnen das erforderliche Enzym, um Farbe zu bilden. Den leuzistischen Tieren hingegen fehlen die Pigmentzellen, das Enzym wäre vorhanden. Nur der hintere Teil der Iris enthält Pigmentzellen, was zur beliebten blauen Augenfarbe führt. Da ohne Pigmentzellen farblich ebenso wenig läuft wie bei den Albinos (a----), werden leuzistische Kaninchen mit der schlichten Genformel x---- bezeichnet. Kreuzt man einen Albino a---X mit einem leuzistischen Tier A---x, ergänzen sie sich: Der Albino bringt die Pigmentzellen mit, das Blauauge die nötigen Enzyme, man erhält als Nachkommen gefärbte Tiere.
Rotaugen sind jedoch nicht den Albinos vorbehalten. 1985 traten in Dänemark in einem Wurf japanerfarbiger Farbenzwerge gelbwildfarbige Tiere mit roten Augen auf. Die neue Mutation wurde Lutino genannt, im Genetik-ABC als lu oder lut abgekürzt. Die Mutation verringert die Bildung der dunklen Eumelanin-Farben um das rund 20-Fache, blockiert sie aber nicht vollkommen. Die Phäomelaninbildung ist nicht beeinträchtigt.
So entstehen einerseits intensiv orangegelbe Farben, aber auch pastellige Farbtöne in Abhängigkeit der übrigen Farb-Gene: Aus Schwarz wird ein Taubengrau ABCDglu («dove» genannt), aus Havanna ein helles Gelborange ABcDglu («Champagner»), aus Wildgrau entsteht ein silbergraues Kaninchen mit gelblicher Bauchfarbe ABCDGlu («Shadow»). Blau wird durch Lutino zu Silber, Mauve zu einem sehr hellen Lavendel. Besonders schön sind auch Lohkaninchen mit Lutino, ihre Rückenfarbe ist pastellig aufgehellt, das Loh ist immer noch recht leuchtend.
Allerdings scheint die Rückenfarbe mit steigendem Alter etwas aufzuhellen.
Faszination der Lutinofarben
Lutino als Farbenschlag der Farbenzwerge werden vor allem in Dänemark und Norwegen gezüchtet, doch wurde die Mutation auch auf einige andere Rassen übertragen. Besonders schön wirken die pastelligen Farbtöne auf Satinkaninchen, wo die Farben je nach Lichteinfall auf faszinierende Weise changieren. Lutinofarben gibt es verbreitet auch bei Farbmäusen und bei Cavias.
Bei Kaninchen hingegen sind sie auch 35 Jahre nach ihrer Entdeckung immer noch äusserst selten, obschon sie für experimentierfreudige Züchter ein interessantes Tummelfeld bilden würden. Möglicherweise schrecken die roten Augen etwas ab. Diese sind allerdings nicht völlig pigmentlos wie bei Albinos, sondern enthalten kleine Mengen an Pigment und wirken daher eher pink mit einem Stich ins Lavendelfarbige. Schade, dass das Interesse so klein ist, denn die letzte aufregendere Mutation bei Kaninchen war die zu Satinhaar im Jahr 1934.
Was es mit Satinhaar auf sich hat und welche anderen Haarmutationen Kaninchen aufweisen, sehen wir in der nächsten und letzten Folge der Farbgenetik.
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