Farbvererbung
Was Schecken ausmacht
Zu den beliebtesten Kaninchenrassen gehören die Schecken: steh- oder hängeohrig, in allen Grössen, Farben und Mustern. Im dritten Teil der Farben-Serie beleuchten wir, wie die Genetik hinter den getupften Tieren aussieht.
Ob mit wenigen grossen oder vielen feinen Tupfen, ob Mantelscheckung oder Dalmatinermuster: Gescheckte Kaninchen sind eine Augenweide und ziehen an Ausstellungen bewundernde Blicke auf sich. Die Scheckung ist neben Eisengrau eine der wenigen dominanten Mutationen und ist, wie diese, spalterbig. Mantelschecken und Tupfenschecken sind trotz ihrer verschiedenen Muster auf den ersten Blick genetisch gleich; das genetische Kürzel lautet für die spalterbige Typenschecke Kk. Eine Schwarzschecke wäre also ABCDgKk, eine Blauschecke ABCdgKk, eine madagaskarfarbige Schecke AbCDgKk.
Reinerbige Schecken KK sind weniger stark gefärbt als die Typenschecken Kk; sie werden wegen ihrer Kopfzeichnung Schnäuzer genannt, andere Namen sind Weisslinge oder Chaplins. Diese reinerbige Form ist oft mit einem Darmproblem verbunden, dem Megacolon, dessen Ausprägung variiert. Neben Tieren, die das Erwachsenenalter nicht erreichen, gibt es normal vitale Tiere, die gar zur Zucht eingesetzt werden können. Das ist dann ein Glücksfall für den Züchter, denn bei der Paarung eines Schnäuzers mit einem vollfarbigen Tier erhält er 100 Prozent Typenschecken.
Die Scheckungsmuster sind äusserst variabel: Die klassische Scheckung mit wenigen grossen Seitenpunkten, Aalstrich, gefärbten Ohren, Augenring und Backenpunkt findet man bei den Zwerg- und Riesenschecken und bei den Tschechischen Schecken. Die Englischen Schecken weisen eine fein gepunktete Seitenzeichnung in Form eines Füllhorns auf. Bei den Dalmatinerschecken sollen grosse Tupfen über den Körper verteilt sein, Aalstrich und Schmetterling sind aufgelöst.
Auch die Mantelschecke trägt die Genvariante Kk. Wie es der Name verrät, bedeckt die Zeichnungsfarbe den Körper wie einen Mantel, nur Brust, Schulterflecken und ein kleiner Fleck auf der Stirn werden weiss verlangt. Dreifarbige Tupfenschecken benötigen zur Trennung von gelber und dunkler Farbe zusätzlich den Mosaikfaktor bj. Die Genformel der Dreifarbenschecken lautet demnach: AbjCDgKk.
ModifikationsgeneGene, die die phänotypische Wirkung (Phänotyp = äussere Erscheinung) eines Haupt-Gens modifizieren, ohne selbst in Erscheinung zu treten, werden Modifikationsgene genannt. Das heisst im Fall der Scheckung, dass das Haupt-Gen K bestimmt, dass das Tier gescheckt ist, während das Modifikationsgen über die Art der Scheckung entscheidet: kleine oder grosse Tupfen, Mantelscheckung oder Augenringe wie beim Hotot.
Hotot und Weissohr-Unikum
Die vollfarbigen Tiere kk, die in der Scheckenzucht fallen, sind genetisch interessant, denn sie tragen Informationen zur Art der Scheckung: Eine vollfarbige Mantelschecke beispielsweise vererbt, gepaart mit einer standardmässigen Mantelschecke, wiederum die Mantelzeichnung. Entsprechend ergibt Englische Schecke mal vollfarbige Englische Schecke immer klar erkennbar die feine Scheckung in Form des Füllhornes. Was passiert aber, wenn eine vollfarbige Englische Schecke mit einer Mantelschecke gekreuzt wird? Hier treten bei den Jungtieren plötzlich beide Musterungen auf: fein gepunktet nach englischer Art oder mit der Mantelzeichnung.
Das Gen K oder k entscheidet über gescheckt (KK oder Kk) beziehungsweise nicht-gescheckt (kk). Wie aber die Scheckung genau aussieht, wird durch sogenannte Modifikationsgene geregelt (siehe Box). Mithilfe dieser dürfte auch die ultimative Scheckenrasse, das Hototkaninchen entstanden sein, bei dem die schwarze Farbe durch die weisse Scheckungsfarbe bis auf den dünnen Augenring verdrängt ist.
Die französische Baronin Eugénie Bernhard konzentrierte sich nach ersten vergeblichen Kreuzungsversuchen auf Scheckenkaninchen und selektionierte deren Nachkommen nach immer weniger Zeichnung, bis – nach 500 Würfen – nur noch der Augenring übrig blieb. Wie jede andere Scheckenrasse sind auch die Hotot spalterbig. Eine andere Theorie besagt, dass Hotot eine Kombination aus Tupfenschecken und Plattenschecken sind, doch die Entstehungsgeschichte widerspricht dieser Theorie.
Ein Unikum der Kaninchenwelt sind die Weissohr-Kaninchen, die als Rasse nicht anerkannt, aber in Liebhaberzuchten recht beliebt sind. Es dürfte sich um eine weitere Mutation des Schecken-Gens K handeln und wird als Kwo bezeichnet. Ausgangspunkt war eine mittelgrosse Landrasse aus dem Raum Westfalen, doch die Weissohrzeichnung wurde inzwischen auch in andere Rassen eingekreuzt.
Die Musterung vererbt sich dominant wie die Tupfenscheckung und zeigt nur in der spaltebigen Form Kwok die typische Zeichnung mit weissen Ohren, weisser Schnauze («Milchmäulchen»), weisser Brust und weissen Läufen. Die Ohren können manchmal minimale Farbreste aufweisen. Reinerbige Weissohren KwoKwo sind fast weiss und ergeben gekreuzt mit einfarbigen Tieren 100 Prozent Weissohren. Im Gegensatz zu den Schnäutzern zeigen reinerbige Weissohren keine verminderte Vitalität.
Plattenscheckung der Holländer
Holländerkaninchen sind zwar auch gescheckt, aber ihre Zeichnung hat genetisch nichts mit den Tupfenschecken gemeinsam. Holländerkaninchen sind nicht spalterbig, die Zeichnung wird als rezessive Mutation ss vererbt. Allerdings weist die Theorie des einfachen rezessiven Erbgangs deutliche Schwachstellen auf: Kreuzungen zwischen einfarbigen Tieren und Holländern zeigen bereits in der F1 kleine weisse Abzeichen an Nasen und Pfoten. Das dürfte bei einem rezessiven Erbgang nicht auftreten. Die 1. Mendel’sche Regel (Uniformitätsregel) besagt, dass die F1-Generation einheitlich sein muss und den Phänotyp des dominanten Erbteils zeigt (siehe «Tierwelt» Nr. 1 / 2020).
Die Beobachtung, dass die Plattenscheckung eine riesige Bandbreite vom vollfarbigen Tier mit kleinen weissen Abzeichen bis zu fast reinweissen Kaninchen umfasst, führte zur Theorie der sich anhäufenden Holländerfaktoren (s1, s2, s3 …), die mit steigender Anzahl zu Tieren mit immer mehr weiss führen. Standardmässige Holländer werden mit s2s2 symbolisiert.
Die Holländerfärbung ist nicht die einzige Kaninchenfarbe, die auf sich anhäufenden Modifikationsgenen beruht. Auch die intensiv rote Farbe von Hasen, Deilenaar und Sachsengold und die grosse Familie der Silberkaninchen haben ihren Ursprung in Mengen-Genen. Davon mehr in der nächsten Folge.
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