Begrüsst wird man im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen durch ein imposantes Skelett. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen Dinosaurier, sondern um ein übergrosses Hähnchen. Das «Monument» ist ein zehnfach vergrössertes Masthähnchen-Skelett, geschaffen vom Künstler Andreas Greiner aus Berlin (D). 

Wie Kurator Urs Weibel auf dem Museumsrundgang erläutert, befasste sich der Künstler mit der Massentierhaltung und wollte dem namenlosen Brathuhn ein Gesicht geben. Auf der Erde gibt es mit den 23 Milliarden mehr Hühner als Menschen, und der Hunger nach Hühnerfleisch wächst weiter ungebrochen. Das Huhn inspirierte den Künstler, weil es evolutionsgeschichtlich ein alter Vogel ist und nicht richtig fliegt, sondern flattert. Das übergrosse Werk stellt exemplarisch einen «Dinosaurier» aus dem Heute dar. 

In der Natur ist nicht der Mensch der Hühner Feind, sondern andere Wildtiere. Auf dem Museumsspaziergang kommt man an Greifvogel, Fuchs und Marder vorbei, bevor man in die grosse Halle der Sonderausstellung eintritt. Kurator Weibel sagt: «Es ist die Frage, welches Bild wir über das Huhn in unserem Kopf haben.» In der Sprache verwendet man den Begriff «Huhn» öfter als einem bewusst sei. So beispielsweise in der Redewendung «Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn». 

Die Hühner haben einen ausgeprägten Sehsinn, der dem Fluchttier beinahe eine Rundumsicht mit einem Gesichtsfeld von 300 Grad ermöglicht. «Der rote Hahn auf dem Dach» steht für einen Hausbrand und wird in der Ausstellung mit einem roten Feuerwehrhelm visualisiert. Die «Pflaumenglucke» ist eine Schmetterlingsart und das «Rothals-Getreidehähnchen» ein rund fünf Millimeter grosser Käfer, der streifenförmige Löcher in die Blattnerven des Getreides frisst und in der Ausstellung zu bestaunen ist. 

Präparate von Rassehühnern zieren verschiedene Hühnerleitern, die das Leben der Hühner erklären. Auf einer Leiter kräht ein Hahn und beleuchtet mit seiner Pose das Sprichwort «Wer mit den Hühnern ins Bett geht, kann auch mit dem Hahn aufstehen». Dabei wird erklärt, dass Hühner quasi mit Sonnenenergie funktionieren und ihre Aktivitäten nach dem Tageslicht ausrichten. Beim Eindunkeln sucht das Federvieh eine erhöhte Sitzgelegenheit, und der anbrechende Tag wird durch den Hahn mit einem Krähruf begrüsst. 

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Im Museum wird auch die Frage beantwortet, ob das Huhn oder das Ei zuerst war – mehr sei hier aber nicht verraten. Obwohl Hühner Nestflüchter sind, haben sie keine «Rabeneltern», denn die Glucke umsorgt ihre Küken meist achtsam. Doch bei den modernen Hochleistungshühnern liegt das Ausbrüten nicht mehr drin und der Bruttrieb wurde weitgehend weggezüchtet. 

Laufsteg verschiedener Rassehühner 
Auf einem «Catwalk» geht es mit rund 40 Präparaten von Rassehühnern weiter. Die meisten wurden von Präparator Marcel Nyffenegger aus Flurlingen ZH erstellt. Bei der Umsetzung unterstützte Rassegeflügel Schweiz die Vorbereitungsarbeiten mit grossem Engagement. Der Laufsteg zeigt die Geschichte mit dem Bankivahuhn als Urhuhn bis zur grossen Palette der Rassehühner, bei denen alles, solche mit Haube oder gelockten Federn, dabei ist. Die Präparate zeigen sich in verschiedenen typischen Posen der Hühner und illustrieren das tägliche Hühnerleben. 

In einem interaktiven Teil gibt es für die Besucher ein Spiel über die Kenntnisse von Hühnerrassen. Dabei können die Hähne den Hennen der gleichen Rasse zugeordnet werden. An verschiedenen Stationen werden auf Tablets Filme gezeigt oder unterschiedliche Lautäusserungen der Hühner erlebbar gemacht. Die Ausstellung wird stetig mit weiteren interaktiven Elementen ergänzt, sobald es die Corona-Schutzmassnahmen zulassen. 

Auf dem Museumsrundgang gibt es viel über die Hühner zu erfahren. Plötzlich begegnet einem eine Wand mit hundert verschiedenen Hühnergesichtern. Etwa so viele Artgenossen kann eine Henne voneinander unterscheiden. In einer Plexiglasbox wird visualisiert, wie viele Federn ein Huhn trägt. Die Federn bestehen aus Keratin und werden aufgrund der Abnutzung einmal jährlich ausgewechselt. Je nach Körperstelle gibt es verschiedene Federn mit unterschiedlichen Funktionen. Auf verschiedenen Tellern wird einem der Speiseplan von Hühnern serviert, der vom Regenwurm über den Käfer bis zu Steinchen reicht. 

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In Hörstationen erfährt der Besucher mehr über die wild lebenden nahen Verwandten der Hühner, die sogenannten Hühnervögel. Rund 250 davon gibt es weltweit, wovon neun Arten in der Schweiz heimisch sind. In der Kulturgeschichte gab es vor 8000 Jahren erste Hinweise auf die Hühner. Grössere Spuren gab es mit der Ausbreitung vor rund 3500 Jahren. In der Ausstellung ist auch ein Standartenaufsatz aus der Luristan-Kultur im heutigen Iran zu sehen, die aus der Zeit von 900 bis 700 vor Christus stammt. In alten Dokumenten des Museums Allerheiligen wurde die Abgabe des Zehnten mit den Worten «Geld eingenommen von Hühnern» dokumentiert. 

Welche Eier kaufen Sie? Diese Frage richtet sich an die Besucher, die mit einem künstlichen Ei abstimmen können, ob sie bei ihrem Einkauf sechs Importeier für 1,35 Franken oder lieber sechs Demeter-Bruderhahn-Eier für 5,50 Franken kaufen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Hühner in der Schweiz ist mit grafischen Elementen aufgearbeitet. In der Schweiz gab es vor hundert Jahren erst drei Millionen Hühner, heute sind es 13 Millionen. Dabei verdoppelte sich die Anzahl der Nutzhühner erst in den letzten 20 Jahren. 

Zahlen und Fakten von einst und jetzt
Ausserdem erfährt man in der Ausstellung interessante Zahlen zum Konsum von Hühnerprodukten. So zum Beispiel, dass in der Schweiz pro Einwohner und Jahr rund 14 Kilo Pouletfleisch konsumiert werden. Davon kommen 55 Prozent aus dem Inland und der grösste Import mit gefrorenen Poulets aus Brasilien. In den letzten 70 Jahren ist aus dem Hofhuhn ein Höchstleistungshuhn geworden, das auf Lege- oder Mastleistung gezüchtet wurde. Wie im Museum zu erfahren ist, hat sich keine andere Nutztierart derart rasant und radikal verändert. 

Ein Blick zurück zu den Hof- und Rassehühnern wird im Museum auch mit lebendigen Tieren ermöglicht. So wird der Innenhof für die Besucher belebt, damit die Begrüssung mit einem lebendigen «Kikeriki» erfolgen kann. Für einen Ausflug mit Schulen gibt es auch Führungen mit der Museumspädagogin, die das Thema stufengerecht vermittelt und den Besuch zu einem Erlebnis macht. 

Die Ausstellung läuft bis zum 5. April 2021. Öffnungzeiten: Di. – So. 11 bis 17 Uhr, Mo. geschlossen, www.allerheiligen.ch.