Schweizer Kaninchenrasse
Keine Swissness für die kleinen Schecken
Die Schweizer Dreifarben-Kleinscheckenkaninchen tragen ihre Herkunft im Namen. Sie gehören damit einer von drei echten Schweizer Kaninchenrassen an. Doch der Bund verweigert der gut 50-jährigen Rasse die Anerkennung.
Wann ist eigentlich eine Rasse eine Schweizer Rasse? Wenn ihre Wurzeln in der Schweiz liegen, wäre eine logische Antwort. Die Schweizer Dreifarben-Kleinschecken sind hierzulande entstanden, genauer in Winterthur ZH. So schrieb der Texaner Bob D. Whitman in seinem 2004 erschienenen Buch «Domestic Rabbits and Their Histories» auch: «Die Schweiz ist das Zuhause und das Ursprungsland dieser hübschen dreifarbigen Kleinrasse.»
Die Entstehung der Dreifarben-Kleinschecken ist bis ins Detail bekannt: Der Winterthurer Kaninchenzüchter Anton Häberli wollte in den 1960er-Jahren seine Vision einer schwarz und orange getupften Kleinrasse im Muster der Englischen Schecken verwirklichen. Als Ausgangsrassen wählte er Japanerkaninchen und Englische Schecken. Wie viele Rückschläge er erlebte und welche Schwierigkeiten er auf dem langen Weg zu seinem Traumkaninchen bewältigen musste, kann man nur erahnen. Jedenfalls dauerte es mehr als zehn Jahre, bis Häberli mit der neuen Rasse zufrieden war. 1977 gründete er mit acht weiteren Züchtern einen Rassenklub, 1984 wurde die Rasse unter dem Namen «Eulach-Scheckenkaninchen» vom Rassekaninchen-Zuchtverband offiziell anerkannt.
Schön und schwierig
Beinahe wären die getupften Urschweizer noch von Deutschland annektiert worden, doch da die Schweizer Züchter alle Unterlagen bis zum Beginn der 1960er-Jahre vorlegen konnten, blieb die Schweiz als Herkunftsland unumstritten. 2011 wurde die Rasse schliesslich auf Wunsch des Klubs in Schweizer Dreifarben-Kleinscheckenkaninchen umbenannt, um der «Swissness» Nachdruck zu verleihen.
[IMG 2]
Die bunt getupften Kaninchen fallen auf und wirken an Ausstellungen als Publikumsmagnet. Die Zucht ist anspruchsvoll. Die Rasse ist, wie alle Tupfenschecken, spalterbig, bei der Paarung fallen auch vollfarbige Tiere und helle Weisslinge. Die Genetik hat es in sich: Zur Scheckung kommt der sogenannte Mosaikfaktor dazu. Er ist für die Tupfung in zwei Farben nötig, beeinflusst aber auch die Musterung und kann zu unliebsamen Überraschungen führen.
Toni von Arb züchtet die Rasse seit 30 Jahren und leitete den Klub zwölf Jahre lang als Präsident. Er erinnert sich, wie gut die neue Rasse ankam: «Man fand kaum Zuchttiere! Für einen Zuchtstamm, einen Rammler und zwei Häsinnen, mit 93 Punkten zahlte man damals rund 300 Franken!» Der anfängliche Boom habe sich rasch gelegt, erzählte von Arb. Den meisten sei die Rasse zu schwierig gewesen. «Man kommt nur schrittchenweise vorwärts und braucht viel Durchhaltewillen.»
Durchhaltewillen gehört zu den Dreifarben-Kleinschecken von Beginn an. Sie zeigte sich in der schwierigen Herauszüchtung der Rasse, setzte sich fort im Kampf um die Anerkennung durch den Kaninchenzuchtverband, der die neue Rasse jahrelang ablehnte. Und jetzt ringen die Freunde der bunten Kleinschecke um die Anerkennung als echte Schweizerrasse durch den Bund. Dort gelten die Getupften nämlich nicht als Eidgenossen, obschon ihre Entstehungsgeschichte dies
lückenlos beweist.
Keine Rassen mehr nach 1949?
Die Tierzuchtverordnung des Bundes enthält eine ziemlich eigenwillige Definition, was eine Schweizer Rasse ist: «Als Schweizer Rasse gilt eine Rasse, die vor 1949 in der Schweiz ihren Ursprung hat oder für die seit mindestens 1949 ein Herdebuch in der Schweiz geführt wird.» Diese Formulierung (Artikel 23, Absatz 2 der Verordnung vom 31. Oktober 2012 über die Tierzucht) ist schwer nachvollziehbar. Denn damit kann keine einzige Rasse, die nach 1949 entstanden ist, jemals als Schweizer Rasse anerkannt werden. Das gilt nicht nur für Kaninchen, sondern für alle Haustierrassen. Früher lautete die Definition logischer: «Als Schweizer Rasse gilt eine Rasse, die in der Schweiz ihren Ursprung hat oder für die seit mindestens 1949 ein Herdebuch in der Schweiz geführt wird.» Wieso dies geändert wurde, ist nicht klar.
So erhielt der Rassenklub der Schweizer Dreifarben-Kleinschecken Anfang Oktober dicke Post vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Gestützt auf die fragwürdige Definition wurde den Züchtern eröffnet, dass ihre seit gut 50 Jahren gezüchteten Kaninchen gemäss der Vorstellung des Bundes keine Schweizer Rasse sei. Interessanterweise förderte jedoch das BLW noch 2012 den Aufbau eines Herdenbuches für die Schweizer Kaninchenrassen. Nebst den Schweizer Feh und den Schweizer Fuchskaninchen kamen damals diskussionslos auch die Dreifarben-Kleinschecken in den Genuss eines Herdebuches.
Die Schweiz hat sich 1992 im Abkommen von Rio verpflichtet, der biologischen Vielfalt von Arten, Rassen und Lebensräumen Sorge zu tragen. 2007 wurde der erste Globale Aktionsplan für Tiergenetische Ressourcen verabschiedet (Erklärung von Interlaken). Dieser untermauert die Wichtigkeit und Schutzwürdigkeit der Nutztierrassen und verpflichtet die Länder, ihre noch vorhandenen lokalen Rassen zu erhalten. Auch die Schweiz unterschrieb diese Vereinbarung.
Die moderne Landwirtschaft setzt auf einige wenige Rassen, die im jeweiligen Moment als besonders wirtschaftlich gelten. Der Grossteil der alten Nutztierrassen würde ohne gezielte Förderung aussterben – für viele ist es bereits zu spät. Mit jeder ausgestorbenen Rasse verliert die Tierzucht wertvolle Gene; das könnte eine Resistenz gegen eine neu auftretende Krankheit sein, oder die Fähigkeit, mit Klimaveränderungen besonders gut klarzukommen.
Unterschätzte Kaninchen
Diesen Genverlust will die «Erklärung von Interlaken» stoppen. Wird jedoch allen Rassen, die nach 1949 entstanden sind oder noch entstehen, die Schweizer Herkunft verweigert, fallen sie auch nicht unter den Schutz des Bundes.
Es ist willkürlich, den Dreifarben-Kleinschecken die Anerkennung als Schweizer Rasse zu verweigern. Kaninchen werden als Nutztiere oft unterschätzt, völlig zu Unrecht. Sie stehen nicht in Nahrungskonkurrenz mit dem Menschen und gehören zu den schnellsten Eiweissproduzenten. Aus diesem Grund waren sie stets auch in Krisenzeiten für die Ernährung der Menschen wichtig. Es ist zu hoffen, dass es der Arbeitsgruppe aus den Vertretern des Dreifarben-Kleinschecken-Klubs, Patrick Carlin und Toni von Arb, und Philippe Ammann, Bereichsleiter Tiere von ProSpecieRara, gelingt, das BLW zu einer Definition von Schweizer Rassen zu bewegen, die zukunftsgerichtet ist.
Dieser Artikel wurde automatisch auf unsere neue Website übertragen. Es kann daher sein, dass Darstellungsfehler auftreten. Diese können Sie uns mit folgendem Formular melden. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren