Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern gab die Sichtung am Montag bekannt und zitiert den kantonalen Jagdinspektor Niklaus Blatter mit den Worten: «Das ist ein historischer Moment». Letztmals sei ein wilder Bär 1823 im Saanenland gesehen worden.  

Der Bär von Eriz verhielt sich bisher völlig unauffällig, was laut den Kantonsbehörden darauf hindeutet, dass er sehr scheu ist. Die Wildhut des Kantons Bern arbeitet daran, den Standort des Tieres einzugrenzen und die Identität des Bären zu klären, bei dem es sich wahrscheinlich um ein junges, männliches Tier handelt. Blatter spricht auch von einer Herausforderung: «Wir werden die Situation genau beobachten und so viele Fakten zusammentragen wie möglich.»

Junge Männchen auf Wanderschaft seien sehr mobil. Deshalb sei unklar, ob sich der Bär noch in der Region Eriz aufhalte. Offen sei, ob es sich beim gesichteten Tier um jenen Bären handle, der letztes Jahr mehrmals im Kanton Uri gesehen worden sei («Tierwelt Online» berichtete). 

Graubünden – Uri – Bern?    
Seit 2005 wandern immer wieder Bären aus Norditalien in die Schweiz ein. Im vergangenen Jahr lebten vermutlich drei Tiere im Kanton Graubünden. Einer geriet im Unterengadin vor einen Zug und wurde tödlich verletzt («Tierwelt Online» berichtete), einer machte sich im April im Oberengadin bemerkbar und einer wanderte Ende April via Rheinwald nach Thusis.  

Dabei handelt es sich laut der bernischen Volkswirtschaftsdirektion wohl um einen Bär, der anschliessend via Trun in die Innerschweiz vordrang. Dort wurde er auf dem Hoch-Ybrig (Kanton Schwyz) und im Kanton Uri registriert. Weil sich dieser Bär auch in der Innerschweiz sehr unauffällig verhielt, glauben die Berner Behörden, dass es sich um dieses Tier handeln könnte. «Der Urner Bär hat in den letzten zwei Jahren auf Schweizer Boden gezeigt, wie unauffällig sich ein Bär in unserer dicht besiedelten Landschaft bewegen kann», schreibt die Berner Volkswirtschaftsdirektion. Jagdinspektor Blatter hofft, dass sich der Bär von Eriz so unauffällig verhält wie der Urner Bär.

Dass es sich um den Urner Bären handelt, hält Andreas Ryser, Wildtierbiologe und bei der Koordinationsstelle für Raubtierökologie und Wildtiermanagement (KORA) in Muri bei Bern für Bären zuständig, für plausibel. «Es ist gut möglich, dass es dieser Bär ist», sagte er am Montag auf Anfrage. Wenn es dieser Bär sei, sei er als Jungbär auf Wanderschaft und wohl via Susten und Brünig gekommen. Als nächstes gelte es nun zu schauen, ob der Bär bleibe, so Ryser. Das sagte auch der bernische Jagdinspektor Blatter am Montag im «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» von Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Grundsätzlich sei der Kanton Bern auf den Bären vorbereitet.

Zu Bär Distanz halten   
Schon hat der Erizer Bär zu einem ersten politischen Vorstoss geführt: Der Unterlangenegger SVP-Grossrat Samuel Krähenbühl hat nach eigenen Angaben Anrufe von besorgten Bauern aus der Gegend erhalten. Er will nun mit einer Anfrage vom Berner Regierungsrat wissen, wie er die vom Bär ausgehende Gefahr einschätzt. Das teilte Krähenbühl am Montag mit.

Wer in der freien Natur einem Bären begegnet, sollte Distanz halten, ruhig stehen bleiben und möglichst mit natürlichem Reden auf sich aufmerksam machen. «Versuchen Sie auf keinen Fall, sich dem Bären anzunähern», schreibt der Kanton Bern. Vielmehr gelte es, sich langsam zurückzuziehen, aber nicht zu rennen. Die Bevölkerung wird aufgerufen, jeden Nachweis eines Bären, sei es eine Beobachtung, Kot oder eine Spur, der Berner Wildhut oder dem Jagdinspektorat zu melden.