Der Terrorvogel Gastornis war nach einer Studie höchstwahrscheinlich doch kein furchteinflössender Fleischfresser. Der flugunfähige Riesenvogel mit dem riesigen Schnabel verspeiste einst Pflanzen, wie deutsche Forscher um Thomas Tütken von der Universität Bonn herausgefunden haben. Die Tiere lebten vor etwa 56 bis 40 Millionen Jahren in Europa und Nordamerika.

Die Experten hatten die Kalzium-Isotopenzusammensetzung fossiler Knochen des Vogels aus den Braunkohleschichten des ehemaligen Tagebaus im Geiseltal in Sachsen-Anhalt analysiert. Ihre Erkenntnisse präsentierten sie am Donnerstag auf der internationalen Goldschmidt-Tagung für Geochemie in Florenz.

Der Topräuber unter den Landtieren?
Gastornis war bis zu zwei Meter gross. Wegen seines mächtigen Schnabels und wegen seiner Grösse hatten viele Wissenschafter ihn für einen Fleischfresser gehalten. «Man nimmt an, dass Gastornis seinen riesigen Schnabel dafür genutzt hat, seine Beutetiere zu ergreifen und deren Knochen zu brechen. Diese Annahme beruht auf biomechanischen Berechnungen seiner Beisskräfte», erklärt Thomas Tütken von der Universität Bonn.

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Der Schädel des Terrorvogels im Naturhistorischen Museum von Washington D.C.
Bild: ZeWrestler/wikimedia.org/CC-BY-SA 

Der Vogel habe mehr als zehn Millionen Jahre nach dem Aussterben der Dinosaurier gelebt, als die Säugetiere noch relativ klein gewesen seien und sich noch in einem frühen Stadium ihrer Evolution befunden hätten. «Daher wurde angenommen, dass Gastornis zu dieser Zeit der Topräuber unter den Landtieren war.»

Nicht schnell genug für die Jagd
Andererseits bezweifeln Wissenschafter aber, dass Gastornis sich angesichts seiner Körpergrösse und seiner kurzen Beinknochen schnell fortbewegen und Jagd auf frühe Säugetiere machen konnte. Anhand der Kalziumisotope in den fossilen Knochen bestimmte Tütkens Team, ob Gastornis überwiegend pflanzliche oder tierische Nahrung zu sich nahm. Entlang der Nahrungskette reicherten sich leichte Kalziumisotope in Knochen und Zähnen an, erklärt Tütken. Bei Gastornis lägen die Werte ähnlich wie bei pflanzenfressenden Säugetieren und Dinosauriern – und nicht wie bei Fleischfressern.

In einem nächsten Schritt sollen Knochen von Urpferdchen und Raubtieren analysiert werden, die gemeinsam mit Gastornis im Geiseltal vorkamen. «Dies wird uns die notwendigen Vergleichsdaten liefern, um endgültig klären zu können, was diese riesigen Vögel gefressen haben», sagt Tütken.