Einsiedlerdrosseln komponieren ihre Lieder mit denselben Tönen wie Rockstars, Alphornbläser und Kirchenchöre. Die Tiere wählen dazu wohlklingende Tonfolgen aus Obertonreihen, so wie es etwa in der westlichen Musik bei Dur-Tonleitern gebräuchlich ist, berichtet ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift «PNAS».

Der Komponistin Emily Doolittle vom Cornish College of the Arts in Seattle (USA) war aufgefallen, dass die Lieder der Einsiedlerdrosseln aus Obertonreihen bestehen, so wie etwa ein Alphorn spielt. Obertöne sind die harmonischen Bestandteile eines Tons, sie geben einem Musikinstrument oder einer Stimme die Klangfarbe.

Also hat Doolittle gemeinsam mit Kognitionsbiologen der Universität Wien die Gesänge von 14 männlichen Einsiedlerdrosseln statistisch analysiert. Es zeigte sich, dass die in Nordamerika beheimateten Vögel (Catharus guttatus) nur bestimmte Töne aus einer Obertonreihe wählen, die den Tonarten in der westlichen Musik gleichen.

Die Frequenzen der Töne stehen in kleinen, ganzzahligen Verhältnissen zueinander, wie 1:2, 3:2 oder 3:4, weshalb sie in einer Melodie oder einem Akkord gut klingen. Diese Vogelart sei also «mit den Menschen einer Meinung», welche Töne miteinander harmonieren, erklärte Mitautor Tecumseh Fitch von der Uni Wien.

Kein physikalischer Zwang
Die Vögel unterliegen auch nicht einfach physikalischen Zwängen, wie etwa ein Alphorn, das nur bestimmte Töne einer Obertonreihe erzeugen kann, stellten die Forscher fest. Die Vögel wählen diese Töne aus ihrem möglichen Repertoire aus. Dafür träfen die Drosseln die Töne nicht ganz so exakt wie ein Alphorn-Bläser, zeigten die Forscher.

Die Wissenschaftler haben zwei Erklärungsansätze für ihre Beobachtung. Entweder bewerten die Weibchen die Qualität eines potenziellen Paarungspartners daran, wie genau er der Obertonreihe folgen kann. Oder die Vögel können – wie Menschen – Tonhöhen, die einer Obertonreihe folgen, leichter verarbeiten oder im Gedächtnis speichern.

Nach Angaben der Forscher stützt ihre Studie die Hypothese, dass einige Merkmale von menschlichen Musiksystemen zumindest teilweise auf biologischen Prinzipien basieren, die der Mensch mit anderen Tierarten teilt.