Zürich
Flughafen macht Jagd auf Bussarde
Obwohl sie geschützt sind, werden in der Schweiz immer wieder Greifvögel getötet – mit dem Segen der Behörden. Vor allem am Flughafen Zürich sorgen Mäusebussard und Co. für Probleme.
Für Werner Müller ist es «ein Flop des vergangenen Jahres». Der Geschäftsführer des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz sagt: «28 Greifvögel sind im abgelaufenen Jagdjahr getötet worden.» Das seien vier Mal mehr als ein Jahr zuvor und sieben Mal mehr als 2010. «Und das, obwohl Greifvögel in der Schweiz seit Jahrzehnten unter Schutz stehen.»
Dass die Zahl der Abschüsse angestiegen ist, hat vor allem mit dem sogenannten Vogelschlag am Flughafen Zürich zu tun. Davon spricht man, wenn Vögel mit Flugzeugen zusammenprallen oder in deren Triebwerke geraten. Die meisten dieser Vorfälle sind unproblematisch. Gerät aber ein grosser Vogel in ein Triebwerk, kann es sein, dass ein bereits gestartetes Flugzeug umkehren muss. «Im Jahr 2012 hat die Vogelschlagrate auf dem Flughafen Zürich stark zugenommen», sagt Mediensprecher Michael Stief.
Vor allem eine Ansammlung von Mäusebussarden auf dem Flughafengelände bereitete dem Unternehmen und den Behörden Sorgen. Deshalb erstellte der Kanton Zürich eine Sonderverfügung, wonach der Flughafen einzelne Mäusebussarde abschiessen konnte, wenn sie sich nicht vertreiben liessen und für die Flugsicherheit eine Gefahr darstellten. Das Jagdgesetz erlaubt solche Abschüsse von Einzeltieren, wenn sie erheblichen Schaden anrichten. Im Jahr 2012 habe der Flughafen daraufhin insgesamt 17 solche Hegeabschüsse vorgenommen, sagt Urs Philipp, Fischerei- und Jagdverwalter des Kantons Zürich.
Der Flughafen Zürich versucht, Vögeln den Aufenthalt zu vermiesen
Inzwischen hat der Kanton allerdings die Verfügung widerrufen. «Wir waren der Meinung, dass es sich nicht mehr einfach um Einzelabschüsse handelte», sagt Philipp. Gegen diesen Verfügungsrückzug wiederum hat der Flughafen Rekurs eingelegt. Zudem hat sich laut Philipp der Bund eingeschaltet, weil er der Meinung ist, dass für Verfügungen auf dem Flughafen der Bund und nicht der Kanton zuständig ist. Wegen des laufenden Verfahrens könne er nicht mehr zu der Rechtsstreiterei sagen, sagt Philipp. Aus demselben Grund äussern sich auch der Schweizer Vogelschutz und der Flughafen Zürich nicht zu Fragen zu den getöteten Mäusebussarden.
Michael Stief betont aber, dass der Flughafen mit diversen Mitteln versuche, die Vogelschlagraten zu vermindern. Um die Attraktivität des Geländes für Vögel gering zu halten, existiert ein vier Kilometer langer Mäusezaun mit Fallen, die Greifvögeln ihre Beute wegfangen. Das Gras wird je nach Situation und Standort entweder hoch stehen gelassen, damit Geifvögel kleine Beutetiere nicht mehr entdecken können, oder kurz geschnitten, damit bodenbrütende Vögel nicht nisten können. Zudem finden täglich mehrere Kontrollen statt. Haben sich viele oder viele grosse Vögel auf dem Flughafengelände versammelt, werden sie verscheucht, zum Beispiel durch Petardenschüsse.
Geschützte Greifvögel leben aber nicht nur am Flughafen Zürich gefährlich. Auch im Kanton Freiburg sind die Abschusszahlen in den vergangenen Jahren – auf tiefem Niveau – angestiegen. Im Jagdjahr 2012, das in den meisten Kantonen vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2013 dauerte, bewilligten die Freiburger Behörden gemäss der Eidgenössischen Jagdstatistik fünf Spezialabschüsse. Die Abschüsse seien bewilligt und von Wildhütern vorgenommen worden, um Hühner in Bio-Geflügelbetrieben der Marke Optigal zu schützen, sagt Adrian Aebischer vom Amt für Wald, Wild und Fischerei des Kantons Freiburg.
Ein Greifvogel kann im Hühnerstall ein Massensterben verursachen
In letzter Zeit seien vermehrt Meldungen eingegangen über von Habichten, Bussarden und Milanen getötete Hühner. Optigal-Betriebe haben laut Aebischer die Auflage, ihre Aussenanlagen mehrmals pro Jahr zu verschieben. «Die Hühner vor Greifvögeln zu schützen ist deshalb schwierig; es wäre ein immenser Aufwand, bei jedem Verrücken ein neues Gitter über die Aussenanlage zu spannen.»
Greifvögel können im Hühnerstall wahre Massenmorde anrichten. «Dringt ein Habicht in einen engen Stall ein, geraten die Hühner in Panik», erzählt Aebischer. «Ich kenne Fälle, in denen dabei 50 Tiere an einem Schock starben.» Abschüsse kommen nur bei Individuen in Frage, die sich nachweislich auf das Eindringen in Hühnerställe spezialisiert haben – und nur wenn es nicht gelingt, den Vogel mit Vorkehrungen am Eindringen zu hindern. Zum Teil fangen Wildhüter die Greifvögel sogar ein und lassen sie weit entfernt wieder frei. «Doch das klappt nur bei Jungvögeln, die noch kein Revier haben», sagt Aebischer. «Altvögel kehren rasch wieder zurück.»
Der Schweizer Vogelschutz beobachtet die Entwicklung skeptisch. Zwar könne er die Fälle im Kanton Freiburg nicht beurteilen, weil sein Verband darüber nie informiert worden sei, sagt Müller. «Aber wenn man wegen der Optigal-Hühner Greifvögel abschiesst, dann verlangen plötzlich auch andere Gruppen solche Massnahmen.» Dagegen wehre sich der Vogelschutz entschieden. «Wir werden nicht hinnehmen, dass immer mehr geschützte Vögel abgeschossen werden.»
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