Die aalähnlichen Neunaugen sind noch älter als Fische: Zusammen mit den Schleimaalen bilden die «Kieferlosen» die ursprünglichste Gruppe aller Wirbeltiere, teilte die Universität Basel am Dienstag mit. Der letzte gemeinsame Vorfahre mit allen anderen Wirbeltieren lebte vor etwa 500 Millionen Jahren.

Diese lebenden Fossilien kommen vielerorts in zwei Formen vor: Eine lebt nicht-parasitisch in Flüssen und eine im Meer, wo sie Blut von Fischen saugt und nur zum Ablaichen in die Flüsse wandert. Ihren Namen haben die Neunaugen von den Kiemenlöchern an den Körperseiten. Wegen ihres mit Raspelzähnen bewehrten runden Mauls werden sie auch «Rundmäuler» genannt.

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Bei diesem Anblick wirkt der Begriff «Rundmäuler» gar freundlich.
Bild: Enrique Dans/Flickr/CC-BY 

Zusammen im Nest
Zur Fortpflanzung treffen sich die beiden Formen jedoch an gemeinsamen Laichgründen und sogar in gemeinsamen Nestern im Kiesboden. Sie können auch miteinander gekreuzt werden – weshalb bislang umstritten war, ob sie verschiedene Arten darstellen. Dies hat nun das Team um Walter Salzburger von der Universität Basel zusammen mit portugiesischen Kollegen aufgeklärt.

Sie fanden bei einen europäischen Formenpaar deutliche Unterschiede an vielen Orten im Erbgut, weshalb es sich eindeutig um zwei unterschiedliche Arten handle, berichten die Forscher im Fachblatt «Current Biology». Sie bestätigen zudem die alte Annahme, dass sich die sesshaften Bachneunaugen aus den wandernden Flussneunaugen entwickelt haben.

Die Forscher konnten zudem zwölf Gene identifizieren, die diese Artunterschiede zementieren. Dazu gehören Gene des Immunsystems und bestimmte Gene, die für die Larvenentwicklung relevant sind. Deutlich unterscheidet sich auch das sogenannte Vasotocin-Gen, das bei Fischen bei der physiologischen Umstellung zwischen Salz- und Süsswasser wichtig ist.

Raritäten in der Schweiz
Das Flussneunauge, das wie Lachse freien Zugang ins Meer benötigt, ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schweiz ausgestorben. Das kleinere Bachneunauge, das auf natürliche Sandbänke angewiesen ist und schon von kleinsten Schwellen gestoppt wird, fungiert auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der Schweiz als «vom Aussterben bedroht».

Dank verbesserter Wasserqualität steigt das Flussneunauge heute laut Bundesamt für Umwelt wieder in den Oberrhein bis rund 50 Kilometer nördlich von Basel auf. Mit dem Bau von Fischaufstiegshilfen sollen die letzten Hindernisse angepasst werden, sodass das Flussneunauge – wie der Lachs – wieder in den schweizerischen Rhein einwandern kann.