Soll man nun oder soll man nicht? Ausländische Medien berichten immer wieder von gefährlichen Krankheiten mit oft tödlichen Folgen, ausgelöst durch Fütterung mit Brot. Von einer Deformation der Flügel ist die Rede, einem Symptom namens «Angel Wing» (deutsch: Engelsflügel), das von der kalorienreichen Ernährung durch Brot und damit einhergehendem Nährstoffmangel herrührt. Die Knochen rotieren von der Körperachse weg, die Flügel drehen sich nach aussen, so dass die Vögel oft nicht mehr fliegen können und im schlimmsten Fall dem Tod geweiht sind. 

«Angel Wing» kommt allerdings nicht nur bei Wasservögeln vor, auch Vögel, die nicht von Menschen gefüttert werden, sind ab und zu betroffen. Auslöser ist Mangelernährung während der Wachstumsphase – und die gibt es auch ohne Brot. Oft seien aber Wasservögel in der Nähe von menschlichen Siedlungen besonders betroffen, heisst es.

Michael Schaad von der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach gibt aber Entwarnung: «Bei Wildvögeln sind uns in der Schweiz keine solchen Fälle bekannt.» Dass so etwas in andern Ländern vorkomme, sei allerdings nicht ausgeschlossen. Auch weitere Probleme, von denen man immer wieder im Zusammenhang mit Fütterung liest, wie aufgequollenes Brot im Magen oder Legenot – eine Krankheit bei der die Kalkschale des Eis zu schwach ausgebildet und dieses somit nicht herausgepresst werden kann – habe man bei hiesigen Wildvögeln nicht beobachtet.

Schwäne mit Durchfall
Dennoch, ganz ohne ist die Fütterung nicht. Es gäbe Fälle von Schwänen, die Durchfall bekommen haben, weil sie nur mit Brot gefüttert worden seien, erklärt Schaad «Die Tiere waren sehr geschwächt und stark mit Parasiten befallen, als sie bei uns eingeliefert wurden.» Welches Schicksal ihnen gedroht hätte, wären sie nicht eingefangen worden, kann der Biologe nicht sagen, er stellt aber fest: «Bei einer massvollen Fütterung – also keine ganzen Laibe, sondern wenige in Stücke gebrochene Brotscheiben – muss man sich keine Sorgen um die Gesundheit der Vögel machen.»

Manche Städte und Gemeinden ersuchen die Bevölkerung, Wasservögel nicht zu füttern. «Dies sollte man respektieren», betont Schaad. Vogelfütterung kann für die Städte zu einer Reihe von Problemen führen. So kann es bei grossen Ansammlungen von Vögeln zu starker Verschmutzung durch Kot kommen. Auch Ratten und Tauben profitieren von der zusätzlichen Nahrungsquelle. Ausserdem führt Futter in kleineren Teichen manchmal dazu, dass zu viele Nährstoffe im Wasser vorhanden sind. Dies stellt für die Vögel keine Gefahr dar, wohl aber für die Fische: Sie können ersticken.

Vogelexperte Schaad weist ausserdem darauf hin, dass Füttern für die Vögel nicht überlebensnotwendig ist: «Die Wasservögel, die bei uns überwintern, sind bestens an die Verhältnisse angepasst und finden in geeigneten Gebieten auch ohne unsere Hilfe genug Nahrung.» Gleich verhält es sich mit den Singvögeln, die im Winter in hiesigen Gärten gefüttert werden. Möchte man seinen Kindern die Natur näher bringen, ist gegen eine Fütterung aber nichts einzuwenden. Hier können Sie lesen, was es dabei zu beachten gibt.