Forschung
Kakerlaken als Milchlieferanten?
Nicht nur Kühe geben Milch, auch eine in Südostasien verbreitete Kakerlake produziert ein milchähnliches Sekret. Wissenschaftler untersuchen, ob es sich als Nahrungsmittel für den Menschen eignen könnte.
Man würde es dem wuseligen Tierchen nicht geben. Aber die Kakerlake Diploptera punctata ist eine ziemlich fürsorgliche Mutter: Anders als die meisten anderen Kakerlaken-Arten legt das im Englischen als «Pacific Beetle Cockroach» bekannte Tier keine Eier, sondern bringt seinen Nachwuchs lebend zur Welt. In ihrer Bruttasche ernährt die Kakerlaken-Mutter die Embryonen mit einer Art Milch, die im Verdauungstrakt der kleinen Kakerlaken die Form von Milchproteinkristallen annimmt.
Und die haben es in sich: Ein Forscherteam am «Institute of Stem Cell Biology and Regenerative Medicine» im indischen Bangalore hat kürzlich herausgefunden, dass die Kakerlakenmilch viermal so viel Energie enthält wie die vergleichbare Menge Kuhmilch sowie Proteine, essenzielle Aminosäuren, Lipide und Zucker. Kein Wunder, dass die Nachkommen von Diploptera punctata, die vor allem auf pazifischen Inseln, in Australien und Süd-Ost-Asien lebt, viel schneller wachsen als die anderer Kakerlakenarten. Zudem sorgt die Form der Kristallisierung für einen besonderen Speicherungs- und Freisetzungsmechanismus. Denn die stabilen Kristalle setzen die Nährstoffe nach und nach frei – eine kalorienreiche Vollnahrung mit Langzeitwirkung.
Studien darüber, wie verträglich dieser Supercocktail in grösseren Mengen für Menschen wäre, gibt es noch nicht. Theoretisch könnte die nahrhafte Kakerlaken-Milch aber im Kampf gegen den Hunger in armen Ländern helfen und Grundlage neuer Proteindrinks werden. Auch die Umwelt könnte profitieren, wenn Kakerlaken-Milch einen Teil der Kuhmilch ersetzt und dadurch den Methanausstoss drosselt. Zudem würde für die Produktion weniger Wasser benötigt als für die Herstellung von Mandelmilch und anderen veganen Alternativen.
Reagenzglas statt Melkmaschine
Bloss: Wie melkt man eine 15 bis 25 Millimeter grosse Kakerlake? Die herkömmliche Methode funktioniert unter anderem schon deshalb nicht, weil die Tiere keine Euter haben. Für die ersten Untersuchungen holten die Wissenschaftler Embryonen aus dem Brutsack einer Kakerlake. Aus diesen entfernten sie die Gedärme, aus denen wiederum die Milchkristalle isoliert wurden. Um Kakerlakenmilch für den Konsum zu gewinnen, wäre natürlich auch diese Vorgehensweise weder ethisch vertretbar noch praktikabel. Doch da es den Forschern gelungen ist, die Gene der Milchproteinkristalle zu sequenzieren, könnte man die Kakerlaken-Milch vermutlich schon bald im Labor heranzüchten. Bis wir Kakerlakenmilch in unseren Kaffee oder über die Cornflakes schütten können, wird aber wohl noch etwas Zeit vergehen. Um die Produktion grösserer Mengen möglich zu machen, versuchen die Forscher nun erst einmal, die Milchkristalle mithilfe von Hefe zu vervielfältigen.
Sollte das gelingen, wäre die nächste Herausforderung sicher eine überzeugende Vermarktung – zumindest in westlichen Ländern, in denen die meisten Menschen Kakerlaken eher eklig finden. In anderen Regionen könnte es dagegen ein Leichtes sein, die Konsumenten vom neuen Produkt zu überzeugen. So gehören die Krabbeltiere zum Beispiel in China schon jetzt zu den normalen Nutztieren – allerdings als Lieferanten fester Nahrung. Knusprig frittiert sollen sie nicht nur lecker und nahrhaft sein, im Land der Mitte werden ihnen sogar heilende Kräfte zugesprochen.
Der Geschmack von Kakerlaken-Milch soll übrigens recht neutral sein. Das sagte jedenfalls Leonard Chavas, einer der Autoren der Studie. Er probierte die Milchkristalle einmal, nachdem er ein Trinkspiel mit Kollegen verloren hatte.
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