Forschung
Warum Vögel keine Ohrmuscheln brauchen
Ein deutsches Forschungsteam hat herausgefunden, wie Vögel hören können, auf welcher Höhe sich eine Schallquelle befindet.
Es ist Frühjahr, zwei Amseln singen um die Wette. Sie buhlen um die Gunst eines Weibchens. Welchen der beiden Amselmänner wird es erhören? Dafür muss das Weibchen seinen Wunschpartner erst einmal orten können.
«Da Vögel keine Aussenohren haben, dachte man lange, dass sie Laute aus unterschiedlichen Höhen nicht unterscheiden können», erklärt Hans A. Schnyder vom Lehrstuhl für Zoologie der Technischen Universität München (TUM). «Allerdings sollte eine weibliche Amsel 'ihr' Männchen auch dann finden, wenn dieses direkt über ihr trällert.»
Kopf übernimmt Funktion der Ohrmuschel
Säugetiere identifizieren vertikale Geräuschquellen mit ihren Aussenohren: Deren besonderer Aufbau schluckt die Schallwellen, reflektiert oder beugt sie. Aus diesen Informationen leitet das Gehör ab, aus welcher Höhe ein Laut kommt. Doch wie nehmen Vögel diese Unterschiede wahr? Durch Untersuchungen an drei Vogelarten – Krähe, Ente und Huhn – fand Schnyder heraus, dass auch Vögel Schall aus verschiedenen Höhenwinkeln identifizieren können. Offenbar verändert ihr leicht oval geformter Kopf Schallwellen in ähnlicher Weise wie Ohrmuscheln.
«Am Trommelfell der Vögel haben wir die Lautstärke von Tönen aus unterschiedlichen Höhenrichtungen gemessen», berichtet Schnyder. Alle Geräuschquellen, die auf derselben Seite wie das Ohr liegen, sind ähnlich laut, egal aus welcher Höhe sie kommen. Das Ohr auf der gegenüberliegenden Seite des Kopfes registriert Höhenunterschiede dagegen viel genauer – in Form unterschiedlicher Lautstärken. Dafür verantwortlich ist die Kopfform der Vögel. Je nach dem wo Schallwellen am Kopf auftreffen, werden sie zurückgeworfen, geschluckt oder abgelenkt. Ob ein Geräusch von oben oder unten kommt, errechnet das Gehirn aus den unterschiedlichen Lautstärken an beiden Ohren. «Somit können Vögel erkennen, wo genau sich eine seitlich gelegene Schallquelle befindet – zum Beispiel auf Augenhöhe», führt Schnyder aus.
Schleiereule hat andere Strategie
Warum haben Vögel das vertikale Hören entwickelt? Bei den meisten Vögeln sitzen die Augen seitlich, sie haben damit ein Sehfeld von nahezu 360 Grad. Da sie zusätzlich darauf spezialisiert sind, seitliche Geräusche aus unterschiedlichen Höhen zu verarbeiten, ergänzen sich die Informationen von Hör- und Sehsinn in idealer Weise – eine wichtige Fähigkeit für Vögel, die als Beutetiere gejagt werden.
Einige Greifvögel wie die Schleiereule haben eine völlig andere Strategie entwickelt. Die Eulenart jagt im Dunklen, wie beim Menschen sind ihre Augen nach vorn gerichtet. Ihr Federschleier im Gesicht modifiziert Laute in ähnlicher Weise wie Außenohren. Im Gegensatz zu den von Schnyder untersuchten Vogelarten hört die Eule frontale Geräusche am besten.
Originalpublikation:
Hans A. Schnyder, Dieter Vanderelst, Sophia Bartenstein, Uwe Firzlaff and Harald Luksch: The Avian Head Induces Cues for Sound Localization in Elevation. PLOS ONE, November 2014
doi:10.1371/journal.pone.0112178
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