Tierwelt 12/2013
Wenn Fische Tauben jagen
An Attacken aus der Luft sind Tauben gewöhnt. Wenn ein Greifvogel angreift, reagieren sie rasch mit Flucht. Was aber, wenn Gefahr aus dem Wasser droht?
Vögel wie Kormorane, Eisvögel, Graureiher, Zwergtaucher oder Haubentaucher ernähren sich gerne von Fischen. Aber gibt es auch Fische, die auf Vögel Jagd machen? Französische Fischer, die am Ufer des Flusses Tarn im Süden Frankreichs ihrem Hobby frönten, haben vor einiger Zeit ungewohnte Beobachtungen gemacht.
Am flachen Ufer des Flusses finden sich regelmässig Tauben ein, um Wasser zu trinken und ihr Gefieder zu pflegen. Dazu gehört das abschliessende Sonnenbad, bei dem sich die Vögel nur ungern stören lassen. Am Tarn ist es nun aber vorbei mit der Ruhe. Die Fischer haben mehrmals beobachtet, wie Welse sich den Tauben näherten und dann blitzschnell eine packten. Dabei seien die Fische bis zur Hälfte ihrer Körperlänge aus dem Wasser auf das Kies geschossen, um sich dann mit oder ohne Beute im Maul wieder ins Wasser zurückgleiten zu lassen. Einer der Fischer meldete diese Beobachtung dem Wissenschaftler Frédéric Santoul vom Ecolab der Universität Toulouse. Klar, dass er und sein Team herausfinden wollten, ob diese Meldung stimmt.
Der Wels ist der grösste europäische Süsswasserfisch, er wird bis zu zwei Meter lang. Normalerweise ernährt er sich von Fischen und ist eher nachtaktiv. Im Tarn gibt es seit 1983 Welse. Auch in vielen Schweizer Gewässern ist der Wels heimisch und es werden, wie auch in Frankreich, immer wieder zum Teil wenig glaubhafte Geschichten erzählt. Ein Beispiel: «Eine Dame ging mit einem kleinen Hündchen an einem Seeufer spazieren. Das Hündchen sprang dabei immer wieder ins Wasser. Die anwesenden Fischer warnten die Dame vor den Welsen. Sie nahm an, dass ihr Liebling die Fischer störte. Da klatschte ein Riese von einem Wels aus dem Wasser, ein Schnapp und weg war das Hündchen samt Leine.» Glaubhaft ist allerdings eher, dass Welse sich gelegentlich eine Ente holen. Und nun machen sie offensichtlich auch noch Jagd auf Tauben am Strand.
Die Welse warfen sich auf den Strand wie Orcas auf der Jagd nach Robben
Die Wissenschafter gingen der Sache nach. Von Juni bis Oktober 2011 baute das Forscherteam einen Beobachtungsposten auf der Brücke über den Tarn in Albi. Dieser Ort schien besonders interessant, da sich im Fluss eine kleine Kiesinsel befindet. Auf dieser halten sich häufig Tauben auf. Von der Brücke aus konnte gut beobachtet werden, ohne die Vögel und die Fische zu stören. Im Laufe von 24 Beobachtungssitzungen à drei Stunden haben die Forscher 54 Attacken gezählt, davon waren 15 erfolgreich. Komischerweise griffen die Welse nicht die ruhenden Tauben an, sondern jene, die in Bewegung waren.
Wie Blitze schossen die Welse aus dem Wasser, um ihr Opfer zu packen. Zum Teil seien sie bis zur Hälfte auf dem Kiesstrand gelandet, wie man es von den Orcas kennt, wenn sie Robben fangen. Erstaunlich ist ausserdem, dass die sonst fischfressenden Welse tagsüber eher passiv ruhen und in den Abendstunden jagen. Um Tauben zu jagen, mussten sie diese Gewohnheit umstellen und wie die Vögel tagsüber aktiv werden.
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Videoaufnahmen von Wels-Angriffen auf Tauben in Frankreich. Quelle: YouTube/channelplosone
Für die Tauben ist der Wels kein Feind, sie reagieren nicht auf seine Angriffe
Laboruntersuchungen haben ergeben, dass Welse, die Tauben fangen, sich bis zu 80 Prozent von den Vögeln ernähren. Andere hingegen haben nur Fische gefressen. Dabei ist aufgefallen, dass nur die bis zu 1,50 Meter langen Welse auf Tauben umgestellt haben. Möglicherweise könnte es sein, dass es für die grösseren Welse zu anstrengend ist, so weit aus dem Wasser zu springen.
Die Tauben ihrerseits sind an Feinde von oben gewöhnt, bei Attacken von Wanderfalke oder Habicht reagieren sie blitzschnell. Der Feind aus dem Wasser ist ihnen dagegen völlig fremd, sie reagieren überhaupt nicht, wenn eine «Kollegin» nebenan verschwindet, und baden ruhig weiter und bleiben am Strand liegen. Vielleicht müsse man mehrere Generationen abwarten, so Santoul, bis die Tauben den Wels als Feind registriert haben.
Glücklicherweise kommt es selten vor, dass Brieftauben sich an Seen und Flüssen aufhalten, um Wasser aufzunehmen. Ob es wohl auch in der Schweiz Welse gibt, die Tauben fangen?
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