Forschungsschwerpunkte
«Forschung hilft, Pferde besser zu verstehen»
Die Stiftung Pro Pferd unterstützt Forschung zur Verbesserung der Gesundheit, Leistungsfähigkeit und der Lebensbedingungen von Pferden. Der Präsident des Stiftungsrates, Martin Wipfli, gibt Auskunft dazu, wie das Engagement der Stiftung die Interaktion zwischen Menschen und Pferden verbessern will.
Herr Wipfli, seit wann gibt es die Stiftung und aus welchem Ansporn heraus wurde sie gegründet?
Gegründet wurde die Stiftung im Jahr 1994. Unser Wunsch war und ist es, mittels wissenschaftlicher Erkenntnisse mehr Verständnis für den Partner Pferd – sein Wesen und seine Gesundheit – zu erzeugen. Denn nur auf dieser Basis kann eine vertrauensvolle oder sogar symbiotische Bindung zwischen Mensch und Tier entstehen.
Wie werden die Projekte ausgewählt, die durch die Stiftung unterstützt werden?
Unser wissenschaftlicher Beirat selektioniert und begutachtet die eingehenden Anfragen. Bei offenen Fragen wird ein zusätzliches Gutachten von externen Fachpersonen angefordert. Und schliesslich gelangen diejenigen Projekte, die als unterstützungswürdig angesehen werden, vor den Stiftungsrat. Pro Projekt werden 15 000 Franken gesprochen, bei sehr wichtigen Forschungsvorhaben kann die Summe höher ausfallen.
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Ein von Ihnen als Leuchtturmprojekt bezeichnetes Forschungsvorhaben befasst sich mit der künstlichen Herstellung des Hormons PMSG. Weshalb ist dies so wichtig?
Das Hormon PMSG, das in der Schweinezucht zur Brunstsynchronisation eingesetzt wird, muss bisher unter qualvollen Bedingungen aus dem Blut trächtiger Stuten gewonnen werden. Die schrecklichen Blutfarmen in Island waren erst kürzlich wieder in den Medien. Im Bereich der Laborproduktion ist die künstliche Herstellung des Hormons dank dem Segon-Projekt bereits möglich. Nun wurde damit begonnen, mit externen Partnern zu validieren, was die nächsten Schritte zur Gross-Produktion sind. Einmal auf dem Markt, kann dieses synthetisch hergestellte Hormon das Leid sehr vieler Pferde lindern.
Können Sie uns einige der wichtigsten Projekte vorstellen, die Ihre Stiftung bisher unterstützt hat?
Interessant ist das 2020 gestartete Projekt zur Entwicklung einer vorbeugenden Impfung gegen das Sommerekzem. Grosse Resonanz erhielt auch das Projekt, in dem es darum ging, die optimale Hufform herauszufinden, damit der für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Pferdes enorm wichtige Huf gesund und belastbar bleibt. Man wollte herausfinden, wie ein deformierter Huf durch die richtige Bearbeitung ausbalanciert werden kann. Eine weitere Studie mit hohem Praxisbezug drehte sich um die Rückengesundheit unserer Reitpferde. Das Ziel dieser umfassenden Studie war es, schweizweit herauszufinden, wie viele Reitpferde tatsächlich Rückenschmerzen haben und wie diese mit wichtigen Einflussfaktoren wie Sattelpassform, Reitstil oder Reitergesundheit und -fertigkeit zusammenhängen. Im Bereich der Zucht ist die Studie zum Turner-Syndrom bei Stuten wichtig. Deren Ziel ist, einen Schnelltest zu entwickeln, bei dem die Anzahl X-Chromosomen bestimmt werden kann. So lassen sich unfruchtbare Stuten erkennen, was diesen unnötige Bedeckungen und Therapien erspart.
Ein erklärtes Ziel Ihrer Stiftung ist es, die Pferdeforschung einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Wie gehen Sie dazu vor?
Grundlagenforschung ist wichtig. Wir fokussieren uns jedoch eher auf Studien mit einem hohen Praxisbezug, wo konkrete Hilfestellungen resultieren, die wir vermitteln. Wir möchten alle Pferdemenschen ansprechen, von der Freizeitreiterin bis zum Leistungssportler. Dies tun wir über öffentliche Symposien und Referate – die von uns unterstützten Forschenden verpflichten sich alle, ihre Studien an Vorträgen vorzustellen, und zwar in einfach verständlicher Sprache. Ein Türöffner sind sicher auch unsere Patrons, bekannte Pferdemenschen wie Fredy Knie oder Martin Fuchs. Haben wir einen Stand an einem grossen Concours oder einer Messe, besuchen sie uns und schaffen es, im direkten Austausch ganz viele pferdebegeisterte Menschen auf unsere Arbeit aufmerksam zu machen.
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Was für Forschungsschwerpunkte sind Ihrer Meinung nach in der Zukunft wichtig?
Im Vordergrund stehen sicher die drei Hauptthemen: pferdeschonendes Reiten, artgerechte Haltung und Fütterung. Mit der von uns unterstützten Forschung soll den Reiterinnen und auch Pferdehaltern geholfen werden, das Pferd noch besser zu verstehen und entsprechend mit ihm umzugehen.
Wie viele Projekte wurden von Ihrer Stiftung bereits unterstützt?
Dank unseren Gönnerinnen konnten bereits mehr als 80 Forschungsprojekte im Umfang von insgesamt über 3,2 Millionen Franken unterstützt werden. Hauptsächlich werden diese an den beiden Veterinärmedizinischen Fakultäten der Universitäten Bern und Zürich durchgeführt. Die Wissenschaft ist ja international stark vernetzt. Falls also auch einmal Forschende aus Wien, München oder Dijon mit spannenden und wirklich wichtigen Projekten an uns herantreten, prüfen wir auch diese.
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