Sind Sie vom Aff bisse?» – diese Frage stellte einst ein SVP-Politiker einem Journalisten; wohl kaum mit der Absicht, eine ernsthafte Antwort darauf zu erhalten. Da wäre Thomas Marent ein besserer Gesprächspartner gewesen. Der 47-jährige Fotograf hat in den letzten sieben Jahren 133 verschiedene Primaten-Arten abgelichtet. Er reiste in der ganzen «Weltgeschichte» herum, um die Tiere aufzuspüren. «Pro Jahr war ich sicher fünf Monate auf Tour» sagt er. 

Marents Augen leuchten, wenn er die Länder aufzählt, die er bereiste: «Japan, China, Vietnam, Kambodscha, Malaysia, Indonesien, Indien, Belize, Peru, Kolumbien, Brasilien, Venezuela, Madagaskar, Kenia, Tansania, beide Kongo, Äthiopien, Ruanda, Uganda und Gabun.» Er ergänzt schmunzelnd: «Ich wurde aber nie gebissen.» Ab und zu fletschten einige Affen als Drohgebärde die Zähne, einen ernsthaften Vorfall gab es nie. «Nur einmal zerkratzte mir eine Affenmutter den Rücken, als ich ihrem Jungen zu nahe kam.»

Der Aargauer besuchte vor allem Regenwälder, da dort die meisten Affen zu Hause sind. Bevor er auf eine Expedition ging, musste er jeweils mit Wissenschaftlern abklären, wo genau die gesuchte Affenart lebt. Dann engagierte er einen lokalen Guide, der sich in der Umgebung auskennt. Die Suche dauerte teilweise sehr lange. «Es gab auch Tage, an denen ich unverrichteter Dinge wieder abziehen musste», erzählt Marent. Er unternahm meist eintägige Touren und übernachtete in wissenschaftlichen Stationen oder in nahe gelegenen Siedlungen. 

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Menschen bedrohen die Artenvielfalt
Am liebsten fotografiert Marent bei Regen oder bedecktem Himmel. «Für einen Fotografen gibts nichts Schlimmeres als Sonne und blauen Himmel», sagt er. Dann seien die Kontraste sehr ungünstig. Bei Regen nicht. «Doch ich bin dann jeweils darauf angewiesen, dass mir der Guide den Regenschirm hält.» In Ausnahmefällen gehe es ohne Regenschirm, aber nur für ein paar Minuten, damit die Kamera nicht kaputtgeht. Für gute Motive begibt sich Marent auch in gefährliche Situationen. «Ich wäre mal fast ins Wasser gefallen, weil ich stehend und freihändig in einem wackligen Boot den roten Uakari fotografiert habe», sagt Marent. Manchmal sei es vorgekommen, dass Wege wegen Überschwemmungen oder anderer Naturkatastrophen nicht passierbar waren. «Das war aber glücklicherweise selten.» Mühsam waren laut Marent Kleintiere wie Blutegel, Ameisen, Moskitos oder andere Insekten. In Lateinamerika machten ihm Hautmilben zu schaffen. «Die verursachen einen furchtbaren Juckreiz», sagt er. Oder auch Mücken in Afrika, die Malaria übertragen können. Prophylaxe war daher wichtig. «Ernsthaft krank wurde ich aber nie» sagt er. 

Vor einem Jahr jedoch erlitt Marent einen herben Rückschlag. «In Costa Rica wurde meine Fotoausrüstung gestohlen, und alle Aufnahmen von zwei Monaten gingen verloren, da ich kein Back-up hatte», sagt er. «Ich war am Boden zerstört.» Damals habe er sogar eine Weile daran gedacht, mit dem Fotografieren aufzuhören. Soeben hat er die Reise wiederholt. «Aber das Resultat ist natürlich nicht das Gleiche.» 

Marents eindrückliche Affenbilder wurden nun im diesen Frühling erschienenen Buch namens «Affen der Welt – Welt der Affen» veröffentlicht. Zu sehen sind rund 100 verschiedene Primatenarten in ihrem natürlichen Lebensraum, etwa der Mausmaki mit den riesigen Augen, der Mandrill mit den «gfürchigen» Eckzähnen oder auch bekannte Grössen wie der Orang-Utan. Marent ist es wichtig, darauf hinzuweisen, wie viele der Arten bedroht sind. «Von einigen Arten gibt es nur noch ein paar Hundert Exemplare», sagt er. «Die Schuld daran trägt der Mensch.» 

Vor allem die fortschreitende Zerstörung des Regenwaldes sei eine Katastrophe. Daran werde sich leider nicht viel ändern, glaubt Marent. Ihm ist die Empörung darüber deutlich anzusehen. «Ich habe kaum Hoffnung, dass sich eine Besserung einstellt. In den ärmeren Ländern steht Naturschutz an letzter Stelle.» Das Buch soll daher laut dem Fotografen die Menschen daran erinnern, dass unbedingt mehr für die Erhaltung der Tiere und deren Lebensräume getan werden muss.

Durchbruch als Fotograf vor acht Jahren
Schon als Kind war Marent von der Fotografie fasziniert und begann bald, sich immer ernsthafter damit zu beschäftigen. In der Natur fand er seine besten Motive. 1989 war er erstmals im Regenwald, in Australien. «Ich war sehr beeindruckt von der Farben- und Formenvielfalt.» Fotografieren zu seinem Beruf zu machen, fiel ihm aber vorerst nicht ein. Er absolvierte eine Lehre als Maschinenzeichner, arbeitete jeweils ein paar Monate, um dann wieder herumzureisen und zu fotografieren. «Der Beruf des Maschinenzeichners hat mir nie richtig gefallen», sagt Marent. Immerhin konnte er damit aber seine Expeditionen finanzieren.  Irgendwann hatte er so viele Bilder in seinem Portfolio, dass ihn die Idee packte, ein Buch zu veröffentlichen. «Ich war zwar damals arbeitslos und hatte wenig Geld. Doch ich wollte nicht so schnell aufgeben.» Er schickte seine Werke an verschiedene Verlage – und «bingo»: Der bekannte englische Verlag Dorling & Kindersley in London zeigte Interesse. «Der Regenwald» erschien 2006 und wurde zum Erfolg. «Ich musste in England gar ein Medientraining machen und wurde im Fernsehen interviewt», erzählt er. Das Buch hatte eine Auflage von 300 000 Exemplaren und wurde in 16 Sprachen übersetzt. Marent wurde bekannt. So bekannt, dass er seitdem von der Naturfotografie leben kann. Er veröffentlichte weitere Bücher, das Affenbuch ist sein fünftes. Ein Auftrag war ausserdem das Migros-Stickerbuch «Abenteuer Regenwald». «Da habe ich alle 200 Bilder von Urwaldtieren beigesteuert» sagt er stolz. Von dem Album seien rund 655 000 Exemplare verkauft worden. 

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 Thomas Marent: «Affen der Welt – Welt der Affen», 240 S., gebunden,
 Verlag: Frederking & Thaler, ISBN: 978-3-95416-118-8, ca. Fr. 69.–

Insekten zählen und Reisen leiten
Als selbstständiger Naturfotograf kommt er finanziell aber nur knapp durch. «Ich könnte keine Familie ernähren», sagt er. Um sein Einkommen aufzubessern, hat Marent in den letzten Jahren weitere Standbeine aufgebaut. Für verschiedene Ökobüros und auch das Bundesamt für Umwelt führt er Monitorings durch: Er zählt die Bestände von Tagfaltern, Heuschrecken und Libellen in verschiedenen Gebieten der Schweiz. 

Ausserdem leitet er Naturfoto-Reisen mit integrierten Workshops im Auftrag der Badener Schule «Zentrum Bildung». Die Trips in Länder wie Madagaskar oder Costa Rica dauern zwei bis drei Wochen und sind jeweils gut besucht. «Diese Angebote will ich in den kommenden Jahren noch mehr ausbauen», sagt er. Weitere persönliche Expeditionen hat Marent momentan nicht vor. «Ich bin soeben von einer langen Reise zurückgekehrt und muss zuerst einmal meine Aufnahmen bearbeiten», sagt er. Auch ein weiteres Buch ist nicht geplant. «Aber wenn, dann sicher wieder eines über den Regenwald.»

www.thomasmarent.com

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