Neonschimmer aus dunklen Amazonasfluten
Rote Neonfische müssen im Schwarm gepflegt werden
Der Neonfisch wirkt vor allem im Schwarm. Es gibt kaum eine Zoohandlung, die ihn nicht führt. Schwimmt das Amazonasfischchen zu Hunderten durch ein grosses Zooaquarium, kann niemand seinem Zauber entgehen.
Dunkle Wassermassen, die aussehen wie Kaffee mit wenig Milch, schieben sich durch den südamerikanischen Dschungel. Die Nebenarme des Rio Negro sind die Lebensräume eines äusserst populären Fisches. Der Rote Neonsalmler lebt in stillen Flachwasserzonen im Schutz von überhängender Vegetation zwischen Wurzeln und Laub. Die leuchtenden Farben helfen den Individuen, im dunklen oder manchmal auch trüben Wasser miteinander in Kontakt zu bleiben.
In den Tropen Südamerikas gibt es Schwarz-, Weiss- und Klarwasserflüsse. Der Rote Neonsalmler stammt hauptsächlich aus den Nebenflüssen des Rio Negro, wo oft bernsteinfarbenes Wasser vorherrscht, das als Klarwasser bezeichnet wird. Falllaub und Wurzeln reichern es mit Gerbstoffen und Huminsäuren an. Einen Eindruck, wie das Lebenselixier des Roten Neons aussieht, vermittelt der Étang de la Gruère im Jura. Das Wasser dieses Moorsees ist bernsteinfarben und würde sich von der Qualität her als perfektes Biotop für den Roten Neon eignen.
Es war eine Sensation in der Aquaristik, als erste Neonfische um 1956 nach Deutschland gelangten. Der Siegeszug des drei bis vier Zentimeter grossen Tropenflussbewohners durch Wohnzimmeraquarien ist bis heute nicht abgebrochen, auch in der Schweiz. Bei der Zoohandelskette «Qualipet» beispielsweise gehört die Art zu den beliebtesten Zierfischen, nach denen gefragt wird.
Buchenblätter machen Tropenwasser
Rote Neonfische müssen im Schwarm gepflegt werden. Am besten kommen sie im Aquarium zur Geltung, wenn fünfzig bis hundert Individuen oder mehr gehalten werden, so wie etwa im Aquarium des Basler Zoos, wo sogar die anspruchsvolle Zucht gelang. Für einen Grossschwarm mit bis zu hundert Individuen sollte ein 150- bis 200-Liter-Aquarium zur Verfügung stehen. In einem 50-Liter-Becken kann ein kleiner Schwarm von zehn bis zwanzig Neonfischen gepflegt werden. Der Rote Neon ist ausserordentlich friedlich. Er kann mit Panzerwelsen, kleineren Buntbarschen Südamerikas und anderen Salmlern vergesellschaftet werden. Bedingung ist, dass es sich um Arten handelt, welche die gleichen Ansprüche an die Wasserqualität stellen. Wenn junge Neonfische und junge Skalare gleichzeitig eingesetzt werden und zusammen aufwachsen, gelingt auch diese äusserst reizvolle Kombination. Bei alten, grossen Skalaren besteht hingegen die Gefahr, dass sie kleinen Neonfischen nachstellen.
Neonsalmler
Der Rote Neonsalmler (Paracheirodon axelrodi) gehört zur Familie der Salmler. In seinem Schatten steht der bereits 1930 nach Europa importierte Neonsalmler (Paracheirodon innesi). Er unterscheidet sich durch sein halbes, rotes Band unterhalb des blauen Längsstreifens vom Roten Neon, dessen Rot sich über die gesamte Fischlänge zieht. Beim Neonsalmler setzt sich der Rest silbern fort. Der Neonsalmler lebt im nördlichen und westlichen Amazonasgebiet. Auch er bevorzugt Schwarzwasser, es gibt aber auch Bestände in Klarwasser.
Rote Neonfische machen sich gierig über Flockenfutter oder über gefrorene schwarze und weisse Mückenlarven aus dem Zoohandel her. Das Anspruchsvolle an der Haltung des Roten Neons ist die Wasserqualität. Schweizer Leitungswasser enthält zu viel Kalk, ist also zu hart für die sensiblen Fischchen aus tropischem Gewässer. Werden sie, neu erworben, in reines Leitungswasser gesetzt, gibt es Ausfälle. Sie sollten erst ins Aquarium eingesetzt werden, wenn es gut eingelaufen ist, das heisst, wenn sich das entsprechende Wassermilieu eingependelt hat. Eine Wassertemperatur zwischen 23 und 27 Grad Celsius und ein pH-Wert von 6,5 sind für den Roten Neon ideal. Er passt sich aber auch an härteres Wasser an. Um die Härte des Leitungswassers zu reduzieren, bietet der Zoohandel entsprechende Produkte an, die es mit Huminsäure anreichern. Dieser Effekt kann aber auch erreicht werden, indem man trockenes Buchenlaub und Erlenzäpfchen sammelt und ins Aquarium gibt.
[IMG 2]
Wird das Laub vorher einige Tage in einem Wasserkessel eingeweicht, sinken die Blätter im Aquarium sofort auf den Grund. Das bernsteinfarbene Wasser aus dem Kübel kann ebenfalls ins Aquarium geleert werden. Die sich zersetzenden Blätter verleihen dem Aquarium ein natürliches Ambiente und geben auch Kohlenstoffdioxid an das Wasser ab, was wiederum von den Aquarienpflanzen tagsüber zum Wachstum benötigt wird. In der Aquaristik wird der Rote Neon meist in schönen Pflanzenaquarien, oft mit Moorkienholzwurzeln dekoriert, gehalten. Somit ist es essenziell, dass die Bedingungen auch für die Wasserpflanzen stimmen. Doch vom hohen CO2-Gehalt profitieren nicht nur die Wasserpflanzen. Der Härtegehalt des Wassers senkt sich dadurch, was zu so genannt weicherem Wasser führt, das demjenigen der Tropen Südamerikas ähnlicher ist. Im Lebensraum des Roten Neonsalmlers dominieren Wurzeln, Laub und Wasserpflanzen.
Bei guten Bedingungen kann der Rote Neon fünf Jahre oder gar älter werden. Das ist in der Natur nicht so, denn dort lebt er als Saisonfisch. Meist stirbt er nach der Reproduktionsphase. Wenn auch der Bedarf an Süsswasserfischen heute fast gänzlich mit Nachzuchten aus kommerziellen Betrieben abgedeckt wird, so wird der Rote Neon seit seiner Entdeckung auch als Wildfang gehandelt. Aus Brasilien werden jährlich gemäss offiziellen Angaben bis zu zwanzig Millionen Exemplare exportiert. Laut einer Langzeitstudie bleibt der Fang bis heute ohne negative Folgen für die Umwelt und für die Art. Im Gegenteil: Die Bevölkerung ganzer Dörfer profitiert vom Fang und Export des Roten Neons und hat ein Interesse daran, dass die Umwelt intakt bleibt. Heute stammt zudem ein grosser Anteil aus Kolumbien. Das schmucke Fischchen aus dunklen Fluten bewegt die Menschen seit knapp siebzig Jahren weltweit aus unterschiedlichen Gründen. Wenn ein Schwarm schillernd durch das Aquarium gleitet, hat er zwar eine lange Reise hinter sich, dafür lauern auf ihn weder Vögel noch Schildkröten.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren