Anders als häufig angenommen, liegt der Auslöser einer Katzenhaarallergie nicht im Fell, sondern im Speichel der Katzen. Und der hat es in sich. In ihm steckt ein klebriges Eiweiss namens «Fel d 1», das durch das Lecken der Katzen auf ihr Fell und ihre Haut gelangt und sich so schnell ausbreitet. Kommt ein allergischer Zweibeiner schliesslich mit den feinen Katzenhaaren oder auch mit Hautschuppen in Kontakt, folgen eine gereizte Haut, tränende Augen und Niesattacken, im schlimmsten Fall sogar Asthma und Atemnot. Forschende schätzen, dass rund zehn Prozent der Bevölkerung in Industrienationen davon betroffen sind.

Revolutionäre Ansätze

Daher erstaunt es nicht, dass weltweit nach einer Lösung geforscht wird. Biotechnologen aus Virginia, USA, wollen etwa das Protein mit CRISPR, einer genetischen «Schere», herausschneiden. Sollten alle Tests erfolgreich verlaufen, könnte man bald gentechnisch veränderte Katzen kaufen, die keine Allergien mehr auslösen. In Europa ist dieses Verfahren, das eine künstliche Veränderung des Erbgutes mit sich bringt, noch verboten. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist in der EU-Kommission allerdings auf dem Vormarsch.

Somit hängt diese gentechnische Prozedur – zumindest in Europa – ebenso in der Warteschleife wie die Zulassung des Impfstoffs HypoCatTM. Seit 2013 arbeitet ein Forscherteam, eine Kooperation des Universitätsspitals Zürich und der Saiba Animal Health AG aus Pfäffikon (SZ), bereits an diesem vermeintlichen Wundermittel gegen Katzenhaarallergie. Diese Methode funktioniert laut den Wissenschaftlern ähnlich wie eine Grippeschutzimpfung – nur dass sie dem Tier statt dem Menschen verabreicht wird: Die Impfung bewirke bei Katzen, dass das allergieauslösende Protein Fel d 1 für ein Virus halten wird und Antikörper gebildet werden, die es binden und neutralisieren. Den Forschern zufolge reduziere der Wirkstoff auf diese Weise das reaktive Allergen bei der Katze und lindere so die Symptome beim Menschen. Ähnlich ist es übrigens bei kastrierten Katern, die dreimal weniger dieses Proteins produzieren als ihre fruchtbaren Artgenossen.

Doch es hapert an der Zulassung. «Die Sache ist wirklich eine unendliche Geschichte. Das Problem der Behörden ist, dass es sich um einen Impfstoff handelt, welcher der Katze gespritzt wird, aber dann der allergische Mensch davon profitiert. Das ist eine neue Kategorie eines Produktes, was so nicht juristisch vorgesehen wurde», erklärt Thomas Kündig, Klinikdirektor der am Unispital angeschlossenen Dermatologischen Klinik. So fühlen sich die Arzneimittelbehörden nicht für einen Katzen-Impfstoff zuständig, während die Veterinärbehörden die Auflage haben, dass ein Tier von einer Arznei profitieren muss. «Leider ist es uns nicht möglich, das nachzuweisen.»

Die Forschenden argumentieren, dass die Impfung den Tieren nicht schadet – nachgewiesen in toxikologischen Studien, und sehen den Nutzen darin, dass immunisierte Tiere glücklicher seien, da sie mehr Kontakt mit ihren allergischen Haltern haben könnten. Ausserdem würden mit der Impfung weniger Büsis im Tierheim landen. Die Behörden konnten sie damit bisher nicht überzeugen.

Schweizer Tierschutz ist skeptisch

Auch Tierschützer sind wenig begeistert. Julika Fitzi-Rathgen vom Schweizer Tierschutz STS erklärt warum: «Aus tiermedizinischer Sicht ist es wichtig, zu wissen, dass die Impfung den Katzen offenbar nicht schadet. Aber: Sie bringt den Katzen auch keinen Nutzen. Zudem würde der Impfstoff intramuskulär verabreicht, was für die Katzen viel schmerzhafter ist als eine subkutane Injektion.» Auch die Entwicklung des Impfstoffes lässt aus tierschützerischer Sicht zu wünschen übrig, da Hunderte Katzen und unzählige Mäuse dafür leiden und sterben mussten und in weiteren Studien noch müssen. Und zu allem Überfluss, so Fitzi-Rathgen weiter, sei es bisher nicht gesichert, dass die im Labor gezeigten Effekte auch tatsächlich auf Hauskatzen und deren Halter übertragbar seien.

Antikörper im Katzenfutter

Mittlerweile machen sich auch Futterhersteller diese Idee zunutze. Beim täglichen Fressen von «Pro Plan Liveclear» von Purina bindet ein aus Eigelb gewonnenes Protein das Fel d 1 und neutralisiert es. Laut internen Studien ergibt sich dadurch ab der dritten Fütterungswoche eine durchschnittliche Reduzierung des Allergens um 47 Prozent. «Jede Katze ist einzigartig, deshalb variiert auch die Menge an Fel d 1, die sie produziert», heisst es seitens des Nestlé-Ablegers. Dieser bezieht sich damit auf individuelle Unterschiede in der Fel-d-1-Produktion und den Fress- und Putzgewohnheiten, die die Allergenmenge beeinflussen. So ist die Wirkung zwar nicht so stark wie die der Impfung, dafür ist das Futter aber bereits auf dem Markt. Warum? Futterzusätze unterliegen nicht den gleichen behördlichen Hürden wie Arzneimittel.

Protein «Fel d 1»Alle Katzen besitzen das Protein «Fel d 1», unabhängig von der Rasse. Das gilt auch für Nacktkatzen und die Rasse Cornish Rex. Alle Katzen schlecken sich und verteilen das Protein mit dem Speichel auf ihr Fell, Nacktkatzen entsprechend auf Hautschuppen. (Der STS stuft dieses Rassen übrigens als Extremzuchten ein, da sie grosse Defizite aufweisen bzgl. Thermoregulation, Tasthaare, Hautkrankheiten etc.)