Nur ein kleiner Teil der über 600 Gattungen mit 13 000 Arten von Hülsenfrüchten landet in unseren Töpfen; indisches Dal aus roten Linsen, orientalische Gerichte wie Hummus und Falafel aus Kichererbsen oder Burritos mit Bohnenfüllung sind auch hierzulande längst Klassiker. Doch eigentlich machen sich Hülsenfrüchte in zig Gerichten und Variationen gut: ob als Püree, in Suppen oder Salaten, in Eintöpfen, getrocknet als Snack, als Fleischersatzprodukt im Burger oder in Saucen – die sättigenden Alleskönner schaffen Abwechslung auf dem Speiseplan und punkten auch in ökologischer Hinsicht. Zählten sie im Mittelalter noch zu den wichtigsten Stärke- und Eiweisslieferanten in der menschlichen Ernährung, wurden sie im Laufe der Zeit von Getreide, Kartoffeln und tierischen Lebensmittel vom Podest gestossen.

Inländische Produktion statt Import

Dass sie nur in einer Nebenrolle auf den hiesigen Menüplänen unterwegs sind, zeigt sich auch in Zahlen: Im Jahr 2020 wurden laut Achim Walter, Professor für Kulturpflanzenwissenschaften am Institut für Agrarwissenschaften der ETH Zürich, etwa 60 Prozent der Ackerfläche der Schweiz für den Anbau von Tierfutter genutzt. Körnerleguminosen wie Erbsen oder Soja- und Ackerbohnen machten lediglich 2,3 Prozent aus, womit die Schweiz deutlich unter dem weltweiten Mittel liegt (14,5%).

Eine Dysbalance, die eigentlich längst behoben werden müsste: «Leguminosen können pro Hektare mehr Menschen ernähren, sind gesünder, brauchen weniger Wasser und Platz als die Viehzucht und verursachen kein Methanproblem», hält Achim Walter fest und plädiert für ein Umdenken. Nicht zuletzt auch, weil die Schweiz heute von Futtermittelimporten aus dem Ausland bzw. dem kostengünstigen Soja aus Ländern wie Brasilien abhängig ist und diese Lieferketten äusserst verletzlich sind. «Einen höheren Selbstversorgungsgrad erreichen wir nur, wenn wir unsere Äcker anders nutzen und Proteine aus anderen Quellen erschliessen», so Walter.

Fachleute aus Landwirtschaft und Ernährungswissenschaften sind sich einig: Es ist Zeit, die Leguminosen hierzulande wieder aufs Podest zu hieven. Einen ersten Schritt hat der Bund mit den im vergangenen Herbst aktualisierten Ernährungsempfehlungen getan; pflanzliche Proteine wie Hülsenfrüchte haben in der überarbeiteten Lebensmittelpyramide einen prominenteren Auftritt als bisher. Konkret heisst das: Mindestens einmal pro Woche sollten Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, rote und weisse Bohnen konsumiert werden. Mit ihrem hohen Gehalt an wertvollen Proteinen, Ballaststoffen, B-Vitaminen, Eisen, Magnesium, Kalium und Zink und sekundären Pflanzenstoffen liefern sie den idealen Mix, um den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen und Krankheiten wie Diabetes Typ II und Bluthochdruck vorzubeugen. Weitere Pluspunkte: Sie enthalten wenig Fett, sind vollkommen frei von Gluten und ein vollwertiger Fleischersatz.

Stickstofffixierung im Boden

Hinzu kommt: Linsen, Bohnen, Erbsen und Co schonen das Klima und gedeihen selbst auf mageren Böden. Weil sie in Symbiose mit Knöllchenbakterien leben, die Stickstoff aus der Luft aufnehmen und der Pflanze zur Verfügung stellen, brauchen sie keinen mineralischen Stickstoffdünger. Das wiederum wirkt sich positiv aufs Klima aus, entfällt doch die energieaufwendige Herstellung dieses Zusatzes. Die Folgen fürs Klima sind imposant: Weltweit können dank des Anbaus von Hülsenfrüchten der Atmosphäre jährlich bis zu sechs Millionen Tonnen Stickstoff entzogen werden. Und auch die Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität profitieren: Leguminosen schliessen schwer verfügbare Phosphorverbindungen im Boden auf und für Insekten ist ihr Blütenstaub eine exzellente Nahrungsgrundlage.

Noch hat diese vielfältige Kulturpflanze ihren Siegeszug in der Schweiz nicht angetreten: Der Anbau von Körnerleguminosen ist anspruchsvoll, die Nachfrage nach wie vor tief. Es fehlt an Wissen im Umgang mit diesen Kulturen sowie an lokal anpassten Sorten und effizienten Wertschöpfungsketten. Zusammen mit anderen Organisationen hat der Verein Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) vor vier Jahren ein Projekt ins Leben gerufen, das die Leguminosen ins Rampenlicht rückt und Fachleute aus der Landwirtschaft, Züchtung und Forschung an einen Tisch respektive Acker bringt. An einer Tagung im vergangenen Herbst in Bern wurde klar: Der Anbau von Leguminosen ist die Mühe wert. Verbesserte Produktionsanlagen, Verarbeitungsketten und Absatzkanäle sind hierfür ebenso notwendig wie robustere Sorten und eine experimentierfreudige Klientel.

Gewusst wieIn der menschlichen Ernährung sind mit Hülsenfrüchten Samen von Pflanzen gemeint, die in einer Hülse heranreifen, überreif geerntet und getrocknet werden. Grüne Erbsen, grüne Bohnen und Zuckerschoten gehören botanisch gesehen auch dazu, werden aber zum Gemüse gezählt. Um die Kochzeit zu verkürzen und Blähungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, Erbsen, Kichererbsen und Bohnenkerne vor dem Kochen mindestens acht Stunden in Wasser einzuweichen. Kombiniert mit Gewürzen wie Thymian, Bohnenkraut, Fenchel oder Kümmel werden Hülsenfrüchte noch bekömmlicher.