In diesem Zeitraum sei so der Wolfsbestand in der Schweiz erstmals proaktiv reguliert worden, teilte das Amt für Jagd und Fischerei (AJF) am 10. März mit. Das AJF hatte in diesem Rahmen «die vollständige Entnahme» der drei Rudel Vorab, Lenzerhorn und Fuorn beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) beantragt. Letzteres lebte grösstenteils im Schweizer Nationalpark.

Das entsprechende Gesuch wurde vom Bund bewilligt, woraufhin acht, sieben und 15 Wölfe in diesen Rudeln erlegt wurden. «Aufgrund der uns vorliegenden Informationen gehen wir davon aus, dass die Rudel Vorab und Fuorn nicht mehr als solche existieren. Unklar ist die Situation bislang noch im Lenzerhornrudel», wird Arno Puorger, Abteilungsleiter Grossraubtiere im Amt für Jagd und Fischerei, in der entsprechenden Mitteilung zitiert.

Nationalpark fordert mehr Augenmass 

Im Nationalpark zeigt man sich enttäuscht. «Der Schweizerische Nationalpark bedauert sehr, dass es nicht gelungen ist, eine konstruktivere Lösung zu finden, welche auch den bundesrechtlich verankerten Zielen des Nationalparks gerecht wird», ist in einer am 10. März publizierten Stellungnahme zu lesen.

Ende September gab das Bafu das Fuorn-Wolfsrudel, das hauptsächlich im Schweizerischen Nationalpark lebt, zum Abschuss frei. Grund für diesen Schritt waren zwei Rinder, die laut Bündner Wildhut vom Nationalpark-Rudel gerissen wurden.

Der Entscheid des Bafu sorgte für heftige Kritik. Nicht nur, weil seitens Wissenschaft angezweifelt wurde, dass beide Risse durch das Fuorn-Rudel verübt wurden, sondern auch, weil der Mensch rechtlich gesehen im Nationalpark nicht eingreifen darf. Mehrere der über 20 Täler sind komplett gesperrt und dienen unter anderem als Wild-Ruhezonen. Der WWF, Pro Natura, Birdlife Schweiz und die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) reagierten mit einer Petition, die bis dato knapp 38'000 Personen unterschrieben haben.

Ungeachtet von deren Einreichung und der bundesrechtlich verankerten Zielsetzung und Bedeutung des Schweizerischen Nationalparks sei das Fuorn-Rudel mit aller Konsequenz eliminiert worden, ohne dass der Nationalpark im Vorfeld der Eliminierung habe Stellung nehmen können, kritisiert der SNP.

Man stelle sich nicht grundsätzlich gegen den Abschuss einzelner schadenstiftender Wölfe und gegen eine Regulation. Aber: «Aus Sicht des SNP wurde mit dem rigorosen Abschuss des gesamten Fuorn-Rudels der Schutz natürlicher Prozesse im Nationalpark verletzt. Zudem wurde eine erste Chance für eine gewisse zusätzliche Toleranz gegenüber Wölfen rund um den einzigen Nationalpark der Schweiz vertan. Der SNP bedauert dies ausserordentlich und fordert für den künftigen Umgang mit dem Wolf mehr wildbiologisches Wissen, mehr Herdenschutz und vor allem mehr Augenmass.» Man sei bereit, an diesem Prozess wissenschaftlich und fachlich mitzuarbeiten. 

Ziel: dauerhafte Koexistenz

«Ziel der proaktiven Regulation ist eine dauerhafte Koexistenz zwischen Mensch und Wolf, ohne dabei den Wolfsbestand im Alpenraum zu gefährden», teilt das Amt für Jagd und Fischerei mit. Mit 11,5 Rudeln sei die Anzahl Rudel im vergangenen Jahr gleich wie im Jahr 2023. Die Zahl der bestätigten Nutztierrisse im Kanton Graubünden habe sich positiv entwickelt. Mit 213 gerissenen Tieren im Jahr 2024 sei die Zahl zum zweiten Mal in Folge tiefer ausgefallen als noch im Vorjahr (2023: 267 gerissene Tiere). 

In der Regulationszeit zwischen September 2024 und Januar seien zudem in den sechs Rudeln Stagias, Moesola, Calderas, Muchetta, Rügiul und Älpelti weitere 17 Wölfe sowie ein Einzelwolf (im Gebiet Rheinwald, Schamserberg, Safiental) erlegt worden. 

Zu beurteilen, wie sich die proaktive Wolfsregulierung ausübe, sei zur Zeit noch nicht möglich, schreibt das AJF. «Um die Regulationsmassnahmen evaluieren zu können, müssen sowohl die Herdenschutz- als auch die Regulationsmassnahmen über mehrere Jahre umgesetzt und entsprechende Erfahrungen und Daten gesammelt werden. Dem Herdenschutz kommt auch mit der proaktiven Wolfsregulation weiterhin eine zentrale Bedeutung in der Prävention der Nutztierschäden zu.»