Verjüngungsschnitt
Sonnenlicht für Feigen
Ein paar Jahre kein Schnitt, und schon ist der Feigenbaum ausser Rand und Band. Wild wachsen die Triebe mal in die eine, mal in die andere Richtung. Spätestens wenn der Strauch von innen her kahl wird, führt kein Weg mehr daran vorbei: Ran an Schere und Säge!
Ursprünglich sind Feigen im Mittelmeerraum beheimatet. Ob sie auch bei uns im Garten ausgepflanzt schadlos den Winter überstehen, hängt von Sorte und Region ab. Und von der globalen Erwärmung, denn der Temperaturtrend zeigt steil nach oben: Bis Mitte des Jahrhunderts sollen die Winter deutlich wärmer sein als heute – die Feigen wird es freuen. Denn sie lieben die Hitze und gleichermassen den Platz an der Sonne, am liebsten wind- und regengeschützt.
Der März ist ein guter Monat, um die Echte Feige (Ficus carica) zu schneiden. Mit Blattaustrieb sollten die Arbeiten beendet sein. Feigen lassen sich sowohl als Bäumchen wie strauchartig ziehen. Letzteres hat den Vorteil, dass sich Schnittarbeiten vom Boden aus erledigen lassen, ohne in das Gehölz, das fünf Meter hoch werden kann, hineinklettern zu müssen. Einen Feigenstrauch zu schneiden ist gar nicht so schwierig, denn die Prinzipien ähneln jenen des üblichen Sträucherschnitts.
Feigensträucher und -bäume produzieren ihre Früchte am einjährigen sowie am zweijährigen Holz. Während die Früchte vom zweijährigen Holz bereits im Sommer erntereif sind, reifen diejenigen der letztjährigen Zweige erst im Herbst. Ist der Oktober kalt und nebelverhangen, bleiben sie grün und unreif. Als sogenannte Fruchtmumien – eingetrocknete und verschrumpelte Früchte, die sich in der kalten Jahreszeit nicht mehr weiterentwickeln – bleiben sie dann über den Winter am Strauch hängen. Da sie Träger der Monilia-Krankheit sein können, ist es ratsam, sie spätestens beim Schnitt zu entfernen.
Platz für Neues schaffen
Das oberste Ziel beim Schneiden eines Strauchs ist ein harmonischer, gleichmässiger, luft- und sonnendurchlässiger Aufbau. Es geht also vor allem darum, sich gegenseitig beschattende, nach innen wachsende oder zu dicht stehende Triebe zu entfernen. Zunächst kommen erkrankte oder im Winter erfrorene Triebe unters Messer. Um festzustellen, ob sie wirklich nicht mehr leben, kann man mit dem Fingernagel oder der Schere leicht über die Rinde kratzen. Ist es darunter grün, ist der Zweig vital.
Sträucher haben dann den gewünschten Aufbau, wenn ihr Gerüst aus etwa fünf Haupttrieben besteht. Dazu müssen bei älteren Exemplaren vergreiste, relativ starke Triebe an der Basis komplett herausgesägt werden, um Platz für Neues zu schaffen und um Licht in den Strauch zu bringen. Mehrjährige Triebe lassen sich auf kurze, junge Seitentriebe umlenken oder auf fünf bis zehn Zentimeter lange Stummel einkürzen. Aus ihnen wachsen die Fruchttriebe des nächsten Jahres. Wichtig ist, nicht zu viele zweijährige Triebe zu entfernen, denn an ihnen produziert der Strauch die Sommerfrüchte.
An den Enden der Haupttriebe stehen die Zweige bei Feigen oft in dichten verzweigten Büscheln. Hier reicht es, wenn zwei bis drei Triebe stehen bleiben. Zu lange Triebenden werden um 30 bis 50 Prozent eingekürzt. Auch zu lange einjährige Triebe sollte man einkürzen oder auf Stummel schneiden. Zum Schluss sollte der Feigenbaum an ein auf dem Kopf stehendes V erinnern, mit Trieben, die strahlenförmig nach oben wachsen. Doch bevor man dem Feigenbaum zu Leibe rückt, nicht vergessen: Handschuhe tragen. Der Milchsaft der Pflanze kann bei empfindlichen Personen Hautausschläge oder Juckreiz hervorrufen, speziell in Verbindung mit Sonnenlicht.
Literaturtipp
Christoph Seiler: «Feigen aus dem eigenen Garten», Verlag: Eugen Ulmer, ISBN: 978-3-8001-0809-1, ca. Fr. 19.–
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