Jetzt schnurrt sie wieder zufrieden: Die achtjährige Katzendame mit dem flauschigen rötlichen Fell. Das sah kürzlich noch ganz anders aus: Redi, wie das herzige Büsi heisst, war plötzlich wie von Sinnen. Es rannte irre hin und her und miaute. Und kaum aus dem Haus, schon schlüpfte Redi wieder durch die Katzentüre ins Innere. «Ich wusste sofort, da stimmt was nicht», erinnert sich ihre Halterin Meret Signer.

Was war passiert? In ihrem Zimmer sprühte Signer ihre von Spinnmilben befallenen Zimmerpflanzen mit einem Bio-Spray für den Innenbereich ein – und zwar grosszügig (tropfnass), so wie auf der Anwendungsbeschreibung der Sprühflasche aufgeführt. «Ich ging danach kurz aus dem Zimmer um einen Lappen zu holen, um das auf dem Boden versprühte Mittel aufzuputzen», erzählt die Katzenhalterin. In diesem kurzen Augenblick huschte Redi ins Zimmer und kam dort augenscheinlich mit dem Sprühnebel des Bio-Zimmerpflanzenmittels in Berührung.

Überdosis kann tödlich sein
Das ungewohnte Verhalten ihrer Katze liess Signer keine Ruhe. Im Internet fand sie einen ersten Hinweis. Katzen sind gegenüber Insektiziden mit Pyrethrum, deren Hauptwirkstoff die aus Chrysanthemenblüten gewonnenen Pyrethroide sind, extrem empfindlich. Der Grund: Anders als beispielsweise Hunde können Katzen Pyrethroide nicht abbauen und ausreichend ausscheiden.

Das Problem ist bekannt. Wir erhalten ab und zu Anrufe zu Katzen, die mit dem Mittel in Berührung gekommen sind

Colette Degrandi
Tox Info Suisse

Der Anruf bei Tox Info Suisse unter der Notfallnummer 145 bestätigte Signers Verdacht. Redi zeigte nach den beschriebenen Schilderungen leichte Vergiftungserscheinungen, wie sie Pyrethoride auslösen können. «Das Problem ist bekannt. Wir erhalten ab und zu Anrufe zu Katzen, die mit dem Mittel in Berührung gekommen sind», erzählt Colette Degrandi, Oberärztin bei Tox Info Suisse in Zürich.

Gefühlsstörungen, Speichelfluss und Magendarmprobleme sind Merkmale dafür, dass die Katze Anzeichen einer Vergiftung hat. «Jede Katze reagiert jedoch individuell. Es ist nicht in jedem Fall nötig sofort den Tierarzt zu konsultieren», erklärt Degrandi. «Man sollte das Tier aber gut beobachten. Geht es ihm aber nach Stunden immer schlechter, muss man doch zum Arzt», so ihr Rat. 

Denn eine Überdosis kann für das Tier tödlich sein. Wichtig sei zu wissen, wie die Katze den Kontakt zu den Pyrethroiden hatte. «Der Wirkstoff kann im Fell oder den Pfoten landen. Die Katze schleckt sich und nimmt so das Mittel auf. In solchen Fällen sollte das Büsi gewaschen werden», erklärt Colette Degrandi. Zu Vergiftungen bei Katzen könne es auch kommen, wenn die Tiere Lilien fressen.

Man sollte das Tier gut beobachten. Geht es ihm aber nach Stunden immer schlechter, muss man doch zum Arzt

Colette Degrandi
Tox Info Suisse

Der Hersteller reagiert
Die meisten tödlichen Vergiftungsfälle bei Katzen wurden durch für Hunde bestimmte Präparate verursacht: Im Handel sind pyrethroidhaltige Flohsprays und Halsbänder für Hunde erhältlich, die ja nicht für Katzen gebraucht werden dürfen, wie der Schweizerische Tierschutz STS in einem Merkblatt schreibt. 

Der Zimmerpflanzenspray, der bei Redi die Symptome auslöste, stammt von der Firma Andermatt Biogarten aus Grossdietwil LU. Der von Meret Signer verwendete Bio-Zimmerpflanzenspray enthält Pyrethrum, wie auf der Flasche zu lesen ist. «Ich bin sehr froh über den Hinweis, dass bei uns die Information im Umgang mit Katzen auf dem Produkt fehlt», erklärt Ralph Schwarz, Geschäftsführer von Biogarten Andermatt, auf Anfrage. Ihm sei bewusst gewesen, dass chemisch hergestellte Pyrethroide für Katzen schädlich sein können.

«Bei dem Pyrethrum in unserem Produkt handelt es sich aber um ein natürliches Bio-Mittel, das aus Chrysanthemen gewonnen wird und sich sehr schnell abbaut», sagt Schwarz. Er habe nicht erwartet, dass es bei korrekter Anwendung eine Reaktion bei Katzen auslösen könne. Auf der Firmenwebsite hat Andermatt Biogarten umgehend einen Hinweis bezüglich möglicher Folgen für Katzen platziert. Und auch auf den Sprühflaschen soll künftig ein solcher stehen, wie Schwarz versichert.

 Übrigens: Redi erholte sich nach rund 48 Stunden unbeschadet von der Wirkung, die der Zimmerpflanzenspray bei ihr ausgelöst hatte.