Ihr Name klingt ein wenig nach Tolkiens «Herr der Ringe»: die Arve. Es handelt sich hier allerdings nicht um ein feenhaftes Fantasiewesen, sondern vielmehr um einen sehr wahrhaftigen Baum. Märchenhafte Züge hat er dennoch an sich. Mit seinem rauen Stamm und seiner rundlich geformten Krone, leicht verdreht und knorrig, stiehlt er der schlanken Lärche gern die Show – und wird zudem märchenhaft alt.

Viele hundert Jahre kann eine Arve auf dem Buckel haben und bis zu 25 Meter hoch werden. Einer der ältesten Arvenwälder ist der Aletschwald im Wallis. Als Teil des UNESCO Welterbes Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch am grössten Gletscher Europas und umgeben von über 40 Viertausender Zehntausendern, wie dem Weissund dem Matterhorn, stellt er eine weitere Superlative dar. Bis zu tausend Jahre alte Arven sollen hier noch zu finden sein. Somit gilt er als einer der ältesten seiner Art.

Ruhiger Schlaf statt Wirtshaus-Schlägereien

Die Arve erträgt nicht nur die Höhenluft der Aletsch Arena auf 2083 Metern Höhe und Temperaturen bis minus 30 Grad, sie scheint auch eine besondere Wirkung auf den Menschen zu haben. «Die Arve ist nicht nur so hart und widerstandsfähig wie der Walliser, sie hat auch die Macht, ihn zu beruhigen», sagt der Mangisch Toni, ein Bettmer Original und Möbelschreiner. «Die ätherischen Öle im Harz des Baumes duften ganz fein und sorgen für Ausgeglichenheit und einen guten Schlaf.»

In alten Büchern kann man nachlesen, dass mit Arvenholz ausgestattete Wirtshäuser weniger Zankereien zu verzeichnen hatten als die übrigen und dass vor allem Betten und Kinderwiegen aus Arvenholz gefertigt wurden. Heutzutage sind die Arvenmöbel allerdings wesentlich weniger gefragt als früher, dennoch schätzen viele Experten und zahlreiche Probanden die Wirkung des Holzes. In Spas wird das Arvenöl zur Massage, als Aufgussduft in der Sauna und als reinigender Raumduft geschätzt.

[IMG 2]

Ein Genuss für Mensch und Tier

Die Wellness-Wirkung des Aletschwalds zieht offensichtlich auch das Tierreich an. Das Rotwild scheint sich besonders wohlzufühlen - hier findet es Futter und Ruhe für die Brunft. Daneben können Gämse, Eichhörnchen, Fuchs, Dachs, Marder, Hermelin, Schnee- und Feldhase angetroffen werden. Der Tannenhäher sorgt für die Ausbreitung der Arve. Der etwa taubengrosse Vogel nutzt ihre Nüsschen als Hauptnahrung und legt für den Winter riesige Vorräte davon an. Aus den nicht genutzten Verstecken keimen die jungen Bäumchen aus.

Nicht zuletzt finden die Früchte der Arve auch auf unserem Speiseplan Platz. Während die essbaren Zapfen dem Arvenschnaps und -likör sein kräftiges Aroma verleihen, verleihen Köche ihren Desserts und Kuchen damit eine aussergewöhnliche Note.