Granny’s garden gone wild
Wer: Matthias und Camila Wild, 40 und 33 Jahre alt
Wo: Buchs, Kanton Aargau
Was: 200 m2 Naturgarten


Kaum ist Matthias Wild mit seiner Frau Camila aus der Zürcher Altstadt nach Buchs bei Aarau gezogen, begann er den strukturierten Garten seiner Grossmutter zu bearbeiten. Nach ersten Versuchen im Vorgarten vor drei Jahren packte er das Projekt 2022 gemeinsam mit einem Naturgärtner grossflächig an und liess den kompletten hinteren Garten umwälzen: Der grüne Rasen wich einer Blumenwiese mit einem Gehweg aus Steinen eines nahegelegenen Steinbruchs. Neben dem Sitzplatz hat Wild vor einigen Wochen einen Teich angelegt, der bereits rege von Wildtieren besucht wird. Auch den Vorgarten zieren Wildpflanzen und ein kleiner Teich, den Libellen immer wieder aufsuchen. Eidechsen haben sich ebenfalls im Garten ausgebreitet und sonnen sich auf den trockenen Steinhaufen vor dem Haus.  

«Insekten stehen im Zentrum meines Projektes», sagt Wild. Für sie und deren Jäger, die Vögel, hat er bisher rund 150 einheimische Pflanzenarten gesetzt: Weissdorn, Pfaffenhütchen, Holunder, Hasel, Wildrosen, Faulbaum, Natternkopf oder Disteln. Auch lokale Obstbäume wie die Buchser Rose wachsen nun in seinem Garten. So freute sich Wild auch schon über den Besuch von Distelfinken, Blauen Holzbienen oder Wildbienen, die im Sandarium vor dem Haus nisteten. Gleich daneben metamorphosiert eine Schwalbenschwanzraupe in einem Raupenkasten. «Ich möchte mit meinem Projekt zeigen, was in kurzer Zeit alles möglich ist», sagt Wild. «Wir müssen Netzwerke für die Natur schaffen und auch im Siedlungsraum eine ökologische Infrastruktur aufbauen.» Als nächstes knöpfe er sich die übriggebliebenen Neophyten im Garten vor.

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5 Fragen an Matthias und Camila Wild

1. Biodiversität bedeutet für mich …

Die Schönheit, das Spektakel, der Reichtum und die Vielfalt der Natur. Im Kontext unseres Projektes bedeutet es für mich, dass ich unseren Garten nicht einfach als zu bearbeitende Fläche ansehe, sondern als Ökosystem, in welchem nebst uns auch möglichst viele Pflanzen und Tieren leben sollen. Das heisst auch, dass man sich selbst zurücknimmt und z.B. Freude daran hat, wenn Vögel die Beeren gerne vom Strauch essen. Ich kann Neue kaufen gehen, der Vogel nicht. 

2. Was ist Ihr Lieblingstier / Ihre Lieblingspflanze im Projekt?

Lieblingstier: Es sind alle herzlich willkommen; zum Beispiel über den Besuch von Igeln freuen wir uns immer sehr. Es ist bemerkenswert, dass ein so grosses Säugetier in unseren Gärten wild überleben kann. Aber am meisten mag ich unsere Mauereidechsen. Als Kind war ich ein grosser Dino-Fan und die Eidechsen erinnern mich irgendwie an Jurassic Park. Lieblingspflanze: Alle Arten von Disteln und Karden, da diese wirklich über lange Zeit im Jahr wahre Insektenmagnete sind.

3. Was war das Aufwendigste an Ihrem Projekt?

Zuerst meine Frau und meine Familie zu überzeugen. Es ging darum, unsere Einstellungen grundsätzlich neu auszurichten: Der Garten soll eine Erweiterung der Natur bis vor unsere Haustüre sein, und keine Erweiterung des Hauses raus in die Landschaft. Von denjenigen Strukturen, die wir eigenhändig erstellt haben, war wohl der grössere der beiden Teiche das aufwendigste Element. Es hat sich aber sofort gelohnt, wie an den zahlreichen Libellen ersichtlich wird.

4. Welche künftigen Projekte sind geplant?

Ich möchte bald die Thujen und die Forsythie entfernen und durch einheimische Gehölze ersetzen. Ich möchte weitere Nistkästen für Vögel und Fledermäuse aufhängen. Zudem in der langen Frist eventuell ein Carport mit Dachbegrünung. Unser Garten soll ein Trittstein sein für die Natur und ein Teil der ökologischen Infrastruktur.

5. Tipps für Anfänger?

Alles bekannte und althergebrachte Gartenwissen hinterfragen (z.B. wer einen Blumenrasen will: Ja nicht mehr düngen, giessen, vertikutieren, etc.) und sich online und mit Büchern informieren. Kein Gift oder Kunstdünger mehr verwenden. Das Projekt Schritt für Schritt angehen, mal mit einer gewissen Fläche starten. Unbedingt mindestens einen Teich anlegen. Viele verschiedene einheimische Pflanzen einbringen. Regelmässig in den Garten gehen und beobachten. Namen von Pflanzen herausfinden und wissen, welche Tiere davon profitieren. Das Wort «Unkraut» aus dem Vokabular streichen.


Ein Preis für Biodiversität

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Der «Goldene Schmetterling» ist ein TierWelt-Preis für Biodiversität, der 2023 erstmals an eine Privatperson verliehen wird, die sich aktiv um die Förderung der Artenvielfalt rund um ihr Haus kümmert.