Die Wüste Sahara: Sand, so weit das Auge reicht, die Sonne, die unbarmherzig von oben herab scheint, wenig Wasser und hohe Temperaturen von über 35 Grad Celsius. Ein extremer Lebensraum, der nach extremen Mitteln verlangt. Das demonstriert etwa der Wüstenfuchs: Der Fennek hat riesige, bis zu 18 Zentimeter lange Ohren – und dies bei einer Körpergrösse von nur etwa 35 Zentimetern. Da er wie viele andere Säugetiere auch nicht schwitzen kann, gibt er überschüssige Wärme stattdessen über die dünne Haut an seinen Lauschern ab. Doch nicht nur sein Äusseres hat der Wüstenfuchs den kargen Bedingungen angepasst, sondern auch seine Lebensweise. Die Rudel von bis zu zehn Tieren bewohnen mehrere Meter lange, flach verlaufende Höhlen im Sand, deren Boden mit Palmenfasern, Federn oder Haaren isoliert ist. Hier harren sie tagsüber die heissen Stunden aus, bevor sie sich nachts auf die Jagd nach kleinen Nagetieren, Vögeln oder Echsen begeben.

Ein weiterer wichtiger Faktor für das Überleben in der Wüste ist der Wasserhaushalt. Kaum ein Tier geht mit diesem so gut um wie das Kamel: Das Höckertier kann nicht nur extrem schnell trinken – 200 Liter verschlingt es in etwa 15 Minuten –, sondern bunkert die Flüssigkeit auch bis zu vier Wochen lang in speziellen Speicherzellen in seinen drei Vormägen. Dass seine Buckel als Wassertanks dienen, ist mittlerweile ein bekanntes Ammenmärchen, dennoch erfüllen auch sie ihren Zweck. Sie bestehen hauptsächlich aus Fett und dienen so nicht nur als Energiespeicher, sondern auch zur Isolation. Des Weiteren verfügen Trampeltiere und Dromedare über ausgeklügelte Nasen: Sie können ihre Nüstern gezielt schliessen, so geht weniger Wasser über die Atmung verloren. Und atmen sie über ihren Mund aus, wird der in der Luft enthaltene Wasserdampf durch die Nasenschleimhäute direkt wieder aufgenommen.

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Da der Wüsten-Boden entweder steinig, karg oder sandig ist und es oft an Versteckmöglichkeiten fehlt, ist ein schnelles Vorankommen überlebenswichtig. Der Palmatogecko aus der Wüste Namib hat hierzu eine Art Schwimmhäute zwischen den Zehen entwickelt, die ihm dabei helfen, schnell und locker über den Sand zu huschen. Ähnlich geschickt handhabt es die Wüsten-Hornviper, eine Giftschlange, die besonders wegen ihren oberhalb der Augen sitzenden Hörnchen bekannt ist. Statt nach vorne zu kriechen, schlängelt das bis zu 80 Zentimeter lange Reptil seitlich über den lockeren Sand. So verfügt es über mehr Auflagefläche, sinkt weniger schnell ein und kann zum Jagen auch ohne Probleme längere Strecken zurücklegen. Gleichzeitig nutzt die Viper den Sand zu ihrem Vorteil: Nähert sich eine Bedrohung, gräbt sie sich verblüffend rasch im lockeren Untergrund ein und versteckt sich dort.

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Fett und isoliert

Die Hitze ist das eine, extreme Kälte das andere. In der Antarktis herrschen selten über fünf Grad Celsius, unter der Eisschicht misst das Wasser nur knapp über null Grad. Insbesondere für die gleichwarmen Tieren gibt es ein Geheimrezept, um hier gut zu überstehen: eine ordentliche Fettschicht. Der Eisbär etwa wird durch eine solche bis zu zehn Zentimeter dicke Schicht vor dem Frieren bewahrt. Hinzu kommt sein dichtes, wasserabweisendes Fell. Unter dem weissen Pelz befindet sich eine tiefschwarze Haut, die dabei hilft, Wärme so gut wie möglich zu speichern. So gelingt es den wuchtigen Tieren, tagelang durch das eiskalte Wasser zu schwimmen. Im Gegensatz zu anderen Bären halten Eisbären zudem keinen Winterschlaf. Stattdessen nutzen sie besonders die kalten Monate zur Jagd. Je mehr Fläche vereist ist, desto weniger Möglichkeiten haben Robben, um aufzutauchen – und umso einfacher kann der Eisbär sie sich schnappen.

Schon gewusst?
Die sogenannte Bergmannsche Regel besagt, dass gleichwarme Tiere in kälteren Regionen grösser sind als ihre nah verwandten Arten in wärmeren Regionen. Der Eisbär etwa, der am Nordpol lebt, ist deutlich grösser und schwerer als der Grizzlybär aus Kanada und Alaska. Das liegt daran, dass ein Körper abhängig von seiner Oberfläche Wärme verliert: Je grösser die Körperoberfläche, desto mehr geht verloren. Wie viel Wärme ein Körper herstellt, ist wiederum abhängig von dessen Volumen: Je grösser dieses ist, desto mehr Wärme produziert ein Tier. Eine weitere Klimaregel ist die sogenannte Allensche Regel. Sie besagt, dass gleichwarme Tiere, die sich in kälteren Regionen aufhalten, kürzere Extremitäten besitzen als ihre Verwandten aus wärmeren Gebieten. Deshalb besitzt der Wüstenfuchs so grosse Ohren, während sie beim Polarfuchs eher klein sind.

Wale wiederum handhaben ihren Wärmehaushalt über ihre Grösse. Sie verfügen im Verhältnis zu ihrem Körpervolumen über wenig Körperoberfläche, sodass sie auch wenig Wärme über diese verlieren können. Deshalb leben in den arktischen Gewässern auch fast alle Arten von Walen, vom riesigen Blauwal bis hin zum Plankton fressenden Buckelwal. Am weitesten in den Norden wagt sich der Narwal, eine skurrile Art, die vor allem für das lange Horn am Kopf bekannt ist. Auch bei den Walen spielt die Fettschicht eine essenzielle Rolle: Diese misst je nach Art fast 50 Zentimeter, um eine konstante Körpertemperatur von 36 bis 37 Grad zu halten. Eine besondere Herausforderung für die gigantischen Säugetiere liegt darin, dass sie nicht nur im kühlen Nass unterwegs sind, sondern auch in tropischen Gewässern. Diesen Temperaturwechsel zwischen Kalt und Warm meistern sie mit Hilfe eines ausgeklügelten Regulierungs-Mechanismus. Befinden sich die Wale in heissen Gefilden, durchbluten sie ihre Aussenhaut verstärkt, um so den Temperaturunterschied zu ihrer Umgebung möglichst klein zu halten. Und im Polarmeer wiederum beschränken sie den Blutfluss auf das Körperinnere, wodurch nur wenig Wärmeenergie verloren geht.

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Ein Licht in der Dunkelheit

Im Meer gibt es neben den vor Biodiversität strotzenden Lebensräumen, wie etwa Korallenriffen, auch eine ganz andere Welt zu entdecken: die Tiefsee. Hier ist es mit zwei bis drei Grad Celsius nicht nur durchgehend kalt und arm an Nahrung, sondern auch dunkel. Hinzu kommt der immense Wasserdruck. Auf den Tieren in 4000 Metern Tiefe lastet ein Druck, der 400-mal so hoch ist wie an der Wasseroberfläche. Kein Wunder also, nimmt die Zahl der Lebewesen mit zunehmender Wassertiefe immer mehr ab. Und dennoch, die Artenvielfalt in den Untiefen der Meere ist überraschend gross. Bereits rund 200 000 Arten an Bodenbewohnern konnten identifiziert werden. Forschende gehen davon aus, dass noch Millionen weiterer kleiner Tierchen im Tiefenschlamm beheimatet sind. Besonders häufig kommen Seegurken vor: Sie machen in 4000 Metern Tiefe etwa die Hälfte der Masse aller Organismen aus, in 8500 Metern sogar 90 Prozent. Die bis zu zwei Meter grossen Stachelhäuter ernähren sich von organischen Partikeln und können sich sowohl durch Teilung als auch durch geschlechtliche Fortpflanzung vermehren. Bei Letzterer geben sie ihr Spermium oder ihre Eizellen einfach direkt ins Meerwasser ab, wo diese dann aufeinandertreffen.

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Spektakulärer erscheinen aber die Fische, die in den Tiefen der Meere beheimatet sind. Allen voran der Tiefsee-Anglerfisch: Das plumpe Geschöpf mit seinem aufgedunsenen Körper und den langen Fangzähnen gilt unterhalb von 200 Metern Tiefe als wichtigster Fleischfresser des Ökosystems. Besonders erfolgreich bei der Jagd macht ihn sein Leuchtorgan. Die sogenannten Esca ist mit lumineszierenden Bakterien gefüllt und baumelt direkt vor dem schlundartigen Mund des Fisches. Nähert sich ein ahnungsloses Opfer, braucht dieser nur noch zuzubeissen. Leider ist jedoch über den Tiefsee-Anglerfisch nur wenig bekannt. Man geht zum Beispiel davon aus, dass das Leuchtkügelchen auch mit Pheromonen ausgestattet ist, um die Sexualpartner anzuziehen. Bisher konnten allerdings nur Exemplare untersucht werden, die tot gefangen wurden. Beobachtungen an lebenden Fischen hingegen sind selten.

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Eine Nische im Überfluss

Ein krasses Gegenteil zur spärlichen Tiefsee bildet der vor Leben nur so strotzende Regenwald. Anders als man vielleicht vermuten könnte, ist auch hier das Überleben kein einfaches. Gerade weil es so viele Lebewesen gibt, ist der Konkurrenzkampf um das begrenzte Nahrungsangebot riesig. Die hier beheimateten Arten sind daher ebenfalls darauf angewiesen, sich anzupassen – oder genauer, sich auf einen Baum oder eine bestimmte Pflanze zu spezialisieren. So etwa die Agutis: Die bis zu 60 Zentimeter grossen Nagetiere haben es besonders auf Paranüsse abgesehen. Diese sogenannten Amazonenmandeln verbergen sich hinter einer steinharten, runden Schale, welche für die meisten Tiere nicht knackbar ist. Deshalb konzentrieren sich Agutis auf jene Nüsse, die zu Boden gefallen sind. Sie rollen die Beute ins sichere Dickicht und nagen sie mit ihren Zähnen auf. Keine leichte Aufgabe, bedenkt man, dass die Nüsse fast so viel wiegen wie die Nager selbst. Neben den Agutis ernähren sich lediglich Aras von Paranüssen; diese sind für die Papageien aber nur interessant, wenn sie noch klein und nicht so hart sind.

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Die Blattschneiderameisen wiederum haben eine spezielle Technik entwickelt, um sich nicht unnötig mit der ewigen Suche nach Nahrung abzugeben. Die kleinen Regenwaldbewohner züchten einfach ihr eigenes Futter: Sie kultivieren Pilze in ihrem Nest. Damit diese richtig wachsen und gedeihen, versorgen die Ameisen sie mit Blättern, die sie von aussen in das unterirdische Labyrinth tragen. Dort zerkauen sie das Grünzeug zu einer breiigen Masse und formen daraus Kügelchen, die sie anhäufen und auf denen dann die Pilze wachsen. Auf den ersten Blick mag dies unnötig erscheinen, die Ameisen könnten doch auch einfach die Blätter direkt zu sich nehmen. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn die Insekten können die Farbstoffe in den Pflanzen nicht verdauen, die Pilze hingegen schon. Diese spezielle Art der Symbiose besteht bereits seit über 50 Millionen Jahren, wie versteinerte Funde bewiesen haben – eine gute Methode also, um im Extremen zu bestehen.